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Nach Kampfmittelfund in Weyhe Granatsplitter und jede Menge Schrott gefunden

Seit anderthalb Wochen untersucht eine Fachfirma aus Syke das Baugebiet Angelser Straße, nachdem dort eine Granate gefunden wurde und gesprengt werden musste. Was die Untersuchung bislang zutage förderte.
19.10.2023, 14:07 Uhr
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Granatsplitter und jede Menge Schrott gefunden
Von Wolfgang Sembritzki

Weyhe-Melchiorshausen. Ob es nun eine Artillerie- oder doch eine Flakgranate war, die im Boden des Baugebiets Angelser Straße gefunden wurde und gesprengt werden musste, wird sich wohl nicht mehr aufklären, sagt Weyhes Stadtplaner Christian Silberhorn. Absolute Sicherheit, dass in dem Areal, auf dem 20 Wohngrundstücke und eine Kindertagesstätte (Kita) entstehen sollen, keine weiteren Kampfmittel liegen, gibt es derweil immer noch nicht. Seit etwa anderthalb Wochen durchkämmt die Firma Bitek aus Syke das Gelände (wir berichteten), pausiert in der kommenden Woche und legt danach noch einmal in den Randbereichen des Gebiets los. Die Gemeinde hofft, dass es bei dem einzigen Kampfmittelfund, der vor zwei Wochen für eine Evakuierung sorgte, bleibt.

Und bisher sieht es danach aus, auch wenn die Zahl erst einmal Eindruck macht: 166 metallene Objekte liegen in dem bislang untersuchten Bereich, gut ein Drittel davon wurde bereits zutage gefördert. "Alles nichts Aufregendes", beruhigt Christian Silberhorn. Überwiegend handelt es sich bei den ausgehobenen Stücken um Schrott, doch auch Granatsplitter waren dabei. Diese würden jedoch nicht mehr als Kampfmittel klassifiziert. 1,33 Meter tief lag das tiefste Objekt. 

Dass Metall auf landwirtschaftlichen Flächen gefunden wird, sei nicht ungewöhnlich: "Das findet man auf jedem Acker", weiß Silberhorn. Bei den ersten Aushuben wurde zum Beispiel altes Werkzeug gefunden, das mutmaßlich Landwirte dort verloren oder unsachgemäß entsorgt hatten. Aber eben auch Teile von Kampfmitteln, wie etwa Splitter oder Leitwerke von Granaten. Das deute auf Kampfhandlungen nahe der Angelser Straße im Zweiten Weltkrieg hin, erklärt Silberhorn.

Bagger mit Panzerglasscheiben

Was in den Untersuchungen noch fehlt, sind die Erdhaufen, die bei den archäologischen Untersuchungen des Baugebiets ausgehoben wurden, die letztlich die Granate zutage gefördert hatten. Diese würden Schaufel für Schaufel vom Kampfmittelräumdienst unter die Lupe genommen, "dass auch ja nichts im Erdhaufen unbekannt ausgehoben wurde", so Silberhorn. Der Check erfolge mit einem speziellen Bagger, der unter anderem mit Panzerglasscheiben ausgestattet ist. Auf der Westseite des geplanten Baugebiets müsse zudem noch ein Zaun entfernt werden, um auch dort nach möglichen Kampfmitteln zu suchen.

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Ziel ist, dass die Archäologen ihre Arbeit spätestens Mitte November wiederaufnehmen können, damit die Entwicklung des Baugebiets nicht zu sehr in Zeitverzug gerät. Ohnehin habe die Gemeinde Weyhe Glück gehabt, so schnell eine Firma für die Untersuchung auf Kampfmittel zu bekommen, befindet Silberhorn. Es hätte durchaus sein können, dass die Sprengstoffexperten erst im kommenden Jahr Zeit gehabt hätten. Bis dahin hätte sich auf dem Areal nichts getan. So kann mit Glück bald eine Baustraße verlegt und mit der Errichtung der Kita begonnen werden. 2025 soll die Einrichtung in Betrieb gehen.

Kosten zulasten der Grundstückspreise

Dass nun alle Weyher Gebiete, in denen gebaut wird, künftig derart intensiv auf Kampfmittel untersucht werden, schließt der Stadtplaner jedoch aus. 30.000 Euro kostet die Untersuchung – Geld, das die Gemeinde lieber erst bei konkreten Anhaltspunkten auf Sprengstoffe in die Hand nehmen würde. Außerdem würden die Kosten auf die Preise der Grundstücke geschlagen. Ohnehin werden Baugebiete vor den ersten Spatenstichen anhand von Luftbildern überprüft, ob sich dort Explosives verbergen könnte. Diese seien in der Regel auch zuverlässig. Mögliche Blindgänger oder Munition aus dem Zweiten Weltkrieg hatten bereits 2019 die Umsetzung des Bebauungsplanes „Südlich Henry-Wetjen-Platz“ in Leeste verzögert. Gefunden wurde am Ende jedoch "nur Schrott", erinnert sich Silberhorn. Doch gebe es auch Gebiete in der Gemeinde, in denen sich der tiefere Blick lohnen könnte: Im Zweiten Weltkrieg wurde die Bahnlinie bombardiert, sodass im Bereich Dreye "viel runterkam" und dort noch liegen könnte, weiß Silberhorn.

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Dass in Melchiorshausen nicht mehr passiert ist – die Granate lag in der oberen Sandschicht in einer Tiefe von etwa 40 bis 60 Zentimetern –, war unter anderem der landwirtschaftlichen Bewirtschaftungsform aufgrund des Bodens zu verdanken. Dort wurde nicht gepflügt, sodass die Granate über Jahrzehnte hinweg dort unberührt liegen konnte. Beim Boden handelt es sich um sogenanntes Plaggenesch, bei dem über Jahrzehnte und Jahrhunderte hinweg Mutterboden auf Sandschichten aufgebracht wurde, um das Feld bewirtschaften zu können. Der Sand darunter liege dort noch "wie vor 3000 Jahren" und sei daher für Archäologen besonders spannend, schließt Silberhorn.

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