Bassum/Verden. Fast vier Jahre sind vergangen, seit eine Mahnwache von Mitgliedern der Tierrechtsorganisation „Animals United“ vor einem Verbrauchermarkt in Bassum vorerst mit dem Einsatz von Sanitätern und Polizei endete, ehe sie richtig begonnen hatte. Der friedliche Protest der Aktivisten sollte sich gegen die Tierhaltung in Zirkusbetrieben richten und hatte prompt Mitarbeiter des gerade am Bahnhof gastierenden Zirkus Granada auf den Plan gerufen. Der Chef persönlich und besonders dessen Schwiegersohn agierten dabei gegen Tierschützer in einer Weise, die beide vor Gericht brachte. Das Strafverfahren gegen den 28-jährigen Artisten aus Schleswig-Holstein ist noch immer nicht abgeschlossen. Demnächst soll am Landgericht Verden ein neuer Versuch unternommen werden.
Wegen gefährlicher Körperverletzung ist der Mann bereits im November 2019 vom Amtsgericht Syke zu einer Freiheitsstrafe von 13 Monaten auf Bewährung verurteilt worden. Außerdem wurde ihm auferlegt, 2500 Euro Schmerzensgeld an die Frau zu zahlen, der er am 7. April 2018 zur Überzeugung des Richters mit einer Holzlatte einen heftigen Schlag auf den Kopf versetzt hatte. Die Nebenklägerin war zu Boden gegangen, hatte unter anderem eine blutende Wunde und ein Schädel-Hirn-Trauma erlitten und musste einige Tage im Krankenhaus bleiben. Auf einfache Körperverletzung wurde im Fall eines weiteren Opfers erkannt, dem der Angeklagte einen Faustschlag ins Gesicht versetzt haben soll.
Rechtskräftig ist das Urteil nach wie vor nicht. Sowohl der Angeklagte, der den folgenschweren Hieb mit der Holzlatte stets bestritten hat, als auch die Nebenklägerin hatten Berufung eingelegt. Gut zwei Jahre vergingen bis zur fälligen Verhandlung am Landgericht Verden. Und weit kam die 6. Kleine Strafkammer Anfang Dezember nicht. Der 28-Jährige war zwar aus St. Peter-Ording ordnungsgemäß angereist, machte aber geltend, aufgrund einer schmerzhaften Verletzung in schlechter Verfassung zu sein. Das geplante Beweisprogramm wurde nicht abgewickelt, das Verfahren ausgesetzt.
Nun ist der zweite Anlauf in zweiter Instanz noch schneller gescheitert. Der Angeklagte war gar nicht erschienen. Kurzfristig hatte der Artist dem Gericht über seine Ehefrau telefonisch mitteilen lassen, er sei am Vortag des Termins leider von einer Leiter gefallen und habe sich in ärztliche Betreuung begeben müssen. Sein Verteidiger, aus Hannover pünktlich nach Verden gekommen, befand sich erstaunlicherweise noch in Unkenntnis der erneuten gesundheitlichen Beeinträchtigung seines Mandanten.
Für den war es wiederum wichtig, dass das Gericht eine möglichst umgehende Bestätigung des vorgebrachten Grunds für sein Fernbleiben erhielt. Bei nicht ausreichender Entschuldigung hätte er seine Berufung gleich „knicken“ können. Der Vorsitzenden Richterin gelang es dem Vernehmen nach, einen behandelnden Arzt zu kontaktieren, der die Übersendung eines Attests ankündigte. Somit wurde es wieder nichts mit der Vernehmung von insgesamt sieben Zeuginnen und Zeugen, allen voran die der Nebenklägerin. Auf der Liste der zum zweiten Mal ab- beziehungsweise umgeladenen Zeugen steht auch der Zirkusdirektor. Er ist in einem gesonderten Verfahren wegen Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 400 Euro (40 Tagessätze à zehn Euro) verurteilt worden.
Nach derzeitiger Planung der Kammer soll der Berufungsprozess gegen den 28-Jährigen am Mittwoch, 30. März, beginnen und gegebenenfalls am 31. März fortgesetzt werden.