Beim Oldenburger Energiekonzern EWE, zu dem die Bremer SWB gehört, sollen die Strom- und Gaspreise für den Endverbraucher perspektivisch wieder sinken. Für Kunden mit einem Laufzeitvertrag werden die Preise bereits zum 1. Mai sinken, wie bereits angekündigt. EWE-Chef Stefan Dohler versprach: "Auch für die Kunden, die Strom und Gas im Grundversorgertarif erhalten, werden die Preise zum 1. Juli sinken." In welchem Umfang das sein wird, wird die EWE rechtzeitig mitteilen.
Gleichzeitig warnte Dohler davor, dass die Kunden ab jetzt nicht von kontinuierlich sinkenden Preisen ausgehen sollten: "Es ist ein Irrglaube, wenn die Preise jetzt nur noch in eine Richtung gehen. Sollte der Winter kalt werden, und sollte China viel LNG einkaufen, dann könnten die Gaspreise auch ganz schnell wieder steigen." Sollte das der Fall sein, müsste auch die EWE entsprechend reagieren und die Preise wieder anheben. Dies sieht er auch vor dem Hintergrund des abgelaufenen Jahres: "Ein solches Jahr habe ich in meinem Berufsleben so noch nie erlebt."
Bald wieder Strom- und Gasverträge mit längeren Laufzeiten
Zwei Drittel der EWE-Kunden verfügen über einen Laufzeitvertrag, während ein Drittel im Grundversorgertarif ist. Dohler kann sich auch bald wieder Sonderverträge mit längeren Laufzeiten vorstellen – perspektivisch auch mit Laufzeiten von bis zu zwei Jahren, sowohl für Privatkunden als auch für gewerbliche Kunden.
Ebenso stellt die EWE fest, dass Privatkunden dem Unternehmen wieder den Rücken kehren und sich andere Anbieter suchen. "Wir sehen noch keine Massenbewegungen. Es passiert langsam wieder Wettbewerb, und wir versuchen unsere Preise entsprechend gut zu gestalten", stellte der EWE-Vorstandsvorsitzende fest. Seit Ende 2021 bekam der Energieversorger gut 100.000 Kunden bei Strom und Gas hinzu. "Die kamen von Unternehmen, die zum Teil in Insolvenz gingen, oder die die Kunden einfach nach Hause geschickt haben", sagt Dohler. Mehrere Anbieter kündigten einfach die Verträge, ohne dabei die Allgemeinen Geschäftsbedingungen einzuhalten. Einige dieser "Billiganbieter" sind nun wieder am Markt unterwegs. Dadurch, dass die Kosten für eine Kilowattstunde langsam unter die von der Bundesregierung gesetzten Preisbremsen rutschen, werde das auch Auswirkungen auf den Wettbewerb haben.
Dennoch hofft der EWE-Chef auf einen guten Blick der Kunden: "Ich hoffe, dass alle Kunden verantwortlich handeln, weil sich in der Vergangenheit einige auf Kosten der Kunden bereichert hatten." Beim Blick auf das eigene Geschäft formuliert es Dohler so: "Wir versuchen, unsere Preise so zu gestalten, dass wir keine Kriegsgewinner sind." Die EWE musste im vergangenen Jahr einige Summen an sogenannten Übergewinnen abführen. Gleichzeitig hatte das Unternehmen selbst einen Mehraufwand von 60 Millionen Euro durch den Wegfall der Gasmengen des russischen Gazprom-Konzerns. Diese Mengen musste die EWE entsprechend zu höheren Preisen auf dem Markt hinzukaufen. Ebenso musste sie zusätzliche Mengen an Strom und Gas zu aktuellen Preisen für die 100.000 Kunden hinzukaufen, die plötzlich von den Energiediscountern hinzukamen.
665 Millionen Euro Gewinn vor Zinsen und Steuern
Dennoch konnte die EWE ihren operativen Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) von knapp 355 Millionen Euro auf knapp 665 Millionen Euro steigern. Diesen Anstieg begründet EWE-Finanzchef Wolfgang Mücher so: "Die positive Entwicklung des operativen Ebit ist vor allem auf das Handelsgeschäft, die Gasspeicher und Windenergie zurückzuführen. Die Energiepreisentwicklung wirkte sich im Bereich Privat- und Geschäftskunden eher belastend auf das Ergebnis aus. Bei den Gasspeichern führte eine Ergebnisverschiebung von 2021 zugunsten des Geschäftsjahres 2022 zu positiven Effekten im vergangenen Geschäftsjahr."
Dass die EWE angesichts dieses Gewinns die Preise für Strom und Gas nicht noch weiter gesenkt hat, begründen Mücher und Dohler damit, dass man das Geld für die Investitionen in den kommenden Jahren benötigt – vor allem in alternative Energien. Entsprechend fällt auch die Dividende geringer aus: Hier sind Ausschüttungen in Höhe 35,5 Millionen Euro geplant gegenüber 185,4 Millionen Euro. Für die Städte und Landkreise mit EWE-Anteilen bedeutet das also weit über fünf Male weniger Einnahmen. Für manche Kommune ist diese Summe in den vergangenen Jahren immer als feste Größe im Haushalt eingeplant gewesen.
Der EWE-Umsatz lag 2022 bei 8,6 Milliarden Euro verglichen mit 6,1 Milliarden Euro im Vorjahr. Laut Finanzchef Mücher kann dies aber kaum Aussagen geben angesichts der gestiegenen Preise bei Strom und Gas. Die Bremer Konzerntochter SWB konnte ihren operativen Gewinn vor Zinsen und Steuern von knapp 63 Millionen Euro auf knapp 100 Millionen Euro steigern. Was zu dieser Steigerung geführt hat, wird die SWB in gut zwei Wochen auf einer gesonderten Bilanzpräsentation erläutern. Die EWE wiederum wird weiter in die alternativen Energien investieren, darunter auch Windkraftanlagen an Land.