Tote Frauen, entführte Kinder und ein Täter, der von der Presse den Namen Augensammler bekommen hat. Denn: Die ermordeten Frauen haben stets eine Stoppuhr in der Hand. Der Mörder gibt der Polizei 45 Stunden Zeit, die entführten Kinder zu finden. Ist dies bis dahin niemandem gelungen, bringt er auch sie um und entfernt ihnen ein Auge. Fans von Erfolgsautor Sebastian Fitzek denken nun wahrscheinlich: Moment mal, den Plot kenn ich doch! Und ganz richtig, Fitzek veröffentlichte "Der Augensammler" als seinen sechsten Psychothriller bereits 2010.
Der Münchner Illustrator, Maler und Comiczeichner Frank Schmolke hat aus Fitzeks in Berlin spielender Geschichte nun eine düstere Graphic Novel gemacht. Auf 200 großformatigen Seiten bringt er den Lesern und Betrachtern im Comicstil näher, wie der abgehalfterte Ex-Polizist und heutige Polizeireporter Alexander Zorbach und die blinde Physiotherapeutin Alina Grigoriev sich auf die Spuren des Augensammlers begeben. Sie, weil sie Ereignisse aus der Vergangenheit sehen kann, wenn sie Menschen berührt und sicher ist, dass der Augensammler in ihrer Praxis gewesen ist. Er, weil seine Geldbörse an einem Tatort gefunden wurde und er beweisen muss, dass ein anderer hinter den Morden steckt - auch, wenn er sich da manchmal selbst nicht mehr ganz sicher ist.

Seite aus der Graphic Novel "Der Augensammler" von Frank Schmolke nach dem Roman von Sebastian Fitzek.
Der Plot wurde auf das Nötigste reduziert, auch die Bilder sind alles andere als überfrachtet. Immer mal wieder streut Schmolke auch ganzseitige Zeichnungen ein. Das Farbkonzept ist dunkel, die einzelnen Panels entfalten sich auf schwarzem Grund. Zwar hat Schmolke seine Geschichte in Farbe gezeichnet, mit knalligen Tönen geht er jedoch sparsam um, setzt meist nur einzelne rote Akzente in dem tristen Setting ein.
Wäre "Der Augensammler" ein Film, es wäre der typische Film Noir, mit einem klassischen, überzeichneten Hardboiled Detective (ein Begriff für einen hartgesottenen Ermittler), dunklem urbanen Setting und dieser gewissen Melancholie und Aussichtslosigkeit, die über allem schwebt.
Dass Comics, insbesondere als Graphic Novel bezeichnete Comic-Romane, schon lange kein Medium mehr sind, das sich bevorzugt an Kinder richtet, ist seit einigen Jahren jedem klar. Schmolke verleiht dieser Erkenntnis mit in Bildern gegossener Gewalt und Erotik noch einmal Nachdruck. Zehn Monate hat er an seinem Buch gearbeitet, wie man in einer Danksagung auf den vorderen Seiten erfährt. Zeit und Arbeit, die sich zweifellos gelohnt haben.