Dass Ingo Rahn mit der Idee einer Schülerfirma voll ins Schwarze trifft, damit hätte er vor 19 Jahren sicher nicht gerechnet. "Damit ist sie älter als Lebenswege begleiten", sagt Rahn. Seit 2005 unterstützt er zwölf Schüler aus Bruchhausen-Vilsen bei der Arbeit in ihrer Firma Fahrradschuppen, wo die Fünft- bis Achtklässler – überwiegend in Eigenregie – Fahrräder reparieren und wieder flott machen. Doch nach fast zwei Jahrzehnten möchte Ingo Rahn sich zurückziehen. Der Verein Lebenswege begleiten, der die Schülerfirma unterstützt, sucht daher händeringend nach einem neuen Leiter oder einer Leiterin.
"Wir suchen schon seit vier Jahren", sagt Rahn. Eigentlich war eine Übergangszeit von ein bis zwei Jahren geplant, aber es fand sich bislang einfach niemand, der die Leitung der Schülerfirma übernehmen kann oder will. "Entweder können die Techniker nicht mit den Jugendlichen oder umgekehrt", bedauert Axel Hillmann von Lebenswege begleiten. "So jemanden wie Ingo zu finden, ist wahnsinnig schwierig." Daher habe man auch schon eine Tandem-Lösung in Erwägung gezogen: "Einer, der sich mit Fahrrädern auskennt, der andere mit dem Umgang bei Kindern und Jugendlichen", wie Hillmann sagt.
Was die neue Leitungskraft erwartet
Den oder die Nachfolger erwartet eine gut organisierte und wirtschaftlich arbeitende Schülerfirma. Ihre Räumlichkeiten befinden sich im Haus am Markt am Brokser Marktplatz – komplett eingerichtet mit Werkbänken, Werkzeug, einem Aufenthaltsbereich und alles, was man sonst noch so braucht. Auch ein motiviertes Team aus Schülerinnen und Schüler des Vilser Schulzentrum gibt es. Diese treffen sich zum Dienst mindestens einmal die Woche in der Werkstatt.
Dabei bekommen sie erste umfassende Einblicke in die Arbeitswelt, wie Ingo Rahn betont: "Von der Kundenbetreuung über die Reparatur bis zur Buchhaltung." Je nach persönlichen Fähigkeiten und Interessen. Doch neben dem Tagesgeschehen gibt es noch mehr. So bietet die Firma jedes Jahr zum Brokser Markt einen bewachten Fahrradparkplatz an, natürlich auch mit Reparaturservice. "Auch der Besuch und die Organisation von Messen und Betriebsausflügen gehört dazu", berichtet Rahn. Zudem kann die Schülerfirma einen sehr großen Kundenstamm vorweisen – nicht nur aus Bruchhausen-Vilsen, sondern aus dem weiteren Umfeld. Unterstützung gibt es bei Bedarf außerdem von einem lokalen Fahrradhändler.
Was die neue Leitungskraft mitbringen muss
"Er sollte lustig und cool sein", wünscht sich der 13-jährige Hannes, der aktuell als Chef-Mechaniker und Hydraulikexperte tätig ist. "Und er sollte nicht immer nur einen auf Chef machen, sondern auch helfen, wenn Schwierigkeiten da sind." Ingo Rahn und Axel Hillmann ist indes wichtig, dass der Neuzugang auch mal "die Kinder machen lässt" und ihnen den Freiraum gibt, Dinge auszuprobieren und Fehler zu machen. Eigenständigkeit, Verantwortung und soziale Kompetenz sind die Kernpunkte in der Arbeit mit den Jugendlichen.
Besonderes letzteres nimmt laut Rahn einen großen Stellenwert ein. "Wir arbeiten mit 14 Jugendlichen aus zwei unterschiedlichen Schularten und einer Altersdifferenz von sechs Jahren." Manchmal hapere es an Rücksichtnahme, Hilfsbereitschaft und Respekt, weshalb es intensiver Gespräche und daraus resultierenden Verhaltensregeln bedarf.
Neben der direkten Arbeit mit den Jugendlichen – ob handwerklicher oder pädagogischer Natur – gehört auch der Kontakt zu den Schulen und Sozialarbeitern, zu den Eltern, der kommunalen Verwaltung und zu den örtlichen Betrieben zwecks Ausbildungsoptionen sowie zum Trägerverein Lebenswege begleiten zu den Aufgaben.