Vom Angsthasen hat vermutlich schon jeder gehört. Auf das Haustier der Autorin dieses Textes trifft die Bezeichnung voll zu – nur dass es sich um eine Katze handelt. Passenderweise hört sie auf den Namen Spooky, was übersetzt so viel wie unheimlich bedeutet. Und wirklich: Alles und jeder ist dieser Katze erst einmal nicht geheuer. Dementsprechend hat es auch seine Zeit gebraucht, bis sich die schätzungsweise dreijährige Katze in ihrem neuen Zuhause eingewöhnt hatte. Spooky kam als "halbwilde" Katze auf einen Tierschutzhof. Sie war einer Ehrenamtlichen eines Tages zugelaufen, ihr Revier befand sich in einem Waldstück. Die Europäische Kurzhaarkatze war trächtig, ihre Jungen wurden schnell weiter vermittelt – nur sie selbst blieb übrig und lebte fast ein Jahr in einem Zimmer mit Freigang. Für die Jägerin ungewohnte Wohnverhältnisse.
Im Tierheim hatte sich Spooky schnell mit ihrer zukünftigen Familie angefreundet. Die Eingewöhnung im neuen Zuhause war dennoch alles andere als einfach. Die kurze Autofahrt hatte sie mit ein paar Miau-Tönen gut überstanden, aus der Transportbox war sie auch schnell gekrochen – doch dann war sie auch schon im Einbauschrank in einer Dachschräge hinter Geschenkpapierrollen verschwunden. Dort war sie erst einmal nicht mehr hervorzulocken. Auch Futter und Leckerchen änderten daran nichts. Spooky futterte erst, wenn sich niemand mehr im Raum befand. Am nächsten Tag dasselbe Spiel. Am Abend setzte sich ihre Familie dann auf den Boden des "Katzenzimmers", eigentlich das Büro der Autorin, und sprach mit ruhigen Stimmen miteinander. Bloß den Blick nicht zur Katze wandern lassen! Spooky wurde gekonnt ignoriert. Eine Spur aus Leckerchen wartete vor dem Versteck.
Irgendwann kam Spooky raus, schnüffelte an der Hand der Autorin und warf sich zum Streicheln hin, als wäre nie etwas gewesen. Es ist ganz unterschiedlich, wie schnell sich eine Katze im neuen Zuhause einlebt. Gerade wenn nicht klar ist, was das Tier bereits erlebt hat. Geduld ist also gefragt. In einschlägigen Foren ist zum Teil auch von einem mehrwöchigen "Versteckspiel" der Katze zu lesen. Die erste Zeit mit dem Tier ist der Grundstein für eine vertrauensvolle Beziehung. Sich Zeit zu nehmen, zahlt sich aus. Inzwischen, gut drei Monate später, ist Spooky auch im Garten unterwegs, sie zuckt zwar kurz zusammen, wenn sie einen Nachbarn erblickt, aber an die vielen anderen neuen Menschen in ihrem Leben gewöhnt sie sich auch allmählich. Nur geht das bei ihr etwas langsamer als bei so manch anderem Artgenossen.
Mit über 30 Millionen Haustieren lebten Bundesbürger laut dem Zentralverband Zoologischer Fachbetriebe im Jahr 2021 zusammen. Mensch und Haustier – das ist oft mehr als Freundschaft. Und damit Anlass genug, die Beziehung einmal genauer zu betrachten. In unserer Kolumne "Mein Haustier und ich", die immer in der Wochenendausgabe der REGIONALEN RUNDSCHAU und des SYKER KURIER sowie online auf www.weser-kurier.de erscheint, widmen sich unsere Redakteurinnen und Redakteure textlich ihren vier- oder auch mehrbeinigen Freunden – informativ, aber auch immer mit einem Augenzwinkern.