. Vor dem Schöffengericht in Syke wurde Ende September ein Prozess gegen einen 59-jährigen Mann abgeschlossen, dem schwere Körperverletzung zur Last gelegt wurde. Der Angeklagte soll im November 2022 seine damalige gleichaltrige Lebensgefährtin brutal misshandelt haben, wodurch sie schwere körperliche und psychische Verletzungen erlitt. Die Verhandlung, die Anfang September begonnen hatte, zog sich aufgrund der Abwesenheit wichtiger Zeugen in die Länge.
Nach den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft hat der Angeklagte seine Partnerin durch Faustschläge und Tritte so schwer verletzt, dass sie mit multiplen Knochenbrüchen und inneren Verletzungen in ein Krankenhaus eingeliefert werden musste. Die Frau erlitt unter anderem mehrere gebrochene Rippen, einen gebrochenen Arm, einen Nasenbeinbruch, einen Lungenriss sowie den Verlust der Sehkraft auf einem Auge.
Schwere Vorwürfe von der Staatsanwaltschaft
Der Angeklagte gab an, dass er das Geschehen zwar bedauere, jedoch eine Schuld daran von sich weise. Zur Begründung beschrieb er den Vorfall als Folge einer starken Alkoholisierung seiner Bekannten. Nach seiner Darstellung sei sie bereits am Vortag stark alkoholisiert und aggressiv gewesen. An dem Tattag sei er in seine Wohnung gekommen und habe ein verwüstetes Wohnzimmer vorgefunden. Sofort habe er angefangen, dieses aufzuräumen und anschließend nach der Bekannten gesucht.
Diese habe er im Schlafzimmer im Obergeschoss „total betrunken“ vorgefunden, sagte der Angeklagte. Er räumte aber auch ein, dass er selbst an diesem Tag dem Alkohol zugesprochen habe. Kurze Zeit später sei sie die Treppe „heruntergeschossen gekommen“, auf der letzten Stufe ausgerutscht, gegen die Wand geschlagen und auf dem Fußboden im Wohnzimmer bewusstlos liegen geblieben. Er hätte sich dann um sie gekümmert, ihr wieder auf die Beine geholfen und angeboten, einen Arzt zu rufen. Da sie dies ablehnte, habe er sie wieder ins Schlafzimmer gebracht. Später sei sie erneut aggressiv geworden und habe ihn attackiert. Dabei habe er sich lediglich verteidigt und sie „leicht“ mit der Hand berührt.
Der Angeklagte weist die Schuld von sich
Zur Unterstützung hat der Angeklagten auch noch einen Freund angerufen, wie er weiter berichtete. Der sei dann auch gekommen und habe ebenfalls nach der Frau gesehen und ärztliche Hilfe angeboten. Auch diesmal solle sie ein Hilfsangebot abgelehnt haben. Mit seinem Freund sei er in der Wohnung geblieben und sie hätten Alkohol getrunken. Der Freund selber war zur Hauptverhandlung als Zeuge geladen und bestätigte im Großen und Ganzen die Aussagen des Angeklagten.
Die Geschädigte schilderte die Ereignisse jedoch völlig anders. Sie gab an, frustriert gewesen zu sein, weil sie keine neue Wohnung gefunden habe, um dem Angeklagten und dessen Aggressionen zu entkommen. Sie habe zunächst Wein und später Wodka getrunken und sich dann schlafen gelegt. Plötzlich sei der Angeklagte ins Schlafzimmer gekommen und habe sie beschimpft und mit Fäusten geschlagen. Aufgrund der Schwere ihrer Verletzungen könne sie sich nicht an die genauen Abläufe erinnern, sicher sei jedoch, dass sie mehrfach um ärztliche Hilfe gebeten habe, diese aber nicht gekommen sei.
Zeugin ruft Krankenwagen
Die bei der Fortsetzung des Prozesses erschienene Zeugin sagte aus, dass der Angeklagte am besagten Tag zu ihr gekommen sei und ihr gestanden habe, „Scheiße gebaut“ zu haben. Daraufhin sei sie zur Wohnung gefahren und habe die 59-jährige Frau schwer verletzt im Schlafzimmer vorgefunden. Sie habe sofort einen Krankenwagen gerufen, der die Frau ins Krankenhaus gebracht habe.
Die Geschädigte selbst erklärte vor Gericht, dass sie bis heute unter den Folgen der Tat leide. Sie habe zahlreiche Operationen über sich ergehen lassen müssen und könne auf einem Auge nicht mehr sehen. Außerdem kämpfe sie mit den psychischen Nachwirkungen des Angriffs und befinde sich in einer Traumatherapie. Sie schilderte den Vorfall als einen brutalen Übergriff, der ohne jegliche Vorwarnung begonnen habe. Sie sei von dem Angeklagten beschimpft und dann mit Fäusten attackiert worden. Zwar könne sie sich aufgrund der Schwere ihrer Verletzungen nicht an jedes Detail erinnern, jedoch sei sie sich sicher, dass sie mehrfach um ärztliche Hilfe gebeten habe.
Während der Beweisaufnahme zeigte die Richterin schockierende Fotos der verletzten Frau, die das Ausmaß der Gewalteinwirkung verdeutlichten. Die Bilder dokumentierten die massiven Hämatome, die bei der Geschädigten festgestellt wurden. Darüber hinaus verlas die Richterin einen Auszug aus dem Bundeszentralregister, der insgesamt dreizehn Vorstrafen des Angeklagten auflistete. Diese reichten von Drogendelikten über Verkehrsverstöße bis hin zu gefährlicher Körperverletzung und Totschlag.
Staatsanwalt fordert drei Jahre und drei Monate Haft
Durch die Beweisaufnahme und die Aussagen der Zeugen sah der Staatsanwalt die Tat als nachgewiesen an. In seinem Plädoyer betonte er, dass die Schwere der Verletzungen und die Schilderungen der Zeugen eindeutig darauf hinwiesen, dass der Angeklagte die Frau misshandelt habe. Zwar habe es unterschiedliche Darstellungen der Ereignisse gegeben, doch die glaubwürdigeren Aussagen seien von der Geschädigten gekommen. Er forderte eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten.
Der Verteidiger hingegen plädierte auf eine deutlich mildere Strafe in Form einer Geldstrafe. Er stellte infrage, dass die Verletzungen tatsächlich durch eine direkte Handlung seines Mandanten verursacht worden seien. Vielmehr handele es sich um Mutmaßungen, die nicht zweifelsfrei belegt werden könnten. Der Verteidiger argumentierte zudem, dass der Treppensturz der Frau für die schwerwiegenden Verletzungen verantwortlich sein könnten. Im Übrigen rechtfertige die Alkoholisierung seines Mandanten eventuell eine verminderte Schuldfähigkeit.
Die Richterin folgte jedoch im Wesentlichen dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Sie sah es als erwiesen an, dass der Angeklagte die Geschädigte schwer misshandelt habe. Die Schwere der Tat, sowie die Vorstrafen des Angeklagten ließen keine mildere Strafe zu. Sie verurteilte den Angeklagten zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren. Aufgrund der Höhe der Strafe sei eine Bewährung ausgeschlossen.