Mädchen sind zickig. Mädchen sind schlecht in Mathe. Mädchen sind schwach. Mit diesen Vorurteilen möchte Bassums Gleichstellungsbeauftragte Christine Gaumann aufräumen. Deshalb hat sie in Kooperation mit dem Bassumer Jugendhaus Fönix erstmals das Projekt "Mädchenzeit" für Viertklässlerinnen ins Leben gerufen. Wie der Name schon sagt, geht es dabei um Zeit, die ausschließlich Mädchen gewidmet ist.
Das kostenfreie Projekt fand in der Grundschule Petermoor in Bassum statt. Insgesamt 14 junge Teilnehmerinnen konnten sich in der letzten Woche der Herbstferien von Mittwoch, 16. Oktober, bis Freitag, 18. Oktober, kreativ und spielerisch mit dem Mädchensein beschäftigen. Betreut und begleitet wurden sie währenddessen von einem Mutter-Tochter-Duo, bestehend aus der Schulsozialarbeiterin der Grundschule, Kora Weihe, und der Sozialarbeiterin der BBS Syke, Annkatrin Weihe-Nehrke.
Erst Frühstück, dann in den Gruppenraum
In den Herbstferien von 9 bis 13 Uhr freiwillig in die Schule zu gehen sei für die Mädchen überhaupt keine Qual gewesen, weiß Kora Weihe. "Es ist spannend, das Gebäude mal nur für sich zu haben." Jeder Morgen fing dabei immer mit einem gemeinsamen Frühstück an. "Das fand ich immer richtig toll", betont die neunjährige Emma. Annkatrin Weihe-Nehrke fügt hinzu: "Das hat uns die Stadt ermöglicht." Am liebsten haben die Teilnehmerinnen übrigens eine Kombination aus Nutella und Schokoladenstreuseln auf ihren Brötchen verspeist, sagt die Sozialarbeiterin schmunzelnd. Im Anschluss ging es dann immer in den Gruppenraum.
Selbstvertrauen stärken
Dort wurden die verschiedensten Spiele und Übungen durchgeführt. Dazu gehörten unter anderem die großen Plakate, die später die Wände des Gruppenraums zierten. "Es gab Zweierteams, einer musste sich auf das Plakat legen und der andere hat die Person drumherum abgemalt", erinnert sich die neunjährige Amely. So hatte jedes Mädchen eine lebensgroße Zeichnung von sich. Im Anschluss sollten sie dazuschreiben, was sie sich wünschen und was sie gut können. "Da hatte jedes Mädchen erst mal nur drei Punkte über sich selbst stehen", schildert Annkatrin Weihe-Nehrke. "Danach durften alle aufschreiben, was ihnen an den anderen Mädchen gefällt." Dazu sagt die neun Jahre alte Camilla: "Es hat mich glücklich gemacht, die Komplimente zu hören." Und auch die zehnjährige Mathilda fand die Übung "richtig schön".

Positive Eigenschaften die Mädchen ausmachen, haben die Viertklässlerinnen auf einem Plakat festgehalten.
"Am Anfang haben wir eine Mädcheninsel gemalt, mit Häusern, Tieren und Wolken", berichtet Liana. Was das Besondere an der Insel ist, weiß die neunjährige Eva: "Das ist alles nur für Mädchen." Der Viertklässlerin Livia hat derweil das sogenannte Bus-Spiel besonders gut gefallen. Während diesem haben sich die Mädchen in die Rolle verschiedener Fahrgäste hinein versetzt und sich somit in ihrem Selbstvertrauen üben können, erläutert Kora Weihe. Darüber hinaus haben die Grundschülerinnen Plakate über typische Vorurteile gegenüber Mädchen erstellt. "Dabei haben wir herausgefunden, dass es ganz viele Vorurteile gibt, die gar nicht stimmen", hebt Annkatrin Weihe-Nehrke hervor. Als Gegenstück dazu haben die Teilnehmerinnen daher ein weiteres Plakat erstellt, dass die Stärken von Mädchen abbildet.
Mädchen frühzeitig für bestimmte Themen sensibilisieren
In einer anderen Übung haben die Mädchen gemeinsam mit den Sozialarbeiterinnen alltägliche Situationen nachgespielt. Dazu führt Kora Weihe aus: "Es ging zum Beispiel ums Lästern, Alleinefühlen, Unsicherheiten in einer Freundschaft, ums dazu- beziehungsweise nicht dazugehören." Die Teilnehmerinnen durften sich spielerisch darin üben, in derartigen Situationen selbstbewusst auf ihr Gegenüber zu reagieren. Sollte eines Tages wirklich der Moment eintreten, in dem die Mädchen sich stark verhalten müssen, haben sie das schon einmal gemacht, unterstreicht Annkatrin Weihe-Nehrke die Wichtigkeit dieser Übung.
Ein weiteres Thema war die Wahrnehmung des eigenen sowie anderer Körperbilder. Dafür hatte Weihe-Nehrke einige Barbie-Puppen mitgebracht. "Die Elsa-Barbie hat große Augen und eine ganz kleine Nase, dadurch kann die gar nicht atmen", berichtet Amely. Und Mathilda ergänzt: "Die Hände sind genau so groß wie die Augen." Die Sozialarbeiterin fasst die daraus gewonnene Erkenntnis zusammen: "Die Puppen sehen nicht so aus wie wir." Ihr sei es wichtig, den Mädchen frühzeitig zu vermitteln, dass die Persönlichkeit wichtiger ist als das äußere Erscheinungsbild. "Wir möchten einen Impuls setzen, bevor die Mädchen mit den sozialen Netzwerken und unrealistischen Filtern in Berührung kommen."
Auch die Gleichstellungsbeauftragte ist mit dem Projekt rundum zufrieden. "Ich finde es super, dass die Mädchen hier einen Raum haben, um sich auszuprobieren", ist Gaumann überzeugt. "Selbstsicherheit ist für mich die Grundlage für ein selbstbestimmtes Leben." Ebenso findet Kora Weihe: "Ich möchte mich bei Christine Gaumann bedanken, dass wir die Mädchenarbeit nach Bassum bekommen, weil das meiner Meinung nach zu kurz kommt."
Schon jetzt existiere eine Warteliste für die nächste "Mädchenzeit". Ein Datum dafür steht aber noch nicht fest. Dennoch verrät Gaumann, dass es wahrscheinlich in den Osterferien 2025 wieder so weit sein könnte. "Wer Interesse hat, kann sich gerne an mich wenden." So bekommen Interessierte mit einer E-Mail an gaumann@stadt.bassum.de ein entsprechendes Anmeldeformular zugeschickt.