Herr Kruppa, kann ich reinkommen?
Kay Kruppa: Gerne (lacht).
Das ist ja schön. Sie sparen beim Anpreisen Ihres Stücks „Kann ich reinkommen?“ nicht mit Superlativen, von einem „absoluten Kracher“ ist die Rede.
Das hoffe ich, ja. Man muss natürlich immer ein bisschen mit dem Säbel rasseln und Werbung betreiben, wenn man seine Stücke als privates Theater bewirbt. Ich bin in diesem Stück auch selbst als Autor verantwortlich, finde es super und glaube, es gibt auch viel zu lachen. Aber entscheiden müssen das letztendlich die Zuschauer.
Beim Stück sind Sie Autor, Regisseur und Hauptdarsteller, also quasi die Dreifaltigkeit. Das klingt nach einem Haufen Arbeit. Macht es das leichter oder schwerer?
Ehrlich gesagt ist es eigentlich wie immer und es verändert ja nichts. Die Arbeit des Autors liegt im Vorfeld. Das Stück habe ich letztes Jahr im Mai geschrieben, dann ging es ins Lektorat und die Vorlage, die wir zum Probenbeginn hatten, ist seit Juni letzten Jahres fertig gewesen. Natürlich hat man sich das vorher überlegt, aber mit der eigentlichen Probenarbeit hat das nichts zu tun. Ich inszeniere sehr oft selbst, wenn ich selbst spiele.
Das ist Ihr erstes Stück, bei dem Sie als alleiniger Autor in Erscheinung treten.
Jein. Es ist das erste Stück, dass ich als Autor alleine geschrieben habe, bei dem ich auch selbst auf der Bühne stehe. Ich habe schon ein weiteres Stück geschrieben, das im Sommer in Thedinghausen Open Air gespielt wurde.
Was ging Ihnen beim Schreiben durch den Kopf?
Ich liebe die Verwechslungskomödie. Ich verehre den britischen Farceur Ray Cooney und Fedot, den Vater der Farce. Ab den 1960er-Jahren gab es einen Riesenboom an britischen Farcen, die bis heute weltweit gespielt werden. Meistens benötigen diese Farcen viel Personal. Ich wollte eine Verwechslungskomödie schreiben, aber eben nicht mit acht, neun oder zehn Leuten. Nicht nur, weil das so personal- und kostenintensiv ist, sondern weil ich mir selbst beweisen wollte: Es geht auch mit weniger. Seit 35 Jahren stehe ich auf der Bühne, beschäftige mich mit Farcen und habe mich gefragt: Wie kriege ich es hin, nur mit vier Leuten genug Verwechslungen zu haben?
Wie haben Sie es hinbekommen?
Indem ich die Menschen, die dort aufeinandertreffen, sich gegenseitig betrügen lasse. Wenn der eine ins Haus seines besten Freundes kommt und um Hilfe bittet, weil seine Frau ihn rausgeschmissen hat, weil sie entdeckt hat, dass er ein Verhältnis mit einer anderen Frau hat, dann weiß das Publikum, dass die andere Frau die Ehefrau seines besten Freundes ist. Er aber nicht. Und wenn die Ehefrau dann nach Hause kommt und gleichzeitig die Geliebte vom Ehemann da ist, dann müssen Leute in Rollen schlüpfen, um Ausreden zu liefern, die sie aber nicht bieten können, weil sie ja ein Verhältnis mit der anderen haben. Das klingt ein bisschen kompliziert, aber so habe ich mir das überlegt.
Das klingt auch nach einem alten Witz. Zwei Männer unterhalten sich, sagt der eine: „Das ist meine Frau und daneben meine Freundin.“ Sagt der andere: „Bei mir ist es andersherum.“
(lacht) Nein, tatsächlich kannte ich den nicht. Es gibt ein paar klassische Farce-Elemente, etwa, dass sich gegenseitig betrogen wird, dass eine Geliebte kommt. Das habe ich versucht, da hineinzubringen. Um die junge Frau, die der Grund für den Seitensprung des Hauptdarstellers ist, bin ich nicht umzu gekommen. Die ist mit dabei. Ich habe es einfach mal versucht und angefangen, zu schreiben. Irgendwann habe ich gemerkt: Das wird witzig, das wird gut. Das Grundgerüst stand. Wenn ich an bestimmten Stellen nicht weiterkam, habe ich einen Spaziergang gemacht und hatte die Idee.
Löst das dann auch das Rollenproblem beziehungsweise den Vorsatz, nicht mehr Rollen einzubauen?
Es gibt Menschen, die eine Art Rollenspiel betreiben, bevor sie miteinander intim werden. Hier sagt die junge Geliebte, dass sie auf Rollenspiele steht und kommt als Krankenschwester. Sein einziges Kostüm ist aber ein Weihnachtsmann-Kostüm aus Studienzeiten. Das birgt dann Möglichkeiten: Im Weihnachtsmann-Kostüm wird auch nicht erkannt, ob es ein Mann oder eine Frau anhat. Das eröffnet auch wieder neue Möglichkeiten.
Wie haben Sie das Schreiben von Stücken gelernt?
Ganz einfach: von Frank Pinkus. Ich habe 2006 angefangen, mit Frank Pinkus Stücke zu schreiben. Frank war, wie ich finde, ein absolutes Genie. In der Arbeit mit ihm habe ich gelernt, wie Dramaturgie und Aufbau funktionieren, wo die Figuren einen Konflikt haben müssen und so weiter. Wir haben zusammen in 15 Jahren über 30 Stücke geschrieben. Er war der Meister, hat am Computer gesessen und ich daneben am Bildschirm. Er hat meistens den Dialog geschrieben und ich habe die Situationen beschrieben. Den Grundaufbau und das Zeichnen von Figuren habe ich von Frank gelernt.
Wie sehr fehlt Frank Pinkus, um Sie an die Hand zu nehmen?
Um mich an die Hand zu nehmen, weniger. Aber er war mein bester Freund und Arbeitskollege, mit dem ich hier acht Stunden am Tag gesessen und 150 Vorstellungen gespielt habe. Da fehlt er mir jeden Tag unendlich und das wird auch immer so bleiben. Für mich ist es auch ein Prozess, mich selbst freizuschwimmen.
Und was schreiben Sie als nächstes?
Ich habe eine Idee, an der ich bastele, aber es ist noch nicht konkret. Ich schreibe aktuell noch an einem Zwei-Personen-Stück, das liegt wegen Proben aber gerade auf Eis. Und ich habe darüber hinaus eine zusätzliche Idee für eine etwas bösere Komödie.
Verraten Sie mehr?
Nee, weil es noch nicht klar im Kopf ist. Das Stück, das ich im Kopf habe und demnächst schreiben will, soll einen ähnlich bösen Humor wie das Stück „Das perfekte Geheimnis“ haben. Ich glaube, der Humor der jüngeren Generation ist durchaus geneigt, böser zu sein. Das, finde ich, ist eine Komponente, die spannend zu verfolgen ist. Ich weiß noch nicht, wohin das führt, dass man den gleichen Abend aus unterschiedlicher Perspektive erzählt.
Wie schwer ist es bei so etwas, am Ende die Fäden zusammenzubekommen?
Das geht. Da habe ich immer Frank Pinkus im Ohr: Es ergibt sich irgendwie.