Verden/Landkreis Diepholz. Sie waren und sind noch auf freiem Fuß, aber damit dürfte es demnächst vorbei sein. Für die beiden Straftaten, die sie vor beinahe einem Jahr kurz hintereinander gemeinsam begangen hatten, müssen zwei inzwischen 19 und 22 Jahre alte Angeklagte dreieinhalb Jahre in Haft. Die große Jugendkammer des Landgerichts Verden hat sie am Donnerstag für schuldig befunden, in Bruchhausen-Vilsen schwere räuberische Erpressung und in Leeste schweren Raub verübt zu haben – jeweils aufgrund ihrer Betäubungsmittelabhängigkeit.
Das Thema Drogen hatte in dem insgesamt sechstägigen Prozess gegen die Kumpel und Komplizen aus Bruchhausen-Vilsen breiten Raum eingenommen. Bei ihren zum Auftakt abgelegten, als „vollumfänglich“ gewerteten Geständnissen und weiteren freimütigen Auskünften war immer wieder auf den erheblichen Konsum, vor allem von Kokain, hingewiesen worden. Das Gericht ging jetzt jedenfalls davon aus, dass sie sich vor beiden Überfällen reichlich Koks zugeführt hatten. Auf dessen „enthemmende Wirkung“ war von der hinzugezogenen psychiatrischen Sachverständigen hingewiesen worden.
Kammer beruft sich auf Gutachten
In der Urteilsbegründung berief sich die Kammer auf das Ergebnis der Gutachten: Danach sei nicht auszuschließen, dass die Schuldfähigkeit der Angeklagten zu den Tatzeiten erheblich vermindert gewesen sein könnte. Also sowohl am Abend des 22. September, als sie in ihrem Wohnort die Tankstelle an der Syker Straße als nahes Ziel für die erhoffte Geldbeschaffung ausgesucht hatten, als auch am 24. September, als nach Ladenschluss der Supermarkt in Leeste besonders lukrativ erschien. Bares brauchten beide Täter dringend: für die Tilgung von Schulden – bei dem Älteren bis zu 30.000 Euro, bei seinem Freund etwa die Hälfte – sowie für die Beschaffung von Drogennachschub.
Die Tatpläne hatten sie zusammen ausgeheckt. Den eigentlichen Überfall auf die bis heute unter den Folgen leidende Kassiererin im Tankstellen-Shop verübte der damals schon vorbestrafte 18-Jährige zwar allein. Sein Mittäter wartete allerdings startklar ganz in der Nähe in einem (Firmen-)Auto und hatte auch die verwendete – ungeladene – Schreckschusspistole organisiert. Er soll sie seinem Vermieter gestohlen haben. Die Beute von 450 Euro hatten die jungen Männer noch am selben Abend verprasst. Wesentlich ertragreicher gestaltete sich zunächst der gemeinsam durchgezogene Überfall auf den Leiter und einen Auszubildenden des Leester Einkaufsmarktes. Eine zweite Schreckschusswaffe war zuvor besorgt worden.
Die beiden maskierten Täter hatten auch vorsorglich eine Brechstange dabei. Damit ließ sich der Tresor trefflich knacken. Einen Großteil der zusammengerafften über 20.000 Euro versteckten sie alsbald in einem Rohbau in der Nähe, als sie Polizeisirenen hörten. Zunächst gelang ihnen die Flucht. Einige Tage später kamen ihnen die Fahnder nacheinander auf die Spur, am Ende stellten sich die Männer. Und die Jugendstrafkammer stellte nun fest: Unter Abwägung aller be- und entlastenden Umstände sei unterm Strich von minder schweren Fällen auszugehen.