Der südliche Landkreis Diepholz ist seit Sonntag von zwei schweren Gewalttaten erschüttert worden. Wie berichtet, kam dabei eine 17 Jahre alte Frau gewaltsam ums Leben, eine 30-Jährige wurde schwer verletzt. Am Donnerstag gaben die Polizeiinspektion Diepholz und die Staatsanwaltschaft Verden bei einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz im Twistringer Rathaus neue Details bekannt. Der dringend Tatverdächtige, ein 42-jähriger Mann aus der Samtgemeinde Kirchdorf, wurde nach einer öffentlichen Fahndung am Mittwochabend gegen 20.10 Uhr im Raum Schwarmstedt (Heidekreis) festgenommen. Der Mann sitzt in Untersuchungshaft und schweigt bislang zu den Vorwürfen.

Blumen und eine Engelsfigur liegen am Tatort in Barenburg.
Um welche Taten geht es?
Thomas Kues, Leiter der Polizeiinspektion Diepholz, richtete zunächst den Fokus auf die beiden Opfer sowie deren Angehörige und sprach ihnen sein Mitgefühl aus: "Die brutalen Messerangriffe haben große Betroffenheit ausgelöst." Zunächst zeichnete Kues den Verlauf der Ereignisse nach: Am Sonntagabend, kurz vor 19 Uhr, fand ein Radfahrer die Leiche der 17-Jährigen in einem Wassergraben an der Straße Schwarzer Dieken in Barenburg, ehe in der Nacht zu Mittwoch, gegen 0.35 Uhr ein Messerangriff auf eine 30-Jährige in einem Schnellrestaurant in Sulingen gemeldet wurde.
Wie wurde der Tatverdächtige gefunden?
"Massive Fahndungsmaßnahmen" waren laut Kues die Folge, bei der auch Zeugenangaben zum äußeren Erscheinungsbild des mutmaßlichen Täters und seinem Autokennzeichen eine tragende Rolle spielten: "Das Kennzeichen war elementar wichtig. Das war die Spur, die wir brauchten." Zunächst durchsuchten Beamte den Wohnort des Mannes in Kirchdorf, fanden dort aber nichts. Auch Hubschrauber waren im Einsatz. Im Anschluss wurde öffentlich nach dem dringend Tatverdächtigen gefahndet, ehe um 18.44 Uhr am Mittwoch der Hinweis bei der Polizei in Schwarmstedt einging, dass das Auto des Mannes gesichtet wurde.

Die Polizei durchsuchte den Hof in Kirchdorf, auf dem der Tatverdächtige lebte.
Zunächst mussten die Beamten noch einem Hinweis nachgehen, wonach sich der 42-Jährige in einem Maisfeld nahe Schwarmstedt aufhalten sollte. Das stellte sich jedoch als falsch heraus, so Kues weiter. Der nächste Hinweis führte dann aber zum Erfolg: Demnach sollte sich der mutmaßliche Täter im Heulager einer Scheune bei Schwarmstedt aufhalten. Ein Helikopter überflog und die Polizei umstellte das Gebäude. Als der Hubschrauber abzog, kam der Gesuchte aus dem Heulager und ließ sich widerstandslos festnehmen. "Möglicherweise dachte er, die Luft ist rein, als er hörte, dass der Hubschrauber wegflog", sagte Kues. Während der Festnahme soll der Mann "ruhig" gewesen sein, so hätten es die Schwarmstedter Polizeibeamten berichtet. Gegen 3 Uhr in der Nacht zu Donnerstag wurde der Mann dann der Polizei Diepholz überstellt.
Wie liefen die Ermittlungen an?
Nach dem Fund der Leiche der 17-Jährigen habe es seitens der Polizei einen "sehr starken Personaleinsatz" gegeben, sagte Renate Meyer, Leiterin der Mordkommission "Inliner". Die Beamten sperrten den Bereich weiträumig ab, sicherten Spuren und befragten Zeugen und das Umfeld. An den Polizeiabsperrungen hatten sich noch am Sonntagabend Menschen eingefunden, um nach der 17-Jährigen zu suchen. So konnte die junge Frau schnell identifiziert und ihre Angehörigen informiert werden. "Wir waren noch in der Nacht bei der Familie der 17-Jährigen." Die Familie werde nun betreut, so Meyer weiter.
Welches Motiv hatte der Täter?
Zu einem möglichen Motiv ist bislang nichts bekannt. Der Beschuldigte schweigt laut Staatsanwaltschaft zu den Vorwürfen, die Behörden geben keine Anhaltspunkte aus den bisherigen Untersuchungen preis und verweisen auf ermittlungstaktische Gründe. Laut Staatsanwalt Martin Schanz deutet bislang nichts auf psychische Probleme beim mutmaßlichen Täter hin.

Gaben einen Überblick über die Gewalttaten im südlichen Landkreis Diepholz (von links): Renate Meyer, Leiterin der Mordkommission, Staatsanwalt Martin Schanz, Thomas Kues, Leiter der Polizeiinspektion Diepholz, und Thomas Gissing, Pressesprecher der Polizeiinspektion Diepholz.
Wie geht es dem Opfer, das überlebt hat?
Die 30-Jährige ist noch im Krankenhaus. Sie hat die Nachricht, dass der mutmaßliche Täter gefasst wurde „erfreut, aber auch aufgewühlt“ aufgenommen, berichtete Thomas Kues. Ob bleibende körperliche Schäden durch die Messerstiche bleiben, sei laut Martin Schanz noch nicht abzusehen. Bis sie das seelische Trauma jedoch verarbeitet hat, dürfte es dauern, meinte der Staatsanwalt.
Was gaben Polizei und Staatsanwaltschaft noch nicht preis?
Offen blieben Fragen zum Motiv des mutmaßlichen Täters und danach, ob er und die Opfer sich kannten. Auch Nachfragen zur Tatwaffe und konkreteren Informationen zur Art der Stichverletzungen beantworteten die Behörden nicht mit Verweis auf ermittlungstaktische Gründe.
Wie geht es weiter?
Am Mittwoch erließ ein Ermittlungsrichter des Amtsgerichts Verden Haftbefehle wegen versuchten und vollendeten Totschlags. Diese wurden dem 42-Jährigen am Donnerstag gegen 13 Uhr vorgetragen. Er wurde daraufhin in eine Justizvollzugsanstalt gebracht. Polizei und Staatsanwaltschaft ermitteln unterdessen weiter. Die "Ausgangsdelikte" seien Totschlag und versuchter Totschlag. Ergeben sich während der Ermittlungen Mordmerkmale, sei es auch möglich, dass die Staatsanwaltschaft Anklage wegen Mordes erhebt.