Um die Lärmbelastung für Anwohner so gering wie möglich zu halten, verpflichtet die EU per Umgebungslärmrichtlinie, sogenannte Lärmaktionspläne aufzustellen. In Karten werden so größere Lärmquellen etwa durch Straßen-, Schienen- oder Luftverkehr erfasst. Die Stuhrer Verwaltung schreibt ihren Plan derzeit fort und hat den aktuellen Stand am Donnerstag dem Ausschuss für Bauen und Ortsteilentwicklung vorgestellt.
Wo ist es besonders laut?
Wenig überraschend an Hauptverkehrsadern. Die Gemeinde Stuhr musste alle Hauptverkehrsstraßen betrachten, die mit mehr als drei Millionen Fahrzeugen pro Jahr frequentiert sind, erklärte Stadtplaner Christian Strauß: "Damit fällt ein Großteil der Gemeindestraßen schon raus." Im Gemeindegebiet waren demnach die Autobahnen 1 und 28, die Bundesstraßen 6, 51 und 322 sowie die Landesstraßen 336 und 337 zu betrachten.
Welche Reaktionen rief die Offenlegung des Plans hervor?
40 Stellen wurden beteiligt, als relevant erachtete die Verwaltung die Stellungnahme der Autobahn GmbH des Bundes und die der Bremer Bausenatorin. Die Autobahn GmbH sah keine Dringlichkeit, weil zu wenige Gebäude von Lärm betroffen seien, wollte aber Vorschläge zu Lärmschutzvorhaben mittelfristig im Sanierungsprogramm berücksichtigen. Der Bausenat riet, die Ergebnisse des Lärmaktionsplans bei der Verbesserung der Erreichbarkeit der Zentren Bremen, Delmenhorst und Oldenburg in der Metropolregion Nordwest zu berücksichtigen.
Welche Vorkehrungen schlägt die Gemeinde Stuhr vor?
Neben den Dauerbrennern der Ortsumfahrungen für Groß Mackenstedt, Heiligenrode und Stuhr und möglichen Tempodrosselungen, etwa auf der B 51 in Seckenhausen oder der L 337 in Varrel, sieht die Gemeinde unter anderem auch den Einbau von Flüsterasphalt auf lauten Straßen als probates Mittel zur Lärmreduzierung. Außerdem soll unter anderem der Radverkehr gestärkt werden.
Wo liegt das Problem?
Für den Großteil der Vorkehrungen an den betrachteten Straßen ist die Gemeinde überhaupt nicht zuständig, sondern entweder die Autobahn GmbH oder die Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr (NLSTBV). Diese haben es mit der Umsetzung jedoch nicht eilig.
Wie reagierte die Politik?
Vorwiegend mit Unverständnis: "Als Tiger gestartet, als Bettvorleger gelandet", umschrieb Wolfgang Depken (Die Grünen) den Lärmaktionsplan. Der Ertrag an konkreten Lärmschutzvorkehrungen sei bei dem hohen bürokratischen Aufwand "unbefriedigend". "Ein Riesenaufwand, aber raus kommt nichts", schloss sich Joachim Döpkens (Besser) an. Michaela Schierenbeck, Fachbereichsleiterin Bürgerbüro, Ordnung und Verkehr, äußerte Verständnis für die Kritik, beschwichtigte jedoch auch: "Das gibt uns schon Wind von hinten." Mit dem Lärmaktionsplan hätte die Gemeinde auch ein Instrument in der Hinterhand, um für Vorhaben an Bundes- oder Landesstraßen bei den entsprechenden Behörden Druck aufbauen zu können. Dennis True (SPD) erklärte daraufhin, dass es gut sei, "einen Strauß an Maßnahmen in der Schublade" zu haben.
Michael Schnieder (AfD) wollte wissen, wie sich die Notwendigkeit für Tempodrosselungen aus dem Lärmaktionsplan ableitet. Christian Strauß erklärte, dass der Lärmaktionsplan "keine unmittelbare Rechtswirkung" habe. Vorhaben würden erst umgesetzt, wenn Sanierungswerte erreicht oder überschritten seien.
Kritik kam auch von der CDU: Uwe Schweers bemängelte, dass die Fortschreibung viel Geld koste, aber "nichts" bringe. Sein Fraktionskollege Uwe Dierks erkundigte sich, weshalb die B 439 nicht im Plan auftaucht. Strauß erklärte, dass dort weniger als drei Millionen Fahrzeuge pro Jahr unterwegs seien. Ausschussvorsitzender Finn Erik Kortkamp (CDU) dankte der Verwaltung abschließend für die Arbeit: "Uns alle eint das Ziel, Lärm zu reduzieren." Der Ausschuss empfahl die Stellungnahmen und den Entwurf des Lärmaktionsplans einstimmig.