Weyhe/Kirchseelte. "Zwei Experten, eine Meinung" – so fasst Sven Venzke-Caprarese die Zusammenarbeit mit Dennis-Kenji Kipker zusammen. Gemeinsam schreiben die Fachleute in Sachen Datenschutz seit rund zweieinhalb Jahren eine Kolumne für den WESER-KURIER mit der Absicht, über Fallstricke aber auch Positives an neuen Technologien oder auch Programmen aufzuklären. In Arbeit ist aktuell auch ein gemeinsames Buchprojekt.
Der eine ist beruflich in der Wirtschaft verortet, der andere in der Wissenschaft. In ihren Texten verzahnen sie beides miteinander. Kennengelernt haben sich Sven Venzke-Caprarese und Dennis-Kenji Kipker über ihre Mitarbeit beim Praxishandbuch Datenschutz im Gesundheitswesen der Krankenkasse AOK. Dabei stellten sie einige thematische Schnittpunkte fest und gingen gemeinsame Veranstaltungen zum Thema an.
"Datenschutz war schon immer ein sehr persönliches Thema von mir", sagt Kipker, der aus Weyhe kommt, für sein Studium der Rechtswissenschaften mit dem Schwerpunkt Datenschutz nach Bremen zog und aktuell seinen Umzug zurück in die Heimatgemeinde vorbereitet. Auf den Bereich gebracht hat ihn die "intensive Überwachungsgesetzgebung, ohne dass hinterfragt wurde" nach den Terroranschlägen in den USA vom 11. September 2001. Die Bürgerrechte seien immer weiter beschnitten worden. Kipker, der nach seinem Studium promovierte und inzwischen zum Professor für IT-Sicherheitsrecht an der Hochschule Bremen berufen wurde hat "als Jugendlicher schon viel programmiert", wie er sagt – abgeguckt vom Vater, der Ingenieur ist.
Ein bekanntes Gesicht in Weyhe ist Kipker, weil er dort auch für die CDU im Rat sitzt – seit der jüngsten Gemeindewahl nun in der zweiten Legislaturperiode. "Auf Bundesebene bin ich oft nicht einverstanden mit den Entscheidungen der CDU", sagt er. Oft würden da "sachfremde Entscheidungen" getroffen. Kipker ist mitunter Teil solcher Entscheidungen, weil er als Experte beispielsweise bei Anhörungen im Wirtschaftsministerium dabei ist. Als solcher werde er angefragt und zu Gesetzen "in weitere parlamentarische Gesetzgebung" einbezogen. "Wir sind einerseits aufs Digitale angewiesen", sagt Kipker, meint aber auch: "Gesetze müssen im Sinne des Bürgers sein. Das ist eine ganz wichtige Sache."
Obendrein ist der 34-Jährige in der Privatwirtschaft tätig als Geschäftsführer eines Beratungsunternehmens – ebenso wie Venzke-Caprarese. Seit elf Jahren arbeitet er für das Unternehmen Datenschutz Nord mit Sitz in der Bremer Überseestadt, dessen Geschäftsführer er seit Januar ist. Es ist "einer der Marktführer im Bereich Datenschutz und Informationssicherheit", wie er sagt. Zu den deutschlandweiten Kunden zählen sowohl Unternehmen als auch Behörden, für die die GmbH die Datenschutzpflichten erledigt.
Immer auf Entdeckungstour
Wie Kipker ist auch Venzke-Caprarese studierter Jurist. Das Studium absolvierte Venzke-Caprarese nach einer Rechtspflegerausbildung ebenfalls in Bremen. "Ich war im Herzen immer ein Nerd", beschreibt er sich selbst und meint damit seine Begeisterung für Technik. "Ich bin da immer auf Entdeckungstour", sagt der 43-Jährige, der zuletzt in Heiligenrode lebte und nun in Kirchseelte zu Hause ist, über Neuerungen. So auch bei dem Sprachdienst Alexa – ein Gerät, das auf Ansprache reagiert und beispielsweise Musik abspielt oder Dinge im Internet recherchiert. Venzke-Caprarese habe sie sich aus den USA importiert, als es sie hierzulande noch nicht gab.
Dinge wie diese sind es, über die die IT-Experten in ihrer Kolumne berichten, nachdem sie sie selbst geprüft haben. So zeichne Alexa Gespräche von Nutzern nicht in Gänze auf, sondern lediglich das, was nach dem gesagten Codewort falle, erklärt Venzke-Caprarese. "Ich finde die Funktion toll", meint der Kirchseelter. Dennoch berichten beide kritisch über Themen und Dienste, indem sie auch aufzeigen, was daran eben "nicht so gut" ist. Überhaupt stellen beide neue Sachen vor, zeigen auf, was die Risiken sind und was der Nutzen, erklärt Venzke-Caprarese. "Alles andere wäre einseitig."
Dabei haben die beiden immer neue Ideen. "Die Themen gehen nie aus", sagt Kipker. Mal gebe es eine neue App, künftig werde auch Künstliche Intelligenz zunehmend ein Thema werden oder auch die Blockchain-Technologie für den Handel mit Kryptowährungen, ergänzt Venzke-Caprarese. "Da muss man sich auch angucken, wie man sich dazu positioniert." Grundsätzlich meint er, dass es wichtig sei, sich neuer Technik nicht zu verschließen, aber eben auch kritisch zu bleiben. "Ich bin bei Twitter, aber nicht bei Facebook", sagt er. Zwar mache Twitter die Daten auch zu Geld, aber dort gehe es nicht so weit, wie bei Facebook.
Letztlich gehe es um informationelle Selbstbestimmung, meint Kipker. Nutzer von digitalen Dingen müssten wissen, was sie dafür weggeben. Schließlich gebe es keine digitale Askese mehr, es sei denn, man wolle nicht mehr am sozialen Leben teilnehmen. Für Venzke-Caprarese wäre diese Form der Askese "ein Albtraum", wie er sagt. Wenn es am Urlaubsort kein WLAN gebe, überlegt er sich das Reiseziel noch einmal. Auch bei der Wahl des neuen Wohnsitzes musste eine entsprechende Versorgung gewährleistet sein. Und: "Ich habe meine Partnerin gesagt: Mich gibt es nur mit Technik". Kipker dageben meint: "Ich versuche Technik zu vermeiden, wo es geht". Sie sei für ihn nur Mittel zum Zweck. Bei ihm sei der Privatsphäre-Anteil "deutlich stärker". "Technik macht viel kaputt", so Kipker, "ermöglicht aber auch viel", meint Venzke-Caprarese.
"Wir wollen mit der Datenkolumne aufklären", erklärt Venzke-Caprarese abschließend. Daher sei sie auch leicht verständlich geschrieben und kurzweilig. Diesen Stil soll auch das neue gemeinsame Buchprojekt der beiden Datenschützer haben. Seit anderthalb Jahren arbeiten Kipker und Venzke-Caprarese an dem Werk, das viele Kurzgeschichten rund um Datenschutz enthalten soll. Derzeit suchen sie noch nach einem passenden Verlag. Herauskommen soll es dann, wenn alles klappt, im kommenden Jahr.