Der erschossene Wolf von Stubben heizt ein ohnehin hochemotionales Thema weiter an. Und natürlich wirft er eine Menge Fragen auf, die die Fantasie von Krimifans und Hobbydetektiven in Fahrt bringt. Viele Details weiß man noch nicht, aber die Spuren rund um den Fundort lassen dennoch schon einige Rückschlüsse zu: Jemand (eine, einer oder mehrere) geht mit einem oder mehreren Gewehren durch Wald und Flur, und plötzlich läuft irgendein Wolf vor die Flinte. Er oder sie oder sie drücken ab und schaffen das tote Tier nach Stubben, wo es leicht sichtbar an einem gut erreichbaren Weg abgelegt wird.
Hier wollte jemand ein Zeichen setzen, denn ohne Frage hätte man den Kadaver irgendwo verschwinden lassen können, wenn man denn gewollt hätte. Dass es eine hohe Dunkelziffer bei illegalen Wolfabschüssen gibt, ist ein offenes Geheimnis. Nein, dieses Wesen wird postmortal zum Nachrichtenträger, und was es sagen soll, ist mindestens so schauerlich wie der Fund selbst: Schaut her, wir haben die Mittel und den Willen die Wolfsfrage auf unsere Weise zu lösen. Recht und Gesetz interessieren uns nicht, jeder Wolf muss weg, ob auffällig oder nicht, also greifen wir zur Waffe. Das ist Selbstjustiz in ihrer übelsten Form, weil es offensichtlich keine Scham, ob des Tötens dieser Kreatur gibt. Im Gegenteil: Der von Kugeln durchsiebte Körper wird offen zur Schau gestellt, ein Fanal, natürlich anonym.
Die Frage bleibt, wer tut so etwas? Tierhalter, denen das Wohlergehen ihrer Schafe oder anderer Nutztiere am Herzen liegt? Wohl kaum. Es sind Menschen, die mit Waffen in der Hand spazieren gehen, und nicht von ungefähr befürchtet der örtliche Jagdpächter, dass dieser Fall ein schlechtes Licht auf die Jägerschaft in Gänze werfen könnte. Solange nichts bewiesen ist, gilt auch hier die Unschuldsvermutung, nur die Überlegung, wer ein Motiv und vor allem die Möglichkeit für eine solche Tat haben könnte, schließt eben weite Teile der Bevölkerung aus. Dass aber Menschen, die so denken und handeln, möglicherweise völlig legal bewaffnet unterwegs sind, ist mehr als beunruhigend.