„Bauern pausieren auf dem Stroh, schau'n Sie hier, das ist dort so. Und Kühe fahren mit der Bahn, das nennt man hier den Rinderwahn.“ Dieses Zitat stammt aus dem humorvollen Extrablatt „Der Courier“, das Wolfgang Gerwien, Mitglied im Deutschen Eisenbahn-Verein (DEV) am Wochenende für alle Fahrgäste bereit hielt. Damit sollte unter anderem der Bauernmarkt beschrieben sein, den einige Vereinsmitglieder auf dem Heiligenberg in authentischer Landvolk-Kleidung der Jahrhundertwende um 1900 gestalteten. Zu Hilfe hatten sie dabei eine Vielzahl an Utensilien genommen, wie alte Pappkoffer, Kartoffelsäcke, Apfelkörbe und Karren voller Stroh. Und sogar ein Peugeot-Fahrrad mit hölzernen Kotflügeln von 1902, mit dem Stephan zusammen mit seinem blitzenden Studebaker von 1918 das Geschehen bereicherte.

In der Zeit entsprechenden Kostümen ging es auf den Weg von Bruchhausen-Vilsen nach Asendorf.
Außerdem hatte sich eine Gruppe Reisende mit entsprechenden Kostümen auf den Weg gemacht, um frische Landluft zu schnuppern. Unter ihnen tatsächlich seine kaiserliche Hoheit Wilhelm II (1859-1941): Für diese Darstellung hatte sich Holger Gatz intensiv informiert und nicht nur zu seiner Garderobe ausführlich recherchiert. Er hatte sogar die Pickelhaube, die Wilhelm öfter getragen haben soll, in Eigenarbeit mit allen Insignien, die damals dazugehörten, hergestellt. „Beim grauen Mantel wurde in fast allen verfügbaren Fotos überliefert, dass der zweireihig gewesen sein soll, aber ich habe keinen solchen – und dann fand ich wenige Fotos, auf denen Wilhelm auch mal was Einreihiges trägt.“

Die ”eisernen Ladys”, die Hoya und die Lok 3, ehemals Plettenberg, waren unter Dampf unterwegs.
Seine Weste hatte er mit etlichen Orden dekoriert, wie sie der einstige Kaiser getragen haben soll. Während seiner Mitfahrt auf der Bahn nach Asendorf erzählte er den Mitreisenden von den damaligen Gepflogenheiten wie der Sektsteuer und dem kaiserlichen Anspruch. Aufmerksam lauschten unter anderem natürlich kleine Jungs – so auch der elfjährige Ennio, der mit seinem Vater wieder einmal auf allen Zügen alles genoss, was es nur gab.

Beim historischen Wochenende des Deutschen Eisenbahnvereins war das Thema die Kaiserzeit.
Das Thema Kaiserzeit bestimmte also wieder einmal das traditionelle historische Wochenende des DEV. Die Hauptattraktionen waren in jedem Fall die gleichfalls aus der Kaiserzeit stammenden rollenden eisernen Ladys: die Dampfloks. Sprich die Hoya in neuem Glanz und die Lok 3, vormals Plettenberg. In den Personenwagen war einiges los, neben den interessierten Fahrgästen wurde nämlich eine neue Folge der DEV-Wochenschau – die mittlerweile ganz erfolgreich bei Eisenbahnfans auf Youtube ist – gedreht.
Auf Youtube läuft die DEV-Wochenschau erfolgreich
Dazu hatte sich Gerwien, alias Wollywood, eine kleine Geschichte ausgedacht, die die Laiendarsteller in ihren authentischen Kostümen nachstellen durften. So wurde unterwegs ein Mädchen von einem Mitreisenden belästigt, der dann kurzerhand aus dem Zug geworfen wurde. Paula hatte sich zuvor gemeldet, weil sie unbedingt mal mitspielen wollte. Und Roland hatte ohnehin schon öfter mitgewirkt: „Das Rauswerfen aus dem Zug war neu, aber mit ein paar Tricks ganz witzig.“

Die Ehrenamtlichen des DEV hielten trotz heißer Temperaturen am Wochenende in ihren schweren Uniformen aus.
Verdientermaßen erfreute sich die gesamte Aktion der Museumsbahn großer Nachfrage, gleichfalls die Zubringerzüge mit alten Dieseltriebwagen, die von Syke und von Eystrup kamen und die ebenfalls von einigen Ehrenamtlichen gewuppt wurden.
25. Vortrag im Alten Gaswerk
Vorstandsmitglied Wolf-Jobst Siedler hielt überdies im Alten Gaswerk einen Vortrag, den mittlerweile 25., zum Thema der Herkunftsbahn des künftigen Buffet-Wagens, der Kreisbahn Leer-Aurich-Wittmund. Die hatte 70 Jahre lang ein Kleinbahnnetzwerk in Ostfriesland betrieben – „und ist heute als Kreisbahn Aurich im Busverkehr aktiv und Stammgast bei der Museums-Eisenbahn“, so Siedler. Zahlreiche Zuhörer waren extra aus Ostfriesland für diesen Vortrag nach Bruchhausen-Vilsen gereist. Siedler, der sich seit 40 Jahren mit der Geschichte dieser Kleinbahn befasst, informierte zwei Stunden mit vielen, teils über 100 Jahre alten Bildern über zahlreiche Facetten dieser Bahn.
Bewundernswert befanden viele Gäste im Kleinbahnmuseum zum einen die logistische und showmäßige Leistung, die die Ehrenamtlichen des DEV da auf die Beine gestellt hatten. Hinzu kam, dass einige sogar bei der Hitze in ihren dicken Uniformen mitmachten. Zum Dank für rund 70 aktiven Museumseisenbahner wurde am Sonnabend nach getaner Arbeit gemeinschaftlich bei stimmungsvollem Abendrot zwischen den Gleisen gegrillt.