Verden/ Bruchhausen-Vilsen. Der Prozess um den folgenschweren Frontalzusammenstoß zweier Sattelzüge im November 2020 auf der Bundesstraße 6 bei Bruchhausen-Vilsen (wir berichteten) muss neu aufgerollt werden. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat das im Oktober 2022 ergangene Urteil des Landgerichts Verden gegen einen Lkw-Fahrer aus Sulingen auf die Revision der Staatsanwaltschaft komplett kassiert. Die Schwurgerichtskammer hatte auf fahrlässige Tötung erkannt und den damals 42-Jährigen zu einem Jahr Haft auf Bewährung verurteilt.
Die Staatsanwaltschaft hatte in dem langwierigen Strafverfahren bis zuletzt am Vorwurf des Totschlags festgehalten und eine Freiheitsstrafe von fünfeinhalb Jahren gefordert. Nach Auffassung des Gerichts ließ sich allerdings nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen, dass der Angeklagte die Kollision auf gerader Strecke, Fahrtrichtung Nienburg, in Suizidabsicht vorsätzlich herbeigeführt hat.
Ein niederländischer Berufskollege (63) war im Führerhaus seines Fahrzeugs eingeklemmt worden und noch an der Unfallstelle verstorben. Laut Anklage hatte der (Ex-) Mitarbeiter eines Sulinger Transportunternehmens, der sich nicht auf seiner vorgesehenen Route befand, seinen Lkw gegen 17.15 Uhr aber absichtlich auf die linke Spur gesteuert und vor dem fatalen Crash noch Gas gegeben.
Urteilsgründe liegen noch nicht vor
Der Angeklagte, der selbst schwer verletzt worden war, hatte sich im Prozess auf eine komplette Erinnerungslücke berufen, eine Selbstmordabsicht aber vehement bestritten. Das Gericht ging aufgrund einer langen Liste von Chatnachrichten und Telefonaten mit der Ehefrau davon aus, dass er auf jeden Fall „über Stunden nicht konzentriert gefahren“ sei. Vorsätzliches Handeln sei ihm nicht nachzuweisen. Der Mann hatte seinen Führerschein noch im Gerichtssaal zurückbekommen.
Wie ein Pressesprecher des BGH auf Nachfrage mitteilte, hat der 4. Strafsenat das Urteil kürzlich „mit den Feststellungen aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts Verden zurückverwiesen." Zu den Gründen könnten noch keine Angaben gemacht werden, hieß es. Die schriftlichen Urteilsgründe lägen noch nicht vor.