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Wolfspaar im Landkreis Cuxhaven nachgewiesen Die Rückkehr des Wolfes

Schätzungen zufolge gibt es mehr als 300 frei lebende Wölfe in Deutschland, knapp über 50 davon in Niedersachsen. Doch wie viel Wolf können wir vertragen? – diese Frage stellte sich auch Hermann Kück, Wolfsberater vom Landkreis Cuxhaven, in seinem Vortrag „Der Wolf ist da“.
20.01.2015, 00:00 Uhr
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Von MILENA SCHWOGE

Es gibt sie wieder. Jahrzehnte lang waren sie hierzulande ausgestorben. Der letzte von ihnen wurde im Jahr 1904 getötet. Nun verbreiten sie sich wieder in deutschen Wäldern: Schätzungen zufolge gibt es mehr als 300 frei lebende Wölfe in Deutschland, knapp über 50 davon in Niedersachsen. Doch wie viel Wolf können wir vertragen? – diese Frage stellte sich auch Hermann Kück, Wolfsberater vom Landkreis Cuxhaven, in seinem Vortrag „Der Wolf ist da“.

„Diese Tierarten haben es geschafft, die Evolution völlig neu zu schreiben“, berichtete Hermann Kück fasziniert. Er ist Wolfsberater im Landkreis Cuxhaven. Im Stubbener Dorfzentrum berichtete er über seine Arbeit. Ihn würden viele Hinweise und Anrufe von Menschen erreichen, die glaubten, einen Wolf gesehen zu haben. „Oft handelt es sich um subjektive Äußerungen. Ich halte mich an die Fakten“, so der Wolfsberater. Zu den Fakten zählten unter anderem DNA-Nachweise, überprüfte Fotos oder eine bis zu 30 Kilometer lange Schrittfolge des Raubtieres.

„Der Wolf ist viel harmloser als sein Ruf“, betonte Kück gleich zu Beginn seines Vortrags. Das falsche Verständnis in der Gesellschaft sei durch die böse Darstellung des Wolfes in Märchen entstanden und entspreche nicht der Wahrheit. Erst kürzlich habe sich der Jäger und lebenslange Naturschützer über ein Warnschild im Südkreis von Cuxhaven geärgert, dass die Aufschrift „Achtung! Wolf-Streifgebiet – Gefahr für Mensch und Hund“ trug. „ Der Wolf ist ein ganz normales Wildtier“, stellte Kück klar.

Fünf Wolfsrudel seien bis Ende 2013 in Niedersachsen bekannt gewesen. „Wir haben eine dynamische Zunahme und die Zahl wird sich vermutlich noch in diesem Jahr auf sieben Rudel erhöhen“, sagte Kück. Auch im Landkreis Cuxhaven hat sich das Raubtier ausgebreitet. Bisher seien zwei Wölfe über DNA-Tests nachgewiesen worden. „ Wir haben eine Fähe, die aus Sachsen zugewandert ist und einen Rüden aus Munster“, erklärte Kück. Aufnahmen vom Dezember vergangenen Jahres hätten gezeigt, dass die beiden gemeinsam durch das Kreisgebiet wanderten. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich das Pärchen fortpflanze, sei hoch. „Ich gehe davon aus, dass es auch im Landkreis Cuxhaven bald das erste Rudel geben wird“, so Kück. Die Paarungszeit der Wölfe sei zwischen Ende Januar und Februar und stehe somit unmittelbar bevor.

Die Wölfe kämen zum größten Teil aus dem Osten Europas nach Deutschland und würden von den idealen Voraussetzungen angelockt werden. Dazu zählten beispielsweise die guten Bestände von Damwild und Wildschwein, die dem Beuteschema des Raubtieres entsprächen. „Der Wolf ernährt sich zu 94 Prozent von Schalenwild“, erklärte Kück. Also Paarhufern. Leider vergreife er sich aber auch an den Nutztieren der Landwirte.

Mit einem Fernsehausschnitt zeigte der Wolfsbeauftragte, welche Gefahren das Raubtier für Bauern und ihre Tiere mit sich bringen könne. Dabei ging er unter anderem auf einen Vorfall ein, der sich 2014 in Uthlede ereignete. Fast 20 Schafe von Züchter Heinz Blendermann wurden Opfer einer Wolfsattacke. „Normalerweise reißt ein Wolf ein Schaf und verschwindet dann. In diesem Fall liefen die Schafe wild über die kleine Wiese, sodass er sie nur schwer kriegen konnte“, erklärte Kück. Zwar sei der Wolf in diesem Fall nicht über seine DNA nachgewiesen worden, dennoch vermutet Kück, dass die Wölfin dafür verantwortlich gewesen sei.

Eine ähnliche Situation, bei der sieben Schafe getötet wurden, habe es in Lintig gegeben. In Lamstedt seien 2014 erstmalig auch Rinder vom Wolf gerissen wurden. Viele Landwirte fürchteten daher um ihre Nutztiere, die sie in freier Natur halten. „Ich empfehle den Nutztierhaltern, ihre Herden wolfssicher einzuzäunen“, sagte Kück. Mit einer neuen Förder- und Entschädigungspraxis wolle das Land niedersächsischen Weidetierhaltern die Angst vor Wolfsangriffen nehmen. Dafür würden jährlich 100 000 Euro für den Herdenschutz bereitgestellt, die auch für Präventionsmaßnahmen wie die Ziehung eines Zaunes verwendet werden könnten.

„Das Fördergeld reicht nicht. Ich bräuchte schon den Großteil davon allein für die Erstaufstellung der Zäune für meine 40 Hektar große Fläche“, berichtete Bernhard Börsmann in der anschließenden Diskussionsrunde. Ein Zaun brauche auch nach dem Bau weiterhin Pflege, Stromkosten und das Umlegen von Gräben erhöhten die Ausgaben zusätzlich. Hinzu käme, dass der Zuschuss noch unter den Landwirten in Niedersachsen aufgeteilt werden müsste, so der Landwirt aus Stubben.

Fragen wie „Was ist mit Wanderschäfern“ oder „Wie sieht die Perspektive der Deichschafe aus?“ wurden bei der hitzigen Diskussion in den Raum geworfen. Erschwerend hinzu käme außerdem, dass der Wolf seit dem Jahr 1990 unter Naturschutz stehe und nicht gejagt werden dürfe. „Der Wolf genießt den höchsten Schutzstatus neben dem Luchs. Wir kriegen ihn aber nur über das Jagdrecht in den Griff“, sagte Kück. Allerdings sollte davon nur bei Problemfällen Gebrauch gemacht werden.

Zusätzlich gebe es die Möglichkeit, wolfsfreie Zonen zu schaffen und gleichzeitig Gebiete zu schaffen, in denen die Wölfe leben können. Ziel sollte es sein, einen günstigen Erhaltungszustand der Wolfspopulation zu erreichen. „Es ist ein schwieriges Thema, das die Politik lösen muss. Ich habe da aber so meine Bedenken“, so Kück.

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