Stuhr-Varrel. Mit viel Können und einem abwechslungsreichen Programm hat sich die Klassische Philharmonie Nordwest am Sonntagnachmittag auf Gut Varrel präsentiert. Das Publikum war begeistert und gab den mehr als 40 Musikerinnen und Musikern mit viel Beifall auch das passende Feedback. Die Musikaufführungen der Philharmonie sind längst Kult und ein Markenzeichen der Konzertkultur geworden, die in der Region ihresgleichen suchen und das Publikum erfreuen.
Das Herbstkonzert mit dem Titel „Von der Wolfsschlucht zum Rhein – Eine Reise durch die deutsche Orchesterromantik“ begann die Klassische Philharmonie unter der Federführung ihres Gründers, Leiters und Dirigenten Ulrich Semrau mit der bekannten und sehr stimmungsvollen Ouvertüre aus der Oper „Der Freischütz“ von Carl Maria von Weber (1786-1826). Nach der ruhigen Einleitung mit einem ansprechenden Horn-Spiel folgte ein lebhafter Teil und ließ die etwa 250 Anwesenden in bester Akustik in der großen rustikalen Gutsscheune modern ausgedrückt einen musikalischen Trailer einer Oper erleben – mit zentralen Elementen wie Waldstimmung, Wolfsschlucht und Liebesarie.

Dirigent Ulrich Semrau leitete das Orchester gekonnt an.
Noch vor der Pause sorgte Franz Schuberts (1797-1828) 7. Sinfonie h-moll, die sogenannte „Unvollendete“, für ein weiteres Highlight. Hier stand der ausdrucksstarke, dramatische erste Satz im Kontrast zum zweiten Satz mit viel ruhigen Passagen. Und ein paar Töne vom dritten Teil, denn Schubert hat nicht mehr hinterlassen, ein etwas längerer Abschnitt existiert lediglich in Skizzen. Meist werden sie nicht gespielt, man hat sich daran gewöhnt, dass die „Unvollendete“ eben nur aus zwei Sätzen besteht. So auch beim diesjährigen Herbstkonzert. Semrau, der durchs Programm führte, erklärte, dass eine Sinfonie eigentlich immer ein viersätziges Werk für Orchester sei.
Ganz im Vordergrund stand bei allen Ausführungen die Philharmonie. Ganz bewusst habe man sich für ein reines Orchesterprogramm ohne Solisten entschieden, so Semrau im Vorfeld, um das Orchester nach der langen Corona-Zeit mit seinen Unterbrechungen ganz in den Vordergrund zu stellen. Auch viele der Anwesenden fanden den reinen Orchesterauftritt gut. „Die Philharmonie hat erneut unter Beweis gestellt, dass es auch ohne Solisten zu glänzen weiß“, so ein Zuhörer schon zur Pause.
Mitgebracht im zweiten Teil des Herbstkonzerts hatte das Landkreisorchester Robert Schumanns (1810-1856) „Sinfonie Nr. 4 d-moll op. 120“. Mitgebracht hatten sie aber auch Spielkunst gepaart mit Spielfreude. Schumann verfolgte in seiner 4. Sinfonie übrigens die Idee von einer Sinfonie in einem Satz, äußerlich verwirklicht durch den Wegfall von Pausen, sodass die vier Sätze zum sinfonischen Fluss wurden, die Sätze gehen quasi bruchlos ineinander über. Das Werk wirkte dadurch wie eine musikalische Endlosschleife, ein kompositorischer Kniff, der den Musikerinnen und Musikern offensichtlich Spaß machte.
Ein hochzufriedenes Publikum belohnte das Gebotene mit starkem Beifall. Der Wunsch nach kurzweiliger Unterhaltung dürfte sich in der Varreler Gutsscheune für die Gäste erfüllt haben.