"Das ist die Wohnform der Zukunft", ist Ralf Borchers überzeugt. Die Rede ist von genossenschaftlichem Wohnen. Bei einer Genossenschaft schließen sich laut Definition des Bundesjustizministeriums mindestens drei Personen freiwillig zusammen. Ziel ist es, die wirtschaftlichen, sozialen oder kulturellen Belange ihrer Mitglieder durch einen gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb zu fördern. Und das funktioniert nicht nur bei Banken und Erzeugern landwirtschaftlicher Produkte, sondern auch bei Energie und beim Wohnen, wie Borchers als Mitbegründer sowohl der Genossenschaft Syker Bürgerenergie als auch des Syker Wohnmix weiß. Jetzt hat er ein neues Projekt ins Auge gefasst. Und weil eine Genossenschaft allein nicht funktioniert, sucht er Mitstreiter.
Das genossenschaftliche Wohnprojekt mit etwa 20 Wohneinheiten und einem großen Gemeinschaftsbereich soll so ähnlich entstehen und funktionieren wie die Syker Wohnmix-Genossenschaft. Diese entstand vor fünf Jahren an der Bassumer Straße in Syke. Karl Otto Friesen und seine Frau sind Mitglieder der Genossenschaft. Sie nennen eine der acht Wohnungen in dem Mehrfamilienhaus ihr eigen. Ihnen war ihr Haus samt Garten zu groß geworden, verrät Friesen. Über eine VHS-Gruppe, die sich mit alternativen Wohnformen befasste, kamen sie in Kontakt mit Menschen in ihrem Alter, denen es ähnlich erging. Daraus entstand eine Gruppe, die sich zusammentat und sagte "Wir machen das", erinnert sich Friesen.
Konzept nicht auf Gewinn ausgelegt
Zunächst wurde recherchiert: Was lässt sich am besten umsetzen? Da konnte Ralf Borchers helfen, der vom Genossenschaftsmodell aus mehreren Gründen überzeugt ist. "Eine Genossenschaft ist basisdemokratisch, sie ist rechtssicher, relativ einfach zu gründen und – förderungsfähig." Denn genossenschaftliches Bauen ist für ihn zwar sozial, in dem Sinne, dass es für die Mitglieder und Bewohner kostenoptimiert ist und nicht auf Gewinnmaximierung ausgelegt ist, doch kosten tut es natürlich trotzdem. Zumal, wenn man auch an die Zukunft denkt und auf nachhaltige Ausstattung wie Solaranlagen, Sole-Wärmepumpe, Dreifach-Verglasung, ordentliche Isolierung und Barrierefreiheit setzt.
Zunächst wurde die Genossenschaft gegründet. Sie kaufte dann ein Grundstück und war auch Bauherr für die Anlage. So stellt Borchers sich das auch beim neuen Projekt vor. "Einvernehmlich wurde abgesprochen, wer welche Wohnung nimmt", berichtet Friesen. Nachdem das geklärt war, konnten auch individuelle Wünsche in der Planung berücksichtigt werden, etwa ein Extraraum für das Hobby oder eine gemeinschaftliche Küche für zwei ansonsten separate Wohnungen. Die Möglichkeiten sind vielfältig. Und das gefällt den Genossen der Syker Wohnmix bis heute. "Das hat bei uns gut geklappt", findet Friesen.
Geregelt ist auch die Eigentumsfrage. Die Wohnungen gehören alle der Genossenschaft. Die Bewohner, die gleichzeitig Genossen sein müssen, haben Anspruch auf Wohnungsversorgung und die Nutzung für das gemeinsame Eigentum. Man kann auch seine Anteile verkaufen und wieder ausziehen. "Das kann aber auch jede Genossenschaft für sich selbst regeln", so Friesen. Dies geschieht in einer entsprechenden Satzung, die gemeinsam festgelegt wird. Ob das den Regeln für Genossenschaften entspricht, muss dann der Genossenschaftsverband prüfen. Und ja, das sei von Zeit zu Zeit auch anstrengend, weil die Genossen eben alles selbst regeln müssen, räumt Friesen ein. Dafür müsse man aber keine unerwarteten Mieterhöhungen fürchten und sei so gut wie unkündbar.
In Borchers Augen alles gute Argumente, um nun ein größeres Projekt dieser Art ins Auge zu fassen. Allerdings größer, mit 20 Wohneinheiten, "auch gern mehr", in unterschiedlichen Größen von 40 bis 110 Quadratmetern. Ein Grundstück hat er dafür noch nicht, auch wenn er mit dem Baugebiet am Hallenbad oder einem Grundstück an der Gesseler Straße durchaus liebäugelt. "Da muss aber noch viel abgestimmt werden", räumt er selbst ein. Darum sucht er nun erstmal Mitstreiter. Interessierte, die sich diese Art von Wohnen ebenfalls vorstellen können, und bereit sind, da auch ein wenig Zeit und Energie zu investieren. Schließlich lebe jede Genossenschaft auch vom Miteinander. Wenn es mehr Interessierte gibt, soll auch ein Treffen stattfinden: "Mal sehen, wie viele dazukommen."