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Festakt zu 50 Jahren Stuhr Wie Stuhr zur Einheitsgemeinde zusammenwuchs

Mit einem festlichen Empfang hat die Gemeinde Stuhr am Freitag ihr 50-jähriges Bestehen gefeiert. Dabei blickten alle bisherigen Verwaltungschefs und der aktuelle Bürgermeister Stephan Korte zurück.
01.03.2024, 16:28 Uhr
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Wie Stuhr zur Einheitsgemeinde zusammenwuchs
Von Alexandra Penth

Stuhr. In Stuhr wurde am Freitag doppelt Geburtstag gefeiert. Während die Gemeinde als Einheitsgemeinde auf den Tag genau 50 Jahre alt wurde, galt das auch für die Einwohnerin Romy Emi. Stuhrs "ältestes Kind" bekam am Rande der offiziellen Feier am Vormittag im Ratssaal Blumen und ein Ständchen. Am Abend fiel dann auch der Startschuss für die Feierlichkeiten mit dem Konzert von Flo Mega. Wie berichtet, ist in allen Ortsteilen ein Programm geplant.

Genau davon zeigte sich Hanna Naber, Präsidentin des niedersächsischen Landtages, beeindruckt: "Sie zeigen, dass die Demokratie lebendig ist", sagte sie vor Mitarbeitern der Verwaltung, aktuellen und früheren Ratsmitgliedern, Weyhes Bürgermeister Frank Seidel, Schülern sowie Vertretern von Vereinen, der Feuerwehr und der Polizei.

Naber hielt in Stuhr ihre erste Festrede zu 50 Jahren Gebietsreform – was auch daran lag, dass die Gemeinde "vor über einem Jahr" angefragt hatte, wie sie erklärte. Hintergrund war seinerzeit, dass Angebote wie etwa Schwimmbäder oder weiterführende Schulen nicht nur der Stadtbevölkerung vorbehalten sein sollten. Nichtsdestotrotz stellte die Reform "einen großen Eingriff in gewachsene Strukturen dar", sagte Naber. Es galt, auf das Ungewisse zu vertrauen. Das ging auch mit allerhand Ängsten wegen des möglichen Verlustes des Ortsnamens oder von Ämtern einher.

Reform hatte auch viele Kritiker

Nicht überall sei die Entwicklung mit so positiven Emotionen verbunden wie in Stuhr, sagte Naber. Aber auch dort gab es damals Streitpunkte. Die Opposition im Landtag kämpfte für den Verbleib Stuhrs im Oldenburger Land, musste sich dann aber doch geschlagen geben. Der Anstieg der Bevölkerungszahlen innerhalb der vergangenen 50 Jahre zeige "das Wachstum und den Erfolg" Stuhrs als Einheitsgemeinde. Dies führte Bürgermeister Stephan Korte auch auf die "Kraft des Zusammenhaltes" zurück.

Gemeindechefs schildern Eindrücke

Zurück blickten auch die bisherigen Gemeindedirektoren und Bürgermeister Stuhrs. Hermann Rendigs war zur Zeit der Gründung Gemeindedirektor in Brinkum und wurde später Gemeindedirektor in der Einheitsgemeinde Stuhr. Erste Gemeinderätin Bettina Scharrelmann fragte ihn in Bezug auf die Reform: "War es ein sanfter Druck oder die Pistole im Rücken?" Damals waren die Gemeinden auf sich fokussiert, doch nach dem Weber-Gutachten der Sachverständigenkommission unter der Leitung des Juristen Werner Weber sei man "unruhig geworden". Galt der Stuhrgraben doch stets als Grenze zwischen den Verwaltungen Hannover und Oldenburg. "Oldenburg war weit weg. Wir wussten nichts über das ferne Land Oldenburg", scherzte er aus Brinkumer Perspektive und löste damit Gelächter aus.

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"Das richtige Erwachen" sei mit dem Referentenentwurf 1972 gekommen. Emotional wurde das Thema vor allem in der Politik gesehen, in der Verwaltung habe man sachlich damit umgehen wollen. Für Rendigs hatte es nach dem Gebietsänderungsvertrag Priorität, die Verwaltungen zusammenzuführen. So wurden damals 140 Bebauungspläne in die neue Einheitsgemeinde eingebracht. Für einen zentralen Verwaltungssitz wurden einzelne Flächen zusammengekauft, sodass 1986 das jetzige Rathaus gebaut werden konnte. 

Rolf Döring war zunächst Rendigs' Stellvertreter sowie Kämmerer. Als solcher führte er vor allem die verschiedenen Gemeindekassen zusammen. In Fahrenhorst sei die Übergabe sogar "mit Tränen in den Augen" einhergegangen. Besonders gerne war er in der Wirtschaftsförderung tätig. "Die jetzige Gemeinde profitiert von der Gewerbeansiedlung, die wir in den Jahren betrieben haben", sagt Döring, der von 2000 bis 2001 Gemeindedirektor war.

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Danach folgte bis 2011 Cord Bockhop, der jetzige Landrat. Döring hatte ihm die Verantwortung überlassen mit den Worten, Stuhr sei eine der reichsten Gemeinden im Landkreis und des Landes. Allerdings übergab er ihm metaphorisch auch "eine Schatzkiste, bei der man den Boden sehen konnte". Seinerzeit war es schwierig, neues Bauland zu entwickeln und zu verkaufen. Eine "Spar- und Streichrunde" war die Konsequenz, so Bockhop. Die Steuern mussten angehoben werden. Die Devise lautete, sich kurzfristig zu entschulden. Kurzfristig wurde auch ein Antrag auf Förderung für die beiden Kooperativen Gesamtschulen eingereicht zwecks Mensa- und Aulabau. Schließlich wurden 90 Prozent des Bauvolumens gefördert, zeigte sich Bockhop stolz.

Auf ihn folgte von 2012 bis 2020 Niels Thomsen, der zuvor Erster Gemeinderat war. "Der Weg war vorgezeichnet", sagte er. Für ihn galt es als Bürgermeister, den Wohn- und Lebensstandard fortzusetzen und weiterzuentwickeln. Das Ergebnis zeige sich heutzutage in den Kitas, in den Schulen, bei der Feuerwehr und auf den Sportanlagen. "Was wir heute vorfinden, ist aller Achtung wert", so Thomsen.

Außergewöhnlicher Amtsantritt 

Der amtierende Bürgermeister Stephan Korte wurde im Juni 2019 gewählt und trat sein Amt im Februar 2020 an – kurz vor Beginn der Corona-Pandemie. Im Rathaus, das er als offenen und geschäftigen Ort zu schätzen gelernt hatte, herrschte plötzlich eine Art "Endzeitstimmung". Als wichtigstes Ziel habe er aus vielen Gesprächen für sich mitgenommen, die Lebensqualität weiter zu steigern. Das sei unter anderem mit dem geplanten Schwimmbad, den Sanierungen der Ortskerne Stuhr und Brinkum und der Straßenbahnverlängerung bereits angestoßen worden. 

Rendigs wünschte Stuhr für die Zukunft weiterhin eine finanzielle gute Lage, die trotz Investitionen "in einem verantwortungsvollen Rahmen" bleiben solle. Die Qualität dürfe nicht unter dem Wachstum leiden. Dem schloss sich auch Döring an, der sich zudem wünschte, dass die Bevölkerung weiterhin zufrieden mit der Verwaltung ist. Beständigkeit und Verlässlichkeit nannte Bockhop als Stichworte. Den Erhalt der Naturräume zwischen den Ortsteilen und die Entwicklung der Potenziale innerhalb dieser wünschte sich wiederum Thomsen. 

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