Landkreis Osterholz. Martina Warnken wünscht sich mehr Optimismus. Die Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft „Urlaub und Freizeit auf dem Lande in Niedersachsen“ ist überrascht, mit wie vielen Vorbehalten Gastronomen den Lockerungen nach dem Corona-Lockdown begegnen. „Das klingt oft so negativ, da ist von Zumutungen die Rede, natürlich wünschen wir uns das alles anders“, räumt die Vorsitzende des Landesverbandes für Landtourismus ein. „Aber wir sind froh, dass es endlich wieder losgehen kann.“ Um Betrieben den Wiedereinstieg zu erleichtern, gibt der Landtourismusverband ein rechtlich abgesichertes Konzept für alle diejenigen heraus, die in Pandemie-Zeiten Gäste empfangen.
Seit dem 21. März waren gastronomische Betriebe, Hotels und Ferienhäuser in Niedersachsen geschlossen. Bereits zwei Tage nach dem Lockdown unterschrieb Martina Warnken einen Brandbrief an das Bundeswirtschaftsministerium, um auf die prekäre Lage von Ferienhofbetreibern aufmerksam zu machen. Gemeinsam mit elf Landtourismus-Verbänden, unter anderem aus Bayern, Brandenburg, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg, setzte sich Warnken damit für über 250 Betriebe in Niedersachsen ein. „Es ist wichtig, dass wir uns zusammentun“, sagt die Vorsitzende. „Der Shutdown war für alle schwierig. Umso mehr kommt es in der Lockerungsphase auf Solidarität in der Tourismusbranche an.
Schwierig, aber machbar
Seit Beginn dieser Woche ist die zweite Stufe des niedersächsischen Lockerungsplans in Kraft. „Am 4. Mai habe ich die Landespressekonferenz verfolgt, in der Ministerpräsident Weil und Wirtschaftsminister Althusmann den geplanten Fünf-Stufen-Plan zum Wiedereinstieg vorgestellt haben“, erinnert sich Warnken. „So schnell hatten wir nicht mit einer Maßnahmenlockerung im Tourismus gerechnet. Frühestens zu Pfingsten, eher zum Beginn der Sommerferien.“ Neben Restaurants und Gaststätten dürfen nun auch Vermieter von Ferienwohnungen wieder Gäste empfangen. Viele Vorschriften gehen damit einher. „Es ist schwierig, aber machbar“, sagt die Verbandsvorsitzende.
Unterstützung bekommt Warnken von Pferdehofbetreiberin Jessica Tietjen. „Die Buchungen kommen wieder rein“, sagt die Lilienthalerin. „Die Leute wollen raus. Wir haben gleich in der ersten Woche der Lockerungen zwei Familien zu Besuch.“ Klar, es gebe Einschränkungen. „Aber die Alternative ist: Wir machen alles auf und werden alle krank“, entgegnet Tietjen der Kritik am Lockerungsplan.
Auch Martina Warnken sieht trotz massiver Verluste positiv in die Zukunft. Denn mit der ersten öffentlichen Bekanntmachung kamen die Buchungsanfragen zurück. „Es schien fast so, dass alle nur auf diesen Startschuss gewartet haben.“ Warnken stimmt Tietjen zu: „Viele Menschen sind jetzt urlaubsreif und brauchen einen Tapetenwechsel.“
Die Warnkens sind eigentlich Landwirte. Sie leben mit ihren drei Kindern in Huxfeld. Seit knapp 20 Jahren vermieten sie Ferienwohnungen auf ihrem Hof. Zwischendurch zeigen sie Gästen, wie man Kühe melkt, Ponys reitet und Kaninchen streichelt. In den vergangenen Wochen gingen auf dem Huxfeld-Hof insgesamt 46 Stornierungen ein. „Das ist ein Verlust von 20 Prozent des Jahresumsatzes“, rechnet Warnken vor. Einige Gäste hätten zwar auf einen späteren Zeitraum umgebucht. Dem Großteil mussten die Warnkens jedoch die Anzahlungen zurückzahlen.
An den Feiertagen ausgebucht
Dann kamen die Lockerungen. „Im Moment sind wir ausgebucht, da wir ja auch die Sieben-Tage-Regelung beachten müssen“, erklärt Vermieterin Warnken. Die Regelung besagt, dass jede Wohnung nur einmal pro Woche vermietet werden darf. So sieht es die Corona-Verordnung vor. Das sei wirtschaftlich schwierig. „Aber besser als nichts!“ Auch die Nachfrage für Juni bis Oktober sei groß. Himmelfahrt und Pfingsten sei der Huxfeld-Hof ausgebucht. Die Kasse sei zwar immer noch leer, aber die Stimmung steige mit jeder Anreise, berichtet Warnken. Zunächst sei auch nicht klar gewesen, ob landwirtschaftliche Betriebe Soforthilfe beantragen können. Dafür habe sich der Landesverband für Landtourismus dann eingesetzt. „Wir haben die Bundesmittel Anfang April beantragt, jedoch bisher keine Zahlung erhalten“, berichtet Warnken weiter. Das sei frustrierend. Den Totalausfall der Vermietung über acht Wochen könne man ohnehin nicht kompensieren. Aber es wäre eine wichtige Unterstützung gewesen.
Ihre Freude über die Lockerungen will sich Warnken dennoch nicht nehmen lassen. Sie glaubt, „dass der Deutschlandtourismus und Urlaub auf dem Lande nach der Corona-Krise noch mal deutlich an Bedeutung gewinnen wird.“ Zudem hätten die Ferienhöfe in der Region ein gemeinsames Konzept erstellt, um mit den Herausforderungen der Pandemie besser umgehen zu können. Neben einem Skript zu Hygienemaßnahmen gibt es eine Selbsterklärungsverpflichtung für Gäste, die Vermieter auch rechtlich absichert. Der Bundesverband für Landtourismus hat Konzepte und Handouts für Gäste prüfen lassen. Interessenten können sich an die Arbeitsgemeinschaft Urlaub und Freizeit auf dem Lande wenden. Weitere Infos gibt es unter www.bauernhofferien.de und telefonisch unter 0441/ 361 06 00 sowie unter info@bauernhofferien.de.