Weyhe. Es waren doppelt so viele Wellen des Applauses – vier an der Zahl –, die am Mittwochabend durch den voll besetzten Weyher Ratssaal schwappten. Weil die Ehrung des Weyher des Jahres 2019 erst im vergangenen Herbst abgehalten werden konnte, stand in diesem Jahr eine Doppelehrung für die Jahre 2020 und 2021 an. Gekürt wurden jeweils der Weyher des Jahres und die Organisation des Jahres, die sich anschließend ins Goldene Buch der Gemeinde eintrugen.
Als Bürgermeister Frank Seidel um 18 Uhr das Wort ergriff, stellte er direkt klar, welche Bedeutung diese Auszeichnung in der Gemeinde hat: "Heute ist in Weyhe Feiertag", sagte der Rathauschef, der sich in seiner Anmoderation nicht zu lange aufhielt und einige Fakten sowie alle Nominierten aufzählte, die es seiner Meinung nach alle verdient gehabt hätten, die Auszeichnung zu erhalten: "Es liegt in der Natur der Sache, dass nicht alle gewinnen können", bedauerte Seidel angesichts 60 eingegangener Vorschläge.
Einsatz für Völkerverständigung
Der Erste, den Frank Seidel ans Pult bat, war Hermann Ahrens. Er wurde als Weyher des Jahres 2020 ausgezeichnet. Der frühere stellvertretende Bürgermeister und Kommunalpolitiker der CDU "brachte so manches Projekt auf den Weg" und habe sich um die Völkerverständigung verdient gemacht. "Eine besondere Herzensangelegenheit war für ihn stets die Annäherung mit Frankreich nach dem Zweiten Weltkrieg." Der inzwischen 90-Jährige ist Mitbegründer der Interessengemeinschaft Weyhe/Coulaines. "Viele Jahre pflegte und prägte er diese Freundschaft mit."
Ahrens sprach der Jury seinen Dank aus und reflektierte die vergangenen 75 Jahre Weyher Geschichte. Weyhe habe als Gemeinde "immer wieder von außen Blut- und Ideenauffrischungen" bekommen, etwa als die ersten Ostfriesen mit der Eisenbahn in der Kommune ankamen, die ersten Katholiken oder auch Geflüchtete, die es immer wieder von Krisengebieten dieser Welt nach Weyhe verschlägt. Er habe dies immer "als Bereicherung betrachtet". Voll des Lobes war der ehemalige Ratsherr der Gemeinden Kirchweyhe und später Weyhe für das Rathaus: "Wir haben das anheimendste Rathaus dieses Landkreises", sagte Ahrens und erinnerte daran, dass die Baukosten für den Verwaltungssitz seinerzeit nicht nur eingehalten, sondern gar unterschritten wurden. Abschließend bezeichnete er Weyhe als "die gefragteste Umlandsgemeinde Bremens".
Im Anschluss zeichnete Bürgermeister Frank Seidel den Verein Hospiz Weyhe als Organisation des Jahres 2020 aus. Der Verein besteht seit 25 Jahren und habe "unzählige Sterbende begleitet". Außerdem: "Elementares Anliegen ist auch, das Thema Sterben ins Leben zu holen. So soll die Angst davor genommen werden, offen darüber zu sprechen."
Die Glückwünsche nahm die Vorsitzende Karin Meiners dankend entgegen und zeigte sich erfreut: "Ich bin begeistert, dass Sie so viel über unsere Arbeit wissen." Die Ehrung gab sie direkt an die Vereinsmitglieder weiter: "Ohne diese engagierten Menschen sind wir nichts." Ob es nun darum gehe, ein letztes Fest zu feiern, den Lieblingsort noch einmal zu besuchen, oder den Verlust in der Trauergruppe zu verarbeiten – hierfür sei der Hospizverein da, um Sterbenden und Angehörigen den Prozess so angenehm wie möglich zu machen. "Wir machen unseren Dienst mit Herzblut."
Im Anschluss nahm Seidel die Ehrungen für das vergangene Jahr vor und zeichnete Heinrich Beneke als Weyher des Jahres 2021 aus. Der langjährige Vorsitzende "war lange Zeit das Gesicht des SoVD (Sozialverband Deutschland) in Leeste", sagte Seidel. Beneke habe mit viel Eigeninitiative Informationsveranstaltungen organisiert, etwa mit Pro Dem oder der Feuerwehr.
Heinrich Beneke zeigte sich geradezu überwältigt von der Ehrung: "Ich hätte nie damit gerechnet. Dass meine beziehungsweise unsere Arbeit gewürdigt wird, macht mich stolz", erklärte der 84-Jährige unter Beifall. In seiner kurzen Ansprache blickte er auf die vergangenen 25 Jahre Vorstandsarbeit zurück und warb für gesellschaftliches Engagement. "Eine Bitte: Wenn Ihnen ein Ehrenamt angeboten wird, greifen Sie zu!"
Die letzte Ehrung des Abends wurde dem Förderkreis der Kooperativen Gesamtschule (KGS) Leeste zuteil: Frank Seidel würdigte das Engagement des Vereins zum Wohle der Schule. "Ohne ihn würde das Schulleben heute wohl ganz anders aussehen." Der Verein wurde im Oktober 1982 und damit vor fast 40 Jahren gegründet und zählt derzeit über 300 Mitglieder, darunter viele ehemalige Schüler, Lehrer und Eltern.
Vereinsvorsitzender Falk Brozio nahm die Ehrung entgegen und zeigte sich "sehr bewegt und stolz, dass wir heute hier sein dürfen". Er zitierte mit Bezug auf das Ehrenamt Eckart von Hirschhausen, der festhielt: "Das Sinnvollste, was man mit Geld machen kann, ist es für andere auszugeben." Brozio verwies auf die vielen Engagierten, die etwa mit Veranstaltungen oder der Organisation des Pausenverkaufs den finanziellen Grundstock gelegt hätten, dass der Verein etwa bei der Anschaffung von I-Pads mithelfen könne. Er wies auch darauf hin, dass mit ehrenamtlichem Engagement die Erkenntnis einhergeht, dass es in dieser Gesellschaft Menschen gibt, die darauf angewiesen sind. Brozio appellierte, genau hinzusehen, wenn der Staat mitunter Verantwortung, ob wissentlich oder versehentlich, auf das Ehrenamt überträgt. Dennoch müssten weiter Engagierte gewonnen werden.