„Seit Lucrezia Borgia bin ich die Frau, die am meisten Menschen umgebracht hat – allerdings mit der Schreibmaschine.“ So stimmte die Schriftstellerin Susanne Lieder das Publikum am Freitagabend auf die Lesung aus ihrem aktuellen Roman „Agatha Christie“ ein. Erst vor eineinhalb Jahren hatte sie in der Syker Stadtbibliothek ihre Romane „Astrid Lindgren“ und „Margarete Steiff“ offeriert. Nun präsentierte sie ihr neues Werk mit dem Untertitel „In der Liebe sucht sie nach Hoffnung – mit ihren Krimis erobert sie die Welt“.
Wie Susanne Lieder verriet, hatte der Aufbau-Verlag den Wunsch an sie herangetragen, einen Roman über die weltbekannte und erfolgreiche britische Krimi-Autorin zu erarbeiten. Sie habe sich primär mit deren Autobiografie beschäftigt, aber zusätzlich recherchiert.
Lesung beginnt mit Christies schwerster Phase
Zunächst griff Susanne Lieder die wohl schwierigste Lebensphase ihrer Protagonistin in den Jahren 1926/27 auf. Adäquat schilderte sie die Situation nach dem Tod von Agatha Christies Mutter Clarissa: Als 36-Jährige kehrte die Autorin in das Elternhaus in Torquay zurück und fand in einem der Zimmer „einen Umschlag mit mehreren Fünfpfundnoten darin“, zudem „die Diamantbrosche ihrer Großmutter“, eingewickelt in einem Strumpf. Erinnerungen an die eigenen Kindheitstage in dem allseits beliebten Städtchen werden wach, sogar an die schimpfende Mutter, aber zugleich an glückliche Stunden. Gleich darauf schämt sie sich ihrer vermeintlich ungebührlichen Gefühle. Sie möchte augenblicklich selbst herumfahren, um sich abzulenken. Aber die Technik ihres Autos versagt gerade jetzt. Allein, nur ein Wunsch bleibt unerfüllbar: Nur noch ein einziges Mal ihrer Mutter sagen zu können, wie sehr sie sie lieb hatte.
Die Anfänge der erfolgreichen Krimi-Autorin
Die Zuhörerschaft folgte den Ausführungen sehr interessiert. Als Nächstes war zu erfahren, wie Agatha ihren ersten Mann Archibald Christie kennenlernte. Obwohl die junge Frau gleich zu Anfang feststellen musste, sie seien wie „Feuer und Wasser“, gesteht sie ihrer Mutter nach dem ersten gemeinsamen Abend: „Ich bin verliebt.“ 1914 heiratete sie den Luftwaffenoffizier und begann noch während des Krieges, Kurzgeschichten zu schreiben.
Weiterhin wurde dargelegt, wie sich bei Christie die Idee entwickelte, eine „Kriminalgeschichte mit einem Giftmord“ zu schreiben. Zur selben Zeit kreierte sie Hercules Poirot und später Miss Marple. Auch das Ende der Ehe, die 1927 geschieden wurde, und das elftägige Verschwinden Christies wurden angesprochen. Auf Nachfrage erklärte die Romanbiografin Lieder, sie habe dazu keine weiteren Spekulationen getätigt, da sich Agatha selbst nie dazu geäußert habe.
Im Gespräch mit dem Publikum deckte Lieder noch weitere biografische Aspekte der weltberühmten Krimi-Autorin auf. So gebe es in der Sekundärliteratur die Aussage, dass Christie ihre eigene Figur, Detektiv Poirot, „nervt“. Bereits zuvor hieß es, selbst der Roman „Der Blaue Express“ missfiel der Ideengeberin. Anderweitig „war sie ihrer Zeit voraus, reiste allein“ und „ließ sich scheiden“. Aber Agatha habe gar keine Wahl gehabt, weil „Archi“ seine Affäre Nancy Neele bevorzugte. Mit ihrer Reise im Orientexpress verfolgte sie das Ziel, „etwas für sich zu tun“.
Publikum ist rundum begeistert
Die Lesung wurde vom Publikum sehr positiv aufgenommen. Sigrid Wegener aus Scholen erklärte, sie fände es schön, wenn eine Biografie in einem leichten Stil geschrieben werde. Ihr Statement: „Mir hat's super gefallen.“ Die Sykerinnen Michaela Lange, Sabine Vondra sowie Alexandra Richter aus Affinghausen hatten die gewählten Passagen ebenfalls begeisterten. Diese würden aufzeigen, wie Agatha „agiert, ihr Leben gestaltet“ habe. Die „interessante Lebensgeschichte macht Lust auf mehr“, berichteten die Zuhörerinnen. Überdies habe ihnen die Stimmlage Susanne Lieders gefallen. Zusätzlich bedachten sie gemeinsam die Mitarbeiterinnen der Bibliothek mit einem besonderen Lob.
Darüber hinaus gab es einen Vorgeschmack auf Lieders neuestes Buch, das im Januar 2025 in den Handel kommt. Dieses veranschaulicht das Leben Heinrich Schliemanns, dem Entdecker Trojas, und seiner Ehefrau Sophie.