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Frühstück bei... Mario Böschen Der DGB-Neustarter

Der Deutsche Gewerkschaftsbund braucht jüngere Aktive. Davon ist Mario Böschen überzeugt. Wir haben mit dem Faun-Betriebsratsvorsitzenden und neuen DGB-Chef im Kreis Osterholz gefrühstückt.
27.08.2021, 18:00 Uhr
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Von Ulf Buschmann/bom

Landkreis Osterholz. Gemütlicher geht es kaum noch – zumindest zum Frühstückstermin. Schuhe ausziehen, erst einmal die Sachen ablegen und hinsetzen. Mario Böschen bereitet seinem Besuch unterdessen einen Kaffee zu - frisch gemahlen aus ganzen Bohnen.

Böschen, 52 Jahre alt und Betriebsratsvorsitzender bei Faun, hat Anfang Juni eine weitere Aufgabe übernommen: Er ist nun auch Vorsitzender des Kreises Osterholz des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB). Während er sich seine erste Brötchenhälfte belegt, macht er klar: „Es ist ein Neustart.“ Mario Böschen meint damit sein gewerkschaftliches Engagement: „Ich war bisher ja nur Delegierter.“ Und es sei nicht nur ein kleiner, sondern durchaus ein größerer Neustart. Hintergrund: Dem DGB fehlt der Nachwuchs – die Anzahl jüngerer Mitglieder ist überschaubar.

Dabei habe es der DGB-Kreis Osterholz noch gut, findet sein neuer Chef nach einem Schluck Kaffee, andere zumindest noch auf dem Papier bestehende Kreise lägen völlig am Boden. Ein Umstand, für den die Gewerkschaften nach Überzeugung von Mario Böschen selbst verantwortlich sind. „Sie haben zu lange an alten Tugenden festgehalten“, sagt er. Gewerkschaften müssten sich mehr mit den Situationen und Problemen in den einzelnen Betrieben auseinandersetzten.  „Großbetriebe wie zum Beispiel die Bremer Stahlwerke haben andere Probleme als Airbus, oder mittelständische und Kleinbetriebe.“

Nach einem Bissen in die mit Zungenwurst belegte Brötchenhälfte macht Mario Böschen aber auch deutlich: „Grundsätzlich halte ich es für wichtig, dass es solche Organisationen wie die Gewerkschaften gibt.“ Gerade den jungen Menschen müsse erklärt werden, wer dafür gesorgt habe, dass es die heutigen sozialen Sicherungssysteme wie Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, einen Urlaubsanspruch von 30 Tagen und anderes gebe: Es waren die Gewerkschaften.

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Böschen hofft darauf, dass es in der Folge auch wieder mehr jüngere Mitglieder gibt. Leider seien die engagierten Menschen um die 50 Jahre  inzwischen die Nesthäkchen. Die Jüngeren, insbesondere die 30- bis 40-Jährigen, zu erreichen, gelingt aus Sicht des Osterholzer DGB-Vorsitzenden nur dann, wenn sich die Gewerkschaften mit den „veränderten Beschäftigungsverhältnissen“ befassen. Kern des Ganzen seien die niedrigeren Einstiegsgehälter gerade für Ingenieure. „Die Einkommensstruktur hat sich verschlechtert“, befindet Mario Böschen zwischen zwei Schlucken Kaffee. Wer weniger verdiene, müsse sich einen Nebenjob suchen – gewerkschaftliches Engagement falle dann hinten herunter.

Er schaut kurz nachdenklich auf seine zweite Brötchenhälfte auf dem Teller. „Die Gewerkschaften sollten sich mehr politisch engagieren“, platzt es im nächsten Moment aus ihm heraus. Für den Landkreis Osterholz sei das geplant. Doch leider habe die Pandemie auch den Gewerkschaften „die Beine weggezogen“, weiß  Böschen. Bevor nämlich das Coronavirus im vergangenen Jahr Gesellschaft und Wirtschaft lahmlegte, hätte der DGB eine Reihe von Veranstaltungen mit unterschiedlichen Themenblöcken geplant. Diese fielen komplett aus – unter anderem deshalb, weil die Leute wegbrachen, die sich engagiert hatten.

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Während des Gesprächs kommt Mario Böschens Frau kurz dazu. Sie arbeitet seit 15 Monaten von zu Hause aus – und ihr Mann kommt aufs Thema Digitalisierung zu sprechen. Hier stehe die komplette Wirtschaft, aber auch die Gesellschaft „noch ganz am Anfang“. Er fährt fort: „Wir müssen lernen, das jetzt auszubauen.“ Was einerseits notwendig sei, löse bei den Gewerkschaften aber auch eine gewisse Angst vor der Entfremdung der Menschen untereinander aus. Auch er selbst hege in Sachen Digitalisierung eine gewisse Skepsis  – weniger wegen einer damit einhergehenden Entfremdung, sondern weil er glaube, die Arbeitgeber würden dies ausnützen. Einerseits habe es Arbeit von zu Hause aus für Ingenieure und Büromenschen schon viel länger gegeben. Andererseits, betont der Gewerkschafter noch einmal: „Wir sind dafür noch nicht aufgestellt. Da müssen wir dranbleiben.“

Auch an der Frage, wie man Ingenieure oder außertariflich Beschäftigte als Gewerkschaft erreiche. Leider sei man  in der Regel ja nur bei Streiks und Krisen sichtbar, sonst würden Gewerkschaften nicht wahrgenommen. Dabei, so betont Mario Böschen: „Gewerkschaften sind ein Eckpfeiler unserer Gesellschaft.“

Zur Sache

Würfelspiel zur Wahl

Der DGB veranstaltet unter dem Titel "Echt gerecht – deine Wahl" am Freitag, 3. September,  von 11 bis 12.30 Uhr vor der Willehardi-Kirche in Osterholz-Scharmbeck einen ganz speziellen Wahl-Check: Auf einem überdimensionierten Spielfeld mit Feldern zu unterschiedlichen Themen würfeln sich die Osterholzer Bürgermeister-Kandidaten Marie Jordan, Torsten Rohde und Jörg Fanelli-Falcke durch das Spiel und beantworten dabei in längstens zwei Minuten themenbezogene Fragen, die Moderator Mario Böschen stellt.

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