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Ausbildungsmarkt Ausbildungsmarkt mit Licht und Schatten

Die Arbeitsagentur, die Kreishandwerkerschaft und die Industrie- und Handwerkskammer ziehen Bilanz für den Ausbildungsmarkt im Landkreis. Neben guten Chancen für den Nachwuchs gibt es auch Schattenseiten.
26.11.2023, 14:45 Uhr
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Ausbildungsmarkt mit Licht und Schatten
Von Sarah Essing

Landkreis Diepholz. Der Ausbildungsmarkt im Landkreis Diepholz präsentierte sich 2022/2023 mit Licht und Schatten. Darin waren sich Christoph Tietje, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Nienburg-Verden, Jens Leßmann, Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Niedersachsen-Mitte, und Constantin von Kuczkowski, Leiter der Geschäftsstelle der Industrie- und Handelskammer (IHK) für den Landkreis Diepholz, einig. Gemeinsam stellten sie jetzt die Zahlen für das Ausbildungsjahr vom 1. Oktober 2022 bis zum 30. September 2023 in Syke vor.

Wie die Agentur für Arbeit die Situation einschätzt

"Motivierte Bewerberinnen und Bewerber haben derzeit ausgezeichnete Chancen auf dem Ausbildungsmarkt", sagte Christoph Tietje. Wer mutig sei und Bereitschaft zeige, eine Ausbildung zu beginnen, könne dies tun. Die entsprechenden Zahlen spiegeln das wider. 1295 Jugendliche haben die Unterstützung der Arbeitsagentur in Anspruch genommen, einer mehr als im vergangenen Jahr, führte Tietje aus. Für 1173 konnte eine Ausbildung, eine Ausbildungsvorbereitung oder eine entsprechende Alternative gefunden werden. 122 gingen hingegen leer aus, zehn mehr als im Vorjahr.

Umgekehrt verzeichnet die Arbeitsagentur weniger Stellenmeldungen seitens potenzieller Arbeitgeber. 1206 Ausbildungsplätze wurden im Landkreis Diepholz gemeldet. Das sind 235 Stellen weniger als im Vorjahr. Tietje glaubt nicht, dass es tatsächlich weniger Stellen gibt. Vielmehr suchen Betriebe auf anderen Wegen, vermutet er. In Rückmeldungen an die Arbeitsagentur bestätigen Betriebe, dass sich immer weniger Jugendliche auf ausgeschriebene Ausbildungsplätze bewerben. Vereinzelt bleiben diese sogar ganz aus. Von den gemeldeten Ausbildungsplätzen waren zum Stichtag am 30. September noch 35 Stellen unbesetzt. Im Vorjahr waren es zwölf.

Um den Jugendlichen ihre "hervorragenden Chancen" auf dem Ausbildungsmarkt aufzuzeigen, sind die Berufsberater der Arbeitsagentur "sehr intensiv vor Ort", führte Tietje aus. Sie gehen in die Schulen, in die Klassen, zu den Berufsmessen und -börsen. Dabei haben sie aber auch festgestellt, dass "Jugendliche noch nicht immer die Bereitschaft oder den Mut haben, den Schritt ins Berufsleben zu wagen", so der Agenturchef.

Wie die Kreishandwerkerschaft das Jahr empfindet

Eine Einschätzung, der sich auch Leßmann und von Kuczkowski anschlossen. Dabei konnte zumindest Leßmann von einer Entwicklung sprechen, die leicht positiv stimme. "Dem Handwerk ist es gelungen, wieder mehr junge Menschen für eine Karriere im Handwerk zu begeistern", zog er Bilanz. So wurden im Landkreis Diepholz 453 Ausbildungsverträge eingetragen, 18 mehr als im Vorjahreszeitraum. Das sei eine bemerkenswerte Leistung, da auch das Handwerk die Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine und die massiv gestiegenen Energiekosten deutlich spüre.

Leßmann verhehlt aber nicht, dass die Handwerkerschaft "viel Kreativität, Leidenschaft und auch finanzielle Mittel" in die Nachwuchsgewinnung investieren muss. Das sei erforderlich, da der Wettbewerb um den Nachwuchs einfach so groß ist. So gehören Malwettbewerbe und Betriebsbesichtigungen schon für Kindertagesstätten mittlerweile dazu, ebenso wie Speed-Dating-Aktionen, Präsenz auf Berufsmessen und -börsen, Praktika oder auch Wettbewerbe bei Sportveranstaltungen oder etwa dem Jugend-Feuerwehrzeltlager. "Diese Gelegenheiten sind mindestens genauso wichtig wie digitale Informationen, denn im direkten Austausch können viele junge Menschen, die nicht so gute Schulnoten haben, Ausbilder von ihren Talenten und Eigenschaften überzeugen", unterstreicht er.

In diesem Zusammenhang verwies er auf die vielfachen Möglichkeiten im Handwerk gerade für diejenigen, deren Talente eher im praktischen als im theoretischen Teil liegen. Aber insbesondere auch für Jugendliche mit Migrationshintergrund, bei denen mangelnde Sprachkenntnisse oftmals höhere Hürden für den theoretischen Teil einer Ausbildung darstellen. So hätten viele Betriebe diesen Jugendlichen eine Chance gegeben, einfach "weil die jungen Menschen in Praktika überzeugt haben". Um Rückstände bei den schulischen Leistungen oder auch der Sprache aufzuholen, besteht im Handwerk die Möglichkeit, etwa das erste Lehrjahr noch einmal zu wiederholen oder auch die Ausbildung in Teilzeit zu absolvieren, um zusätzlich Sprachunterricht zu nehmen. Für Letzteres fehlen im Landkreis aber noch die entsprechenden Angebote, vor allem auch dezentral, bedauert Leßmann.

Was die IHK über das Ausbildungsjahr sagt

Auch bei den IHK-Berufen ist wieder ein kleiner Aufschwung zu verzeichnen, konnte von Kuczkowski bekannt geben. 622 Ausbildungsverträge wurden eingetragen, das sind vier mehr als im vergangenen Jahr. Vor allem in den Metallberufen gab es einen deutlichen Zuwachs. Auch das führt er zurück auf zahlreiche Bemühungen und Anstrengungen seitens der Betriebe. "Man muss alle Register ziehen", hat er ebenfalls festgestellt. Dennoch konnten 44 Prozent, also fast die Hälfte der angebotenen Ausbildungsstellen nicht besetzt werden. Das betrifft vor allem Plätze im Handel, im Hotel- und Gastgewerbe sowie im Transport- und Verkehrswesen. Kuczkowski appelliert an den Nachwuchs, sich auch mit diesen Berufen zu beschäftigen und ihnen eine Chance zu geben. Gerade in diesem Bereich sei in den vergangenen Jahren viel passiert.

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