Landkreis Diepholz. Tonne an den Straßenrand und alle zwei oder vier Wochen kommt die Müllabfuhr – Alltag der deutschen Müllentsorgung. Ob das immer so bleibt oder bleiben muss, ist jedoch fraglich: Beim Projekt "Digitale Lernallianzen" der Handwerkskammer Hannover (HWK) haben vier Schüler bei der Abfallwirtschaftsgesellschaft (AWG) in Bassum hineingeschnuppert. Und einen Plan für die Müllentsorgung der Zukunft ausgearbeitet.
Das Projekt soll Schülern der elften Jahrgangsstufe auf Unternehmen aufmerksam machen – und umgekehrt. Mit Adrien Manuel, Viktoria Pabich, Amelie Pöltl und Lara Striethorst aus der Klasse 11a hat es vier Schüler der Graf-Friedrich-Schule Diepholz zur AWG verschlagen. "Wir wollen die beruflichen Möglichkeiten aufzeigen, die die Region zu bieten hat", sagt Eva Tymko vom Geschäftsbereich Projekte der HWK. Schülern stünden schließlich viele Türen offen, je nach dem, ob sie sich nach dem Abschluss für eine Ausbildung, ein duales oder eine Vollstudium entscheiden.
Gleichzeitig böten sich für Unternehmen Chancen, den Nachwuchsmarkt zu sondieren und potenzielle künftige Arbeitskräfte anzuwerben. "Unser Ziel ist es, den Betrieb attraktiv für die junge Generation zu machen", erklärt Sebastian Koch, Abteilungsleiter Wirtschaft und Verwaltung der AWG. Das Unternehmen befinde sich in der komfortablen Situation, mancherorts auf dem Arbeitsmarkt keine Konkurrenz um Fachkräfte aus der privaten Wirtschaft zu haben, etwa bei der Ausbildung zur Fachkraft für Kreislaufwirtschaft. Das sehe bei gängigeren Berufen, etwa in der Elektrotechnik, durchaus anders aus.
Dennoch halte die AWG die digitalen Lernallianzen für ein "spannendes Projekt", da sich die Abfallwirtschaft im Wandel befinde. "Wie denkt die Jugend über Abfallentsorgung nach?", wolle man bei der AWG wissen, so Koch. Deshalb habe sich das Unternehmen dafür entschieden, bei dem Projekt mitzumachen und die Frage gewissermaßen gleich einmal weitergeleitet.
Die Antwort, die die vier Elftklässler geben, kann sich sehen lassen: nämlich mit einem Unterflursystem. Zugegeben: Nagelneu ist die Idee von Mülltonnen unter der Erde nicht, solche Systeme sind in geringer Zahl in Deutschland, flächendeckend jedoch in Frankreich, den Niederlanden und Italien vorhanden. Hierbei würden die Abfallcontainer in den Boden eingelassen, der Müll über einen Schacht in die Tiefe geworfen. Die Container müssten mit dem Mülllastwagen kompatibel sein.
Den entscheidenden Wow-Effekt liefern jedoch nicht vergrabene Mülltonnen, sondern vielmehr das, was darüber liegt. Statt trostloser Schächte, stellen die Schüler in einem Video den Plan ihrer sogenannten Wertstoffinseln vor. Gleichzeitig soll darüber ein Ort zum Verweilen entstehen, mit einem Spielplatz für Kinder, Zonen mit kostenlosem WLan und park-ähnlicher Begrünung mit Sitzgelegenheiten. Die Insel soll somit nicht nur zur Müllentsorgung dienen, sondern auch ein Ort der Begegnung sein.
Die Inseln würden künftig die Tonnen pro Haushalt ersetzen: Je nach Einwohnerzahl würden diese Anlagen in passender Größe an Siedlungen gebaut, die bisherigen Mülltonnen nach und nach verschwinden. Bürger brächten ihren Müll dann einige Meter weiter zu der Station. Vorteil sei, dass das Müllauto dadurch nicht mehr alle Haushalte abfahren müsste und so Kohlendioxid einspart. Amelie Pöltl streicht die soziale Komponente heraus: Jeder müsse seinen Müll wegbringen und begegne dadurch anderen Menschen. Auf Nachfrage erklärt das Quartett, dass auch der möglicherweise strenge Geruch kein Problem sei – die Container seien weit genug unter der Erde und gut abgedichtet. Das haben sie bei der Besichtigung einer solchen Anlage erprobt.
Sebastian Koch ist beeindruckt von dem Plan, den die Schüler im Video vorgestellt haben: "Wir würden den Weg auf jeden Fall mitgehen." Gerade Plätze in Neubaugebieten böten sich hierfür an, da die Infrastruktur ohnehin erst geschaffen werden müsse. Das sei jedoch eine politische Entscheidung. Dennoch könnten die Schülerinnen und Schüler stolz auf ihre Leistung sein.