Syke. Die Stadt Syke fährt in Sachen Erzieherausbildung jetzt zweigleisig. Um Fachkräftemangel vorzubeugen, gehe man dabei auch neue Wege, berichteten jetzt Bürgermeisterin Suse Laue und Claudia Prößler, Fachbereichsleiterin Bildung. Zum einen bietet die Stadt seit gut einem Jahr sozialpädagogischen Assistenten eine berufsbegleitende Ausbildung. Zum anderen treffen Mitte Februar die ersten spanischen Fachkräfte ein, die über das Projekt Adelante (wir berichteten) in die Hachestadt kommen.
Mit einem Mal sei alles sehr schnell gegangen, berichtet Claudia Prößler. Anfang Januar sei sie vom Projektträger angesprochen worden, Mitte Januar habe sie die Vorstellungsgespräche geführt. „Auf eher ungewöhnliche Weise.“ Denn coronabedingt erfolgten diese online, während die Bewerber noch in Spanien waren. „Das war eine interessante Erfahrung“, bekennt die Fachbereichsleiterin Bildung mit Blick auf die Entfernung und die Sprachbarriere.
Mit drei spanischen sozialpädagogischen Assistenten wurde die Stadt Syke sich einig. Zwei junge Frauen aus Barcelona und ein junger Mann aus Sevilla werden Mitte Februar in die Hachestadt kommen, um – nach einer zweiwöchigen Quarantäne – die kommenden 14 Monate in Syker Kindertagesstätten zu verbringen, kündigt Claudia Prößler an. Einem zweimonatigen Praktikum schließt sich eine zwölfmonatige Qualifizierung an, mit der die spanische Ausbildung in Deutschland anerkannt werden kann. Untergebracht wird das Trio in einer WG. „Darum kümmert sich der Projektträger“, ergänzt Suse Laue. Ebenso um die Weiterführung des Deutschkurses, den sie parallel zu ihrer Tätigkeit besuchen werden. In welcher Kita die drei Neuzugänge tätig werden, ist noch nicht endgültig festgelegt. „Aber es werden große Kitas sein, damit sie die Möglichkeit haben, alle Bereiche kennenzulernen“, so Prößler.
Und was passiert, wenn das Jahr um ist? „Wenn sie bleiben wollen, nehmen wir sie gern“, stellt Claudia Prößler in Aussicht. Denn momentan seien Sykes Kitas zwar gut ausgestattet mit Personal, doch das könne sich schnell ändern. Etwa wenn Mitarbeiterinnen schwanger werden oder krank. Hinzu komme, dass in zwei, drei Jahren gleich ein halbes Dutzend das Rentenalter erreiche. Zudem brauche die Stadt immer wieder neue Erzieher, ergänzt Suse Laue mit Blick auf die neue Kita in Okel (wir berichteten) und die Ausweitung der Betreuungszeiten. „Für eine Ganztagsgruppe reichen zwei Leute nicht“, unterstreicht sie.
„Um Engpässen vorzubeugen, haben wir uns entschlossen diesen Weg zu gehen“, sagt Suse Laue dazu. „Das ist spannend für alle Seiten“, findet sie, denn durch solche Kooperationen befruchte man sich gegenseitig: sprachlich und kulturell. Zudem habe Spanien eine hohe Jugendarbeitslosigkeit. Mit diesem Projekt habe man die Möglichkeit, jungen Leuten eine Perspektive zu geben.
Eine Perspektive bietet die Stadt auch ihren sozialpädagogischen Assistenten, die bereits in Kitas in Syke tätig sind: mit einer berufsbegleitenden Ausbildung zur Erzieherin. Drei Jahre lang sind die Assistentinnen an drei Tagen in der Woche in ihrer Einrichtung tätig, an zwei Tagen gehen sie zur Schule. Gestartet ist Syke mit drei Interessentinnen, mittlerweile ist eine vierte hinzugekommen. Die Rückmeldungen, die Claudia Prößler bekommen hat, sind bisher rundum positiv. „Die Aktiven sind sehr begeistert“, sagt sie.
„Auch da sind wir einen anderen Weg gegangen, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken“, so Suse Laue, die in dieser Förderung von Mitarbeitern auch eine Möglichkeit sieht, Arbeitnehmer an die Stadt zu binden. Unterstützt wurde die Stadt dabei von den Berufsbildenden Schulen Syke, die dafür eigens eine Klasse einrichteten. Möglich wurde dies, weil auch andere Kommunen in der Region mitmachen. 2020 wurde bereits der zweite Jahrgang aufgebaut, da die Nachfrage vorhanden ist. „Wir hoffen, dass das so weiter geht“, sagt Claudia Prößler.
Beim Projekt „Adelante!“ der Industrie- und Handelskammer (IHK) werden im Auftrag von niedersächsischen Unternehmen junge Fachkräfte in Spanien rekrutiert. Sie haben bereits eine Ausbildung absolviert. Es handelt sich dabei jedoch um eine rein schulische Ausbildung – diejenige im dualen System, die im Ausbildungsbetrieb und in der Berufsschule stattfindet, ist außerhalb des deutschsprachigen Raumes unbekannt; Es fehlt den spanischen Absolventen ergo an beruflicher Praxis. Diese können sie bei den Unternehmen in Niedersachsen erwerben. Ziel des Projektes ist es, die ausländischen Berufsausbildungen anzuerkennen und um einen deutschen Berufsabschluss zu ergänzen. Unterschiede in den Inhalten werden dokumentiert und gegebenenfalls ergänzt. Verantwortlich für die Rekrutierung im Ausland ist der Personaldienstleister Practigo aus Stuhr, der auch Projektträger ist. Nach der Anwerbung erhalten die Kandidaten bereits in Spanien Deutschunterricht und sie kommen für ein sechswöchiges Probepraktikum zum Unternehmen nach Deutschland. Finden Kandidat und Unternehmen zueinander, kann die einjährige sogenannte Anpassungsqualifizierung beginnen. Der Projektträger Practigo kümmere sich um Dinge wie Wohnungssuche und Sprachkurse. Im Projekt gegen den Fachkräftemangel in Niedersachsen haben sich das Fachkräftebündnis Nordwest, die Zentrale Auslands- und Fachvermittlung der Bundesagentur für Arbeit, die IHK Hannover und die Niedersächsische Landesschulbehörde zusammengetan.