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Malerin und Bildhauerin Niki de Saint Phalle wird mit Retrospektive geehrt / Leihgaben aus Hannover Paris lässt die Nanas tanzen

Paris. Das Gewehr auf den Betrachter gerichtet und den Daumen am Anschlag: Das Ausstellungsplakat vor dem Pariser Grand Palais zeigt Niki de Saint Phalle als Schützin. Damit ist der Tenor der Retrospektive im Grand Palais gegeben: Paris will mit einer großen Schau das Gesamtwerk der französisch-schweizerischen Malerin und Bildhauerin zeigen, angefangen von ihren Schießbildern.
22.09.2014, 00:00 Uhr
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Von Sabine Glaubitz

Das Gewehr auf den Betrachter gerichtet und den Daumen am Anschlag: Das Ausstellungsplakat vor dem Pariser Grand Palais zeigt Niki de Saint Phalle als Schützin. Damit ist der Tenor der Retrospektive im Grand Palais gegeben: Paris will mit einer großen Schau das Gesamtwerk der französisch-schweizerischen Malerin und Bildhauerin zeigen, angefangen von ihren Schießbildern. „Man liebt sie, doch kennt sie kaum“, sagt Enkelin Bloum Cardenas in Paris. Vielen seien nur die Nanas bekannt, ihre riesigen, bunten Frauenfiguren aus Polyester. Diesem Defizit will die Retrospektive mit rund 300 Werken abhelfen.

Schießbilder, Reliefs, Skulpturen und fantastische Architekturprojekte: Das Grand Palais gibt bis zum 2. Februar Einblick in alle Schaffensphasen der im Mai 2002 gestorbenen Künstlerin, die in Kalifornien, Italien und Frankreich lebte. Selbst die Kuratorin war über das breitgefächerte Werk erstaunt. „Ich will den Besuch der Ausstellung zu einem Aha-Erlebnis werden lassen. Denn während meiner Arbeit bin ich selbst auf eine Überraschung nach der anderen gestoßen“, erklärt Kuratorin Camille Morineau. Die Retrospektive – in Frankreich die größte seit 20 Jahren – dauert bis 2. Februar 2015 und wird danach im Guggenheim Museum in Bilbao gezeigt.

Die größten Entdeckungen für die Besucher dürften die Schießbilder sein. Anfang der 60er-Jahre betrat Niki de Saint Phalle die Kunstszene mit einem Gewehr, um die „Malerei zum Bluten zu bringen“. Videos zeigen, wie das Ex-Mannequin im Hosenanzug auf die von ihr mit Farbbeuteln präparierten Reliefbilder schießt. Unkontrolliert verbreitet sich die Farbe über den weißen Gips. Viele der ausgestellten „Tirs“, die an die Jackson Pollocks Dripping-Technik erinnern, sind Leihgaben des Sprengel-Museums in Hannover und erstmals in Frankreich zu sehen. Für Niki de Saint Phalle war Kunst eine Notwendigkeit. Ihre Schießbilder und halbplastischen Figuren, auf die sie Messer und Pistolen klebte – männliche Attribute –, waren Zielscheiben für Wut und Hass. Die Autodidaktin exorzierte so das Trauma der Vergewaltigung durch ihren Vater im Kindesalter.

Weltweite Berühmtheit erlangte Niki de Saint Phalle erst durch ihre kunterbunten Nanas, Riesenweiber aus Polyester, mit denen sie zur Galionsfigur des Feminismus wurde. Die unförmigen Matronen, die heute in Genf, Hannover, Los Angeles und New York stehen, spiegeln eine Wende in ihrem Schaffen wider: den Durchbruch eines positiven Frauenbildes.

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