Die medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) wird von Fahrerlaubnisbehörden angeordnet, wenn Verkehrsteilnehmer besonders schwer auffällig geworden sind – etwa durch Alkohol- oder Drogenfahrten, wiederholte Entzüge der Fahrerlaubnis oder andere gravierende Verstöße. Der Verein Release in Syke hatte die Vorbereitung zur MPU lange im Programm. Doch nun konnte man glauben, es sei Schluss damit.
Nachdem die bisherige Kursleiterin Sabine Schulz in den Ruhestand verabschiedet war, stand die Zukunft der Schulung zunächst in den Sternen. Doch die Nachfrage war groß. Und nun gibt es gute Nachrichten für alle, die Unterstützung bei diesem schwierigen Schritt brauchen: Seit dem 3. September läuft im „Haus der Hilfe“ in Syke, Bremer Weg 2, wieder ein neuer Kurs, geleitet von der erfahrenen Fachfrau Heike Gronewold.
Verantwortung statt Auswendiglernen
Gronewold ist Diplom-Sozialarbeiterin und zertifizierte MPU-Beraterin. Sie bringt langjährige Erfahrung in der Arbeit mit suchtbelasteten Menschen und Verkehrssündern mit. Für sie ist die Aufgabe mehr als bloßes Coaching: „Wir wollen die Teilnehmer befähigen, ihr Verhalten kritisch zu reflektieren und dauerhaft zu ändern. Die MPU besteht man nicht durch Auswendiglernen, sondern durch echte Auseinandersetzung mit den eigenen Verhaltensmustern“, betont sie im Gespräch mit unserer Zeitung. Der Verein Release, ein Netzwerk psychosozialer Hilfen, sehe den Neustart als logische Fortsetzung seiner bisherigen Arbeit. „Dieses Angebot gehört einfach zu uns. Wir haben das Know-how und die Erfahrung, Menschen in dieser schwierigen Lebenslage zu begleiten“, sagt Gronewold.
Im Zentrum steht die Frage: Besteht auch künftig eine Gefahr für die Verkehrssicherheit? Gutachter prüfen, ob Betroffene aus ihren Fehlern gelernt haben und bereit sind, ihr Verhalten langfristig zu ändern. Eine solche Prüfung ist für viele eine große Hürde. Unsicherheit und Unkenntnis über den Ablauf führen häufig dazu, dass Teilnehmer ohne Vorbereitung scheitern.
Acht Gruppengespräche für nachhaltige Veränderung
Der von Gronewold geleitete Kurs umfasst acht Gruppengespräche von jeweils 90 Minuten Dauer, die alle 14 Tage am Mittwochabend stattfinden. In diesen Sitzungen geht es nicht nur um Faktenwissen über Alkohol, Drogen und Medikamente und deren Wirkung im Straßenverkehr, sondern auch um die Reflexion des eigenen Konsumverhaltens, um Abstinenznachweise und Drogenscreenings, um die Erstellung einer sogenannten Konsumkurve sowie um die persönliche Entwicklung im Hinblick auf Verantwortung und Verhaltensänderung. Auch ein MPU-Szenario wird durchgespielt, sodass die Teilnehmer durch Rollenspiele und Fallbeispiele Sicherheit im Umgang mit Gutachtern gewinnen. „So erleben die Teilnehmer ganz konkret, wie ein Gespräch mit einem Gutachter abläuft. Das nimmt Unsicherheit und fördert Selbstvertrauen“, erklärt Gronewold.
Die Gruppenkurse schaffen einen geschützten Rahmen, in dem sich die Teilnehmer über ihre Erfahrungen austauschen können. Dieser gegenseitige Austausch wirkt oft entlastend und motivierend. Wenn jemand intensivere Begleitung braucht, können zusätzlich Einzelgespräche vereinbart werden. „Es geht nicht darum, Schuldzuweisungen zu verteilen, sondern darum, Verantwortung zu übernehmen und einen echten Wandel einzuleiten“, so die Kursleiterin. Wer gelernt hat, seinen Konsum kritisch zu hinterfragen und neue Strategien für den Alltag zu entwickeln, habe nicht nur bessere Chancen bei der MPU, sondern lege auch die Grundlage für ein selbstbestimmtes und suchtfreies Leben, erläutert sie weiter.
Gute Chancen auf einen Neuanfang
Nach Abschluss erhalten die Teilnehmer eine ausführliche Bescheinigung über Inhalte und Ergebnisse. Diese kann bei der MPU vorgelegt werden – gemeinsam mit weiteren Unterlagen wie Abstinenznachweisen oder Konsumkurven, die im Kurs erarbeitet werden. Die Erfolgschancen sind laut Gronewold deutlich höher als ohne Vorbereitung. „Statistiken belegen, dass die Bestehensquote bei Menschen, die einen Kurs besucht haben, wesentlich höher liegt“, sagt sie.
Der Kurs kostet 999,60 Euro. Darin enthalten sind sämtliche Materialien sowie die Möglichkeit, auch nach Kursbeginn noch einzusteigen. „Natürlich ist das eine Investition“, räumt Gronewold ein. „Aber es ist nicht nur eine Vorbereitung auf die MPU, sondern eine intensive Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte. Das ist unbezahlbar, wenn man bedenkt, was Führerscheinverlust und Rückfall ins alte Verhalten langfristig bedeuten können.“