Stuhr. Sie möchten die Parteienlandschaft in Stuhr erweitern: Jan-Alfred Meyer-Diekena und Wolfgang Kitow waren lange Zeit in der Stuhrer FDP aktiv, Meyer-Diekena saß bis zur vorherigen Wahlperiode 37 Jahre im Stuhrer Gemeinderat. Nun möchten sie neue Wege gehen und die Freie Wählergemeinschaft (FWG) in Stuhr ins Leben rufen. Die Vereinsgründung erfolgt dabei an diesem Donnerstag, 30. März. "Es ist eine Reaktion auf eine gewisse Verdrossenheit, die wir festgestellt haben", sagt Kitow. Diese habe sich auch bei der Wahlbeteiligung von rund 56 Prozent bei der Kommunalwahl 2021 gezeigt. Es müsste eine Plattform geben für diejenigen, die ihr Kreuzchen nicht gemacht haben, unabhängig von Ideologien und Parteiprogrammen, dachten sich die Stuhrer. Die Gründer wollen auf Transparenz, Vertrauen und Dialogbereitschaft setzen.
Beide hatten Anfang des Jahres der FDP den Rücken gekehrt, dennoch schütteln sie ihre politische Haltung nicht ab. "Ich bin Sozialliberaler und das wollen wir auch nicht verleugnen", sagt Meyer-Diekena. In der Stuhrer FDP-Fraktion befinden sich aktuell viele junge Freidemokraten. "Die jungen Leute machen zum Teil andere Politik, als wir uns das vorstellen", sagt Meyer-Diekena, der in Bremen als Anwalt niedergelassen ist. Dabei habe auch die ältere Generation durchaus etwas für die Zukunft zu geben, eine Menge Erfahrung zum Beispiel. Außerdem fehle die Ambition, politisch "Karriere" machen zu wollen. "Wir wollen etwas für die Menschen erreichen", sagt Kitow, der von einer "Renaissance des Demokratie-Lebens" spricht.
Syker FWG stand Pate
Die Gruppe aus derzeit rund zehn Mitstreitern hat sich bewusst für die Form eines Vereins entschieden. Die FWG in Syke stand gewissermaßen Pate bei den Plänen. "Sie sind sehr erfolgreich und hatten bei der letzten Wahl 32 Kandidaten auf der Liste. Da muss etwas richtig laufen", sagt Kitow. Anträge können die Freien Wähler in Stuhr aufgrund eines fehlenden Mandats nicht stellen. Dafür müssten sonst 5000 Stimmen gesammelt werden. Die Gruppe möchte aber versuchen, Eingaben zu machen, kündigt Meyer-Diekena an. Erklärtes Ziel sei es, bei der nächsten Wahl in den Gemeinderat zu kommen.
"Wenn jemand gute Ideen hat, werden wir das nicht aus ideologischen Gründen abwehren", sagt Kitow. Er betont jedoch auch, dass sich die Themen rein auf kommunalpolitischer Ebene abspielen. Was er festgestellt hat: "Die Leute wollen mitgenommen werden." Daher sei Transparenz ein zentrales Stichwort der Freien Wähler in Stuhr. Meyer-Diekena nennt als Beispiel die Diskussion um die Unterbringung von Geflüchteten, die in der jüngsten Ratssitzung aufgekommen war (wir berichteten). "Wir müssen Flüchtlinge aufnehmen, wir müssen die Bürger aber auch mitnehmen." Ein Anliegen wäre auch, dass eingereichte Anträge der Fraktionen in das Ratsinformationssystem der Gemeinde eingepflegt werden – unabhängig davon, ob sie bereits auf die Tagesordnung gesetzt worden sind. Auch der Bearbeitungsstatus solle dort einsehbar sein, fordern Kitow und Meyer-Diekena. Zwar müsse die Gesellschaft digitaler werden, der Ansprechpartner vor Ort dürfe aber nicht wegfallen. Diese Erfahrung hatte Kitow insbesondere gemacht, als er an drei voll besuchten Terminen in der Heiligenroder Kirche über die Grundsteuererklärung informiert hatte.
Wolfgang Kitow, der im Bereich innere Sicherheit bei der Polizei tätig war, hatte 2021 die liberale aktuelle Themenrunde der Stuhrer FDP angestoßen. Diese möchte er nun in die FWG überführen und sie als Forum für Diskussionen etablieren. Er findet, dass ein Diskurs auf Augenhöhe heutzutage rar geworden ist. "Verbote helfen nicht, Stigmatisieren nützt nichts. Man hat es sich in der Vergangenheit zu einfach gemacht", sagt er. Konträre Meinungen dürften nicht pauschal und ohne Diskussion abgeblockt werden.
Der Gruppe haben sich bislang auch einige jüngere Mitglieder angeschlossen, sagen Kitow und Meyer-Diekena, die über die Freien Wähler sagen: "Wir haben eine Basisdemokratie, wenn man es parteipolitisch vergleichen würde." Kontakt können Interessierte per E-Mail an wolfgang.kitow@fw-nds.de aufnehmen.