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Bären, Glück und Zuflucht Kunst im öffentlichen Raum: Erster Skulpturen-Rundgang in Syke

Kunst im öffentlichen Raum wird zum Erlebnis: Ein lebendiger Geschichtsunterricht erwartete die Teilnehmer des ersten Skulpturen-Rundgangs durch Syke.
07.09.2025, 15:29 Uhr
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Von Norbert Lyko

Sonnenschein, Neugier und eine gehörige Portion Kunst: Unter diesen Vorzeichen hatten die Gästeführerinnen Sabine Neugebauer und Katrin Wiemers vom Arbeitskreis Gästeführung Syke, Weyhe und Stuhr am Wochenende zu einem besonderen Spaziergang eingeladen. Erstmals stand Syke ganz im Zeichen seiner Skulpturen – Kunstwerke, die nicht nur das Stadtbild prägen, sondern auch spannende Geschichten erzählen. Sechs Teilnehmerinnen folgten den beiden erfahrenen Kulturvermittlerinnen auf ihrem Rundgang und zeigten sich am Ende begeistert.

Lebendiger Geschichtsunterricht

Der Spaziergang begann am Eingang des Europa-Gartens, einem Ort, der wie kaum ein anderer für die Verbindung von Kunst, Geschichte und Politik in Syke steht. Schon die Litfaßsäule, die dort Informationen zu den einzelnen Objekten bietet, erzählt eine besondere Geschichte: Sie wurde einst von Bundespräsident Walter Scheel persönlich an die Stadt übergeben. 2006, zum 60. Jubiläum der Syker Europa-Union, erhielt der Park seine heutige Bestimmung.

Die Teilnehmer erfuhren, dass im Europa-Garten nichts zufällig steht. Die goldene Europa auf dem Rücken des Stiers – geschaffen von Künstler Mirsad Herenda – erinnert an die griechische Sage von Zeus und Europa und begrüßt Besucher schon vor dem Eingang. Wiemers erläuterte, wie die vier Syker Künstler Fritz Vehring, Elsa Töbelmann, Henning Greve und Andreas Frömberg den Park zu einem „begehbaren Geschichtsunterricht“ gestalteten. Kunstobjekte laden hier nicht nur zum Betrachten, sondern auch zum Mitmachen ein: Eine Balancier-Strecke symbolisiert das schwierige Gleichgewicht der EU-Staaten, ein großer Sandkasten greift Schillers Ausspruch „Der Mensch ist nur da ganz Mensch, wo er spielt“ auf.

Besonders faszinierte die Besucher ein Labyrinth aus Pflastersteinen, das den Großen Wagen im Sternbild des Großen Bären nachzeichnet – ein Himmelsbild mit Bezug zum Syker Stadtwappen, das eine Bärentatze zeigt. Dazu kamen ein Pavillon für Konzerte, eine Brücke als Sinnbild des Brückenschlags zwischen Nationen, ein Teich mit zwölf goldenen Sternen als lebendige Europaflagge und sogar ein „Ungeheuer“ namens Kai Uwe, das alle 72 Sekunden aus dem Wasser auftaucht. Neueste Ergänzung ist der Friedensplatz mit einem Tisch, auf dem ein Zitat von Jimi Hendrix eingelassen ist: „Wenn die Macht der Liebe über die Liebe zur Macht siegt, wird die Welt Frieden finden.“

Schülerkunst in der Innenstadt

Nach der intensiven Reise durch die europäische Gedankenwelt führte Sabine Neugebauer die Gruppe in die Innenstadt. Dort stießen die Besucher auf ein Werk, das an dieser Stelle der Luise-Chevalier-Straße überraschte: Ein „Eiffelturm“ aus Metall, gebaut von Schülerinnen und Schülern der Berufsbildenden Schulen in Syke. Ursprünglich angeregt durch den Europa-Garten, ist er heute ein beliebter Blickfang. Auch ein „Brandenburger Tor“, ebenfalls eine Schülerarbeit, verweist auf die schulische Auseinandersetzung mit politischen Themen.

Andreas Frömberg und das Stadtleben

Auf der Hauptstraße rückten die Werke des Künstlers Andreas Frömberg in den Mittelpunkt, der in Schnepke lebte und arbeitete. Er schuf unter anderem den Reliefkörper „Stadtleben“ sowie die Bronzefigur „Wächter“ vor der Bäckerei Weymann. Beide Gästeführerinnen machten deutlich, wie wichtig solche Werke für das Stadtbild sind – kritisierten jedoch auch, dass es hier im Gegensatz zum Europa-Garten an erläuternden Tafeln fehlt.

Ein weiterer Höhepunkt war das Werk „Non-Stop“ von Louis Niebuhr, zu sehen am Kornzinshaus. Der imposante Block aus Carrara-Marmor entstand 1988 in Berlin und fand 1996 den Weg nach Syke – sicher verpackt in einer eigens angefertigten Kiste. Ursprünglich Teil eines internationalen Bildhauersymposiums, beeindruckt die Skulptur bis heute durch ihre Größe und Form.

Zwar verzichtete die Gruppe auf den weiteren Fußweg zum Gymnasium, doch Neugebauer machte neugierig: Dort stehen weitere Marmorskulpturen von Niebuhr und Miguel Ausili, Werner Stötzer, Jiri Seifert, Janez Lenassi und Joanna Filippidu. Deren Werke entstanden im Rahmen des internationalen Bildhauersymposiums 1991 unter dem Titel „Formen für Europa – Formen aus Stein“. Louis Niebuhr hatte seinerzeit die künstlerische Leitung.

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Das Ende des Rundgangs markierten zwei Skulpturen an der Kreissparkasse. Die bronzene Bärengruppe von Holger Voigts ist nicht nur ein Blickfang, sondern lädt Kinder seit 1987 zum Klettern ein – und ihre Ohren gelten mittlerweile als lokales Pendant zum Glücksbringer der Bremer Stadtmusikanten. Gleich nebenan, im Innenhof, beeindruckte das Werk „Zuflucht“ von Norbert Thoss, das verschlungene Körper zeigt und zum Nachdenken über menschliche Nähe und Geborgenheit anregt.

Mit großem Applaus bedankten sich die Teilnehmer am Ende bei den beiden Gästeführerinnen. Gast Udo Mager fasste seine Eindrücke zusammen: „Obwohl ich in Syke wohne, habe ich viel Neues erfahren. Das wusste ich vorher nicht. Ein klasse Rundgang.“ Neugebauer und Wiemers kündigten an, die Erfahrungen auszuwerten und über eine Fortsetzung nachzudenken.

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