Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Workshop zu Asylverfahren Viel Neues, viele Zusammenhänge

Annika Hesselmann vom Flüchtlingsrat Niedersachsen hat in Bruchhausen-Vilsen einen Workshop zum Thema Asylverfahren geleitet. Die Teilnehmer erfuhren viel Neues und viele Zusammenhänge.
07.04.2024, 15:19 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Von Rita Behrens

Bruchhausen-Vilsen. Für alle Interessierten in Bruchhausen-Vilsen bestand am Sonnabend die Gelegenheit, das Thema Asylverfahren in den Blick zu nehmen. Der Verein Lebenswege Begleiten bot im Gemeinschaftszentrum Haus am Markt einen adäquaten Workshop an. Als Expertin agierte Annika Hesselmann vom Flüchtlingsrat Niedersachsen, dessen Geschäftsstelle in Hannover angesiedelt ist. Seit 40 Jahren verknüpft der gemeinnützige Verein als unabhängiges Netzwerk „Flüchtlingsinitiativen, Wohlfahrtsverbände, Kirchengemeinden, Gewerkschaften und Einzelpersonen“. Auch die hiesige Einrichtung gehört dazu. Lebenswege Begleiten erfüllt seit 2015 im Auftrag der Samtgemeinde die Flüchtlingsbetreuung und Integrationsberatung.

Wie sich zu Beginn der Veranstaltung herausstellte, waren die meisten der knapp zehn Teilnehmer bereits ehrenamtlich als Asylbegleiter tätig. Einige engagierten sich zudem in der Schülerhilfe. Nach einer kurzen Einführung galt es, die möglichen Abläufe von Asylverfahren genauer in Augenschein zu nehmen. Vorbereitetes Material stellte Hesselmann zur Verfügung, womit sich bereits als erstes Ergebnis die relevante Abfolge von Asylverfahren herauskristallisieren ließ.

Danach wurden speziell die Folgen der Entscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge hinsichtlich gestellter Asylanträge reflektiert. So können bei einem positiven Resultat diverse Schutzformen zuerkannt werden: auf der Basis des Grundgesetzes eine Asylberechtigung, im Rahmen des Asylgesetzes der Flüchtlingsschutz oder der subsidiäre Schutz sowie anhand des Aufenthaltsschutzgesetzes (AufenthG) die Abschiebeverbote. In deren Kontext entsteht jeweils eine zeitlich unterschiedlich befristete Aufenthaltserlaubnis.

Andernfalls kann bei einer negativen Entscheidung eine Klage beim Verwaltungsgericht erhoben werden, um dem Status der „Duldung“ entgegenzuwirken oder gar einer „Abschiebung“ oder der quasi „freiwilligen Ausreise“. Wird mit dessen neuerlicher Bewertung die vormalige Entscheidung korrigiert, öffnet sich dadurch die Tür zu den möglichen, bereits genannten Schutzformen. Bleibt jedoch die Ablehnung für den Asylsuchenden bestehen, gilt im Regelfall wie zuvor die Duldung. Sie wird per AufenthG als „vorübergehende Aussetzung der Abschiebung“ definiert. Für die Asylsuchenden bedeute dieser Zustand, dass sie „ausreisepflichtige Menschen“ seien, erklärte Hesselmann.

Die Bleiberechtsregelungen sind jedoch sehr vielfältig. Zum Beispiel schützt die Ausbildungsduldung vor Abschiebung, wenn eine Ausbildung gemäß Paragraf 60c AufenthG erfolgt. Die Recherche zeigt: Im April 2022 lebten 572 Personen in Niedersachsen, auf die dieses besondere Kriterium zutraf. Als weitere Prämisse gilt etwa, dass ein Identitätsnachweis fristgerecht vorliegen muss.

Innerhalb der Schulung wurden zudem weitere Merkmale, die eine Aufenthaltserlaubnis ermöglichen, angesprochen. In diesem Kontext gerieten unter anderen das Anfang 2023 eingeführte Chancenaufenthaltsrecht, die Unmöglichkeit der Ausreise oder ausdrücklich die Situation in Härtefällen in den Blick. Bei Letzteren besteht für ausreisepflichtige Flüchtlinge die Chance auf eine Aufenthaltserlaubnis (§ 23a AufenthG), wenn sie sich mit einer schriftlichen Eingabe an die niedersächsische Härtefallkommission wenden. Die Ausreisepflicht wird für den Antragsteller zunächst ausgesetzt, sofern der Abschiebetermin nicht bereits feststeht.

Andererseits erhielten Vertriebene aus der Ukraine „sofort eine Aufenthaltsgenehmigung“ im Rahmen des AufenthG §24 infolge der seit März 2022 gültigen Änderung der europäischen Richtlinie (2001/55/EG). Sie müssen kein Asylverfahren durchlaufen. Ansonsten seien Flüchtlinge auf ihrem Weg zur Aufenthalts- oder gar zur unbefristeten Niederlassungserlaubnis, die „manchmal“ nach drei Jahren gelinge, bis hin zur Einbürgerung in der Regel auf die Hilfe von Rechtsanwälten und Beratungsstellen angewiesen, so die Expertin aus der Landeshauptstadt. Der Flüchtlingsrat berate ebenso Menschen, die von Abschiebung betroffen seien.

Vonseiten der Teilnehmenden wurde der Workshop positiv bewertet. Rafael Gheco äußerte, er habe viel Neues dazugelernt, insbesondere im Bereich der Härtefälle. Jörg Rodekohr konnte sich hier einen größeren Einblick in die Thematik zu verschaffen: „Ich will gerne dahinter blicken und die Zusammenhänge erfassen.“ Beide engagieren sich als ehrenamtliche Asylbegleiter im örtlichen Verein des Luftkurortes. Sarah Wiechmann, vor Ort als hauptamtliche Integrationsberaterin tätig, bedankte sich abschließend bei allen. Ihr Kollege Gottfried Voß fühlte sich nach seiner Aussage darin bestätigt, „dass immer noch etwas dazu gelernt werden kann und der Wert solcher Weiterbildungen nicht unterschätzt werden sollte“.

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)