Heutzutage sind Klinik-Clowns vielerorts etabliert. Mit ihrem Einfühlungsvermögen gelingt es ihnen, bei Kranken jeder Altersgruppe Augenblicke der Entspannung zu wecken, ein Lachen hervorzuzaubern. Klinik-Clownin Siba alias Sabine Voß aus Syke betont, es gehe in der problematischen Lebenssituation um „kleine Momente – fünf Minuten – die sich im Herzen ablegen und immer wieder abgerufen werden können. Ein kurzer Clown-Besuch muntert bereits auf“. Auch wenn manche „nur schwer erreicht werden können“. Es gelte flexibel zu reagieren, denn alle seien unterschiedlich. Sie betont: „Wichtig ist der Mensch, dem wir gegenüberstehen. Ich begegne jedem Einzelnen mit der Aufmerksamkeit, die er benötigt.“
Um den Anforderungen der Einsatzbereiche eines Klinik-Clowns gerecht werden zu können, ist der individuellen Resilienz und dem spezifischen Humor sicherlich eine hohe Relevanz beizumessen. Zudem: „Ein Clown muss authentisch sein“, hebt die 64-Jährige hervor. Keinesfalls dürfe die eigene Verfassung beeinträchtigt sein. Wie sie weiß, erspüren überdies Demenzkranke die Begegnungsebene sehr konkret.
Von der Gärtnerin zur Klinik-Clownin
Als 51-Jährige begann die ehemalige Gärtnerin des Syker Kinderhospiz Löwenherz die Ausbildung zur staatlich geprüften Klinik-Clownin. An diesem Ort, wo unheilbar erkrankte sehr junge und junge Menschen sowie deren Familien unterstützt werden, wurde 2010 ein Clown-Tagesseminar angeboten. Als „Liebe auf den ersten Blick“ definiert Voß nun ihren daraus resultierenden Beruf. Prompt folgte ein Jahr später die zweijährige Ausbildung an der Schule für Tanz, Clown und Theater (TUT) in Hannover. Schon während dieser Zeit, ab 2012 gehörte sie zur Gruppe des Vereins Klinik-Clowns Hamburg.
Nunmehr zählt die Freiberuflerin seit 2016 zum Team der Klinik-Clowns der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH). Dort besuche sie wöchentlich sieben Stationen in der Kinder- und Jugendpsychiatrie, im Hildesheimer Ameos-Klinikum neun und zusätzlich sechs im Göttinger Krankenhaus im zweiwöchentlichen Rhythmus. Dazu kommen alle 14 Tage Besuche im Jugendhospiz Löwenherz in Syke. Bis Januar 2024 war sie zudem in Seniorenheimen tätig. Seit Corona sei es in diesen Einrichtungen „noch einsamer“ geworden, berichtet sie. Doch letztlich stieg überall „der emotionale Bedarf, bei Kindern und Erwachsenen, um ein Vielfältiges.“ Im Altenheim arbeitete sie maximal zwei Stunden an einem Tag der Woche, im Krankenhaus wirkt sie in der Regel drei bis fünf Stunden. Wenn möglich, werde versucht, im Duo zu arbeiten. „Manche Clowns-Charaktere passen sehr gut zusammen“, sagt sie dazu.
Allerdings beschränkten sich ihre beruflichen Aktivitäten nicht allein aufs Inland. Sabine Voß reist mit "dem kleinsten Kostüm der Welt – einer roten Nase“ auch in fernere Länder. Dabei gab es bisher nie ein einstudiertes Bühnenprogramm. Stattdessen galt in gleicher Weise ihre Devise: „Immer neu schauen und sich auf die Situation und die Menschen einlassen.“
Die Auslandseinsätze konnten durch Spenden und Unterstützung von adäquaten Vereinen umgesetzt werden. In der Regel dokumentierte diese ihr Ehemann Gottfried per Kamera. So besuchte sie vor elf Jahren erstmals die Republik Moldau. Die vorgefundene Armut – "außer Plastiktüten gab es nichts zu kaufen" – war eine unerwartete Erfahrung. Zudem erlebte sie viele, verlassene Kinder, deren Eltern im Ausland arbeiteten: „Es war nicht so einfach, sie zum Lachen zu bringen.“ Infolge der Initiative des Bürgermeisters des kleinen Ortes Bălți hatten sich damals sehr viele, Jung und Alt, auf dem Marktplatz eingefunden, um den Auftritt der Clownin mitzuerleben. Im Folgejahr reiste Siba dann mit Ingo Kotzke von den Klinik-Clowns Hamburg im Duo als „Grenzenlose Clowns“ abermals dorthin.
Ganz anders sei es auf den Kapverden gewesen. Eingeladen vom Verein „Help for Boa Vista“ traf sie in dortigen Kindergärten und Schulen trotz des allgegenwärtigen Mangels und „bei 37 Grad im Schatten“ die glücklichsten Mädchen und Jungen an, die ihr je bei einem Auslandseinsatz begegneten. Obwohl der Aufenthalt viel Kraft gekostet habe, möchte sie „noch einmal dorthin“. Des Weiteren konnte Voß 2022 aufgrund eines Projektes zur pädiatrischen Intensivversorgung der MHH mit dem Karapitiya Teaching Hospital in Galle (Sri Lanka) als Klinik-Clownin arbeiten. Die dortige Aussage eines Ärzte-Teams „Du bist ein Geschenk des Himmels“ blieb ihr positiv im Gedächtnis. Anhand ihrer Fotobücher werden viele berührende Augenblicke sichtbar. Unter anderem, wie sich ein intensivmedizinisch behandeltes Kind von Sibas Seifenblasen faszinieren lässt. Sie sagt: „Kein krankes Kind möchte, dass die Krankheit thematisiert wird.“
Aber die spezifischen Erfahrungen sind sehr unterschiedlich: Andere Begegnungen mit „traumatisierten Kindern aus Kriegsgebieten und der Eindruck, eine kindliche Seele ist zerstört“, führten zu Tränen, so die Sykerin. Die Arbeit als Klinik-Clownin, die sie weiterhin ausübt, erfülle sie mit großer Dankbarkeit. Gleichwohl stehe jetzt die eigene Familie mit den Enkelkindern im Mittelpunkt. Nun beginne „ein neuer Lebensabschnitt, in dem die Clownin nicht mehr die Hauptrolle spielt“.