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Ex-EWE-Chef Brückmann vor Gericht Folgen einer fantastischen Gala

In einer Erklärung hat Matthias Brückmann vor Gericht beschrieben, wie es im Jahr 2016 zur Spende an die Stiftung von Wladimir Klitschko kam. Der ehemalige Vorstandschef der EWE ist wegen Untreue angeklagt.
09.02.2022, 13:19 Uhr
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Folgen einer fantastischen Gala
Von Lisa Schröder

Von seiner fristlosen Entlassung erfuhr Matthias Brückmann am späten Abend übers Fernsehen. So erinnert der Manager sich heute an den einschneidenden Mittwoch im Februar 2017 zurück. Seine Zeit als Vorstandsvorsitzender der Oldenburger EWE endete mit einem Knall.

Fast genau fünf Jahre später sitzt Brückmann in einem Saal des Landgerichts Oldenburg, denn er ist wegen schwerer Untreue angeklagt. Im Fokus steht die Affäre um die Spende der EWE an die Stiftung von Wladimir Klitschko in Höhe von 253.000 Euro. Wie kam es dazu? Und war die Sache rechtens?

Zum Auftakt des Verfahrens am Mittwochmorgen erklärt der Angeklagte sich ausführlich – viel länger als Verteidiger Alfred Dierlamm es zuvor angekündigt hatte. Die Spende sei sein "größter politischer Fehler" gewesen, bereut Brückmann dabei. "Das tut mir bis heute leid."

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Den Ex-Boxweltmeister habe er kennengelernt, als man sich mit einem Freund zum Spiel des HSV gegen Hoffenheim traf. "Die Stimmung war hervorragend. Hoffenheim gewann damals 3:1", liest Brückmann seine Erklärung vor. Klitschko lud ihn während der Rückfahrt zum Hotel schließlich zur Spendengala nach Kiew ein. Bei der EWE habe man der Teilnahme an der Gala zum 40. Geburtstag Klitschkos zugestimmt. Brückmann und seine Frau flogen also in die Ukraine.

Lederjacke von Arnold Schwarzenegger

"Es folgte ein unglaublicher Abend", schaut der zwischen seinen Verteidigern sitzende Manager zurück. Die Stimmung sei "fantastisch" gewesen, eine Lederjacke von Arnold Schwarzenegger und Weltmeisterboxhandschuhe seien versteigert worden. Von der Arbeit der Stiftung, die Kinder und Jugendliche unterstützt, sei er sehr beeindruckt gewesen.

Als für das gewünschte Spendenziel noch ein Betrag fehlte, sagte Brückmann diese Summe zu. Er habe die positive Ausstrahlung der Stiftung für die EWE nutzen wollen, deren Image damals auf dem absoluten Tiefpunkt gewesen sei, erklärt Brückmann seine Beweggründe. Im Anschluss, berichtet der 59-Jährige, seien ihm aber Zweifel gekommen, wie sich der Schulterschluss mit der Stiftung bei der EWE verkaufen ließe. So entstand im Anschluss die Idee zum Sponsoring: Klitschko sollte als Gegenleistung für die Spende nach Oldenburg kommen und für die EWE werben.

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Aktiver Vorstand ebenfalls angeklagt

Neben Brückmann ist auch Michael Heidkamp mitangeklagt, der damals als Vorstand die zweite Unterschrift leistete, als es um die Zahlung an die Stiftung ging. Die Staatsanwaltschaft wirft beiden Männern vor, dabei wissentlich gegen die Richtlinien der EWE gehandelt zu haben. Heidkamps Verteidiger weist die Vorwürfe zurück. Sein Mandant sei davon ausgegangen, dass das Sponsoring ordnungsgemäß vorbereitet gewesen sei.

Bis heute ist Heidkamp Vorstand bei der EWE. Der Aufsichtsrat hatte ihm damals im Gegensatz zu Brückmann trotz der Vorkommnisse das uneingeschränkte Vertrauen ausgesprochen. In seiner Erklärung betont Heidkamp, dass er davon überzeugt gewesen sei, auf die Zahlung an die Stiftung werde eine Gegenleistung für den Energiekonzern folgen – mit einem Besuch Klitschkos in Oldenburg. Dazu ist es jedoch nie gekommen. Brückmann habe immer nur von "Wladimir" gesprochen. So habe er keinen Zweifel gehabt, dass das Verhältnis eng sei und der Boxer kommen werde. Als Brückmann ihn um die entscheidende Unterschrift gebeten habe, sei er davon ausgegangen, dass die Sache geprüft sei und sehr eilig. Ohne zu lesen habe er unterschrieben.

"Hetzjagd" der Presse

Brückmann muss sich neben der Spende auch für zwei weitere Taten verantworten – ebenfalls wegen Untreue. Es geht dabei um Einladungen nach Oldenburg, die privater Natur gewesen sein sollen, aber auf Kosten der EWE gingen. Hierzu äußerte sich Brückmann am Mittwoch noch nicht. In der nächsten Woche wird der Prozess fortgesetzt.

In seiner Erklärung zeichnete Brückmann nicht nur seinen Werdegang samt Erfolgen und Rückschlägen nach – angefangen bei den Eltern, dem Hof im Rhein-Neckar-Kreis mit dem Weinberg, mit Gänsen, Ponys "und 64 Schafen". Der Manager hatte bei seiner Erklärung auch das Bedürfnis, die Folgen der Affäre für ihn und seine Familie darzustellen. In der Presse habe es eine "Hetzjagd" gegeben, warf Brückmann Medien vor, er sprach von einer "Hinrichtung". Der Immobilienkredit für das Haus in Oldenburg sei ihm gekündigt worden. "Meine Frau wurde beim Schlachter nicht mehr bedient". Er selbst bekomme von Banken bis heute keinen Cent mehr – auch nicht für den Solarparkentwickler Wircon in Mannheim, dessen Geschäftsführer er heute ist.

Zur Sache

Vorwurf der Intrigen im Konzern

Der Aufsichtsrat der EWE entschied sich damals zum Rauswurf von Matthias Brückmann, weil es eine „Vielzahl diverser grober Verfehlungen“ gegeben habe. Die Stiftung hat einen Betrag der umstrittenen Spende an die EWE zurückgezahlt: rund 125.000 Euro. Brückmanns Darstellung zufolge gab es damals im Konzern Intrigen gegen seine Person. Der zu dieser Zeit zuständige Aufsichtsratschef Stephan-Andreas Kaulvers habe ihn gewarnt und beraten – laut Brückmann aufgrund eigener Erfahrungen mit Führungskräften.

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