Landkreis Diepholz/Martfeld. "Wir nehmen die Energiewende ernst", hieß es jüngst im großen Sitzungssaal des Kreishauses in Diepholz. Aber auch: "Wir schützen unsere landwirtschaftlichen Flächen." Larissa Scharninghausen, Leiterin des Fachdienstes Kreisentwicklung, erklärte den Mitgliedern des Ausschusses für Kreisentwicklung, Bauen und Umwelt, wo in Zukunft Freiflächen-Photovoltaik-Anlagen (FFPV) gebaut werden könnten, um dem Klimawandel zu begegnen. Insbesondere in der Gemeinde Martfeld kommen dafür Flächen infrage.
Was ist das Ziel?
Zielzahl seien 0,5 Prozent der Landesfläche, so steht es in den aktuellen Rechtsvorschriften. Das Landesraumordnungsprogramm sieht vor, dass im Landkreis Diepholz eine Leistung von 15 Gigawatt auf 565 Hektar erbracht werden sollte. Damit nicht überall kleine Anlagen beantragt werden, die dann durch erforderlichen Genehmigungsverfahren die Kommunen langfristig lahmlegen, hat die Kreisverwaltung nach Standorten für großflächige FFPV gesucht, so Scharninghausen. Diese sollen jeweils mindestens 60 Hektar umfassen. Fündig wurde man vor allem in der Samtgemeinde Bruchhausen-Vilsen: in Martfeld, in Kleinenborstel und im Bereich Martfelder Mühle. Aber auch in Barnstorf, Rehden und Lemförde gebe es weitere sogenannte Gunstflächen, hieß es: insgesamt rund 1700 Hektar, auf denen FFPV möglich wären.
Welche Flächen sind ausgenommen?
Ausgenommen von der Flächensuche wurden von vorn herein die Vorbehaltsgebiete Landwirtschaft. Das sind im Landkreis Diepholz 60 Prozent der Flächen. "Wir wollen die regionale Produktion von Lebensmitteln", erläuterte dazu der Erste Kreisrat Jens-Hermann Kleine. Nur Energie "unter dem bisschen norddeutsche Sonne" zu erzeugen, aber später "das Obst aus Spanien" importieren zu müssen, ergebe wenig Sinn, gab ihm Ausschussmitglied und Kreislandwirt Wilken Hartje (CDU) Recht. Denn unter solchen FFPV-Anlagen sei keine landwirtschaftliche Nutzung möglich, hatte Scharninghausen erläutert: "Es reicht nicht, dass Schafe unter den Anlagen das Gras kurz halten", hatte sie zudem zu einer weiteren Möglichkeit, aus Sonne Energie zu gewinnen, erklärt: der Sonderform der Agri-PV-Anlagen. Solche dürften von Landwirten auch in Vorbehaltsgebieten Landwirtschaft errichtet werden, aber nur, wenn die daraus gewonnene Energie auch dem landwirtschaftlichen Eigenbetrieb diene.
Was wäre die Alternative?
Eine zweite, größere Option für FFPV hat das Suchraumkonzept entlang der Autobahn A 1 und der Schienenstrecke Bremen-Osnabrück ergeben, erklärte Scharninghausen. In einem Korridor von 200 Metern entlang von Autobahnen und Schienenwege könnten ebenfalls FFPV-Anlagen gebaut werden. 170 Hektar gibt es entlang der Bahnstrecke, allerdings entfalle rund die Hälfte davon, weil sie landwirtschaftlich genutzt sei. Weitere 17 Hektar liegen entlang der A 1, verteilt auf acht Bereiche.
Wie groß ist die Gesamtfläche?
Aus diesen Zahlen ergibt sich eine Gesamtfläche von rund 1700 Hektar, die damit deutlich vom Potenzial über die vom Land Niedersachsen festgelegten Ziel-Zahlen für FFPV hinaus geht. Eine mögliche "Übererfüllung" sah Kleine jedoch nicht als tragisch an. Die entsprechende Bauleitplanung müssten nun ohnehin die Kommunen übernehmen.
Was halten die Kommunen davon?
"Die Kommunen werden dankbar sein für diese Planungshilfe", sagte Hartje. Wenn überall FFPV möglich sein würde, "kommen die Heuschrecken", warnte er vor "Rendite-orientierten Investoren", denn das meiste Land sei gar nicht mehr im Besitz von Landwirten. Den "starken Schutz für die Landwirtschaft und ihre ertragreichen Flächen" begrüßte neben Martin Langhorst (FDP) auch Ingo Estermann von der SPD. Ulrich Helms von den Freien Wählern nannte den Vorschlag der Verwaltung "ganz hervorragend" und warnte: "Wir müssen den Flächenverbrauch im Auge behalten. Das Land ist nicht unendlich vermehrbar." Auch Annika Bruck von den Grünen sowie alle anderen Ausschussmitglieder votierten einstimmig für das vorgelegte Suchraumkonzept.