Axstedt. Von der Wohnungstür ist nichts mehr zu sehen. Sie ist mit zwei Lagen dicker Folie und festem Klebeband versiegelt. „Die Türschlitze haben wir vorher auch noch versiegelt“, erklärt Michel Feldhus. Seine Wohnung liegt auf dem Flur gegenüber. Mit den Schimmelsporen der Nachbarwohnung möchte er verständlicherweise nicht in Berührung kommen. Feldhus ist erst seit einigen Monaten in die renovierte Wohnung in der Straße „Unter den Eichen“ in Axstedt gezogen. In einigen Tagen soll auch die Tochter einziehen. Feldhus ist deshalb ein wenig besorgt. Ärger mit Schimmel hat er in seiner Wohnung akut nicht. Doch der Nachbar, Hartmut G., musste vergangene Woche wegen Schimmelbelastung in ein Krankenhaus gebracht werden.
„Wir mussten den Notarzt rufen“, schildert Elke Königshoven, ebenfalls Hausbewohnerin. Hartmut G. ist behindert und lebte allein mit seinem Hund in der Wohnung im Ortsteil Wolthöfen. Er hatte sich zur Wohnungstür geschleppt und war im Hausflur zusammengebrochen, erzählen die Nachbarn. Noch im Krankenwagen wurde der Mann stabilisiert, bevor es ins Krankenhaus ging. Schuld an seinem Zustand soll der Schimmelbefall in seiner Wohnung sein. Der Notarzt habe ihnen geraten, die Wohnung sofort zu versiegeln. Geschützt mit Atemschutzmasken machten sich die Nachbarn ans Werk. Den Hund von Hartmut G. nahm Elke Königshoven zunächst in ihre Wohnung mit. Inzwischen hat sie ihn im Tierheim abgegeben. „Er war auch voller Schimmel“, beschreibt sie seinen Zustand.
Hartmut G. hat nicht nur gesundheitliche Probleme. „Er hat praktisch alles verloren“, glauben Feldhus und Königshoven. Alle Sachen, die sich noch in der Wohnung befinden, müssten entsorgt werden. Davon gehen sie aus. „Ich habe schon mit den Johannitern gesprochen“, sagt Michel Feldhus. Sie hätten ihre Unterstützung durch Sachspenden zugesagt. Sie wollen aber auch in der Nachbarschaft fragen, ob sie helfen können.
Wie es mit der Wohnung weitergeht ist noch offen. Die Häuser in Wohlthöfen wurden 1957 und 1967 gebaut. Insgesamt entstanden 83 Wohnungen für Soldaten und zivile Angestellte der Bundeswehr, die im Flugabwehrraketenbataillon 36/31 (Fla Rak) oder im Munitionsdepot (Mun-Depot) Lübberstedt arbeiteten. Als die Soldaten abgezogen wurden, standen die Wohnungen zunächst leer. Später wurden sie günstig verkauft.
Komplizierte Eigentumsverhältnisse
Die vier Wohnungen des nun betroffenen Hauseingangs haben unterschiedliche Eigentümer, alle sind vermietet. Die Schimmelbildung liege an den alten Fassaden, war aus der Nachbarschaft zu hören. An die 50 Eigentümer gibt es in der Anlage in Axstedt insgesamt, erläutert Timm Bruns von der Firma Cordes und Bruns, die die Hausverwaltung übernommen hat. Sie vertritt die Eigentümergemeinschaft, bei der auch die Verantwortung liege. Sollte es tatsächlich Schäden an den Außenwänden geben, müsste die Eigentümergemeinschaft Maßnahmen beschließen, erklärt Bruns die Abläufe. Cordes und Bruns werde dann beauftragt, entsprechende Arbeiten zu vergeben. Die Finanzierung müsste die Eigentümerversammlung übernehmen. Aktuell seien ihm aber keine Probleme mit den Fassaden bekannt. Immer wieder gibt es Schimmel in alten Häusern. Mieter und Eigentümer streiten sich meist über die Ursache. Die einen vermuten in solchen Fällen Baumängel. Die Eigentümer verweisen auf falsches Lüften. Mindestens einmal am Tag müssten Wohnungen stoßbelüftet werden, damit Feuchtigkeit entfernt wird. Tatsächlich gibt es laut Verbraucherzentrale verschiedene Gründe für Schimmelschäden in Wohnräumen: unzureichendes Lüften, zu sparsames Heizen oder bauliche Mängel. Feuchtigkeit gilt als Hauptursache. Besonders ältere und schlecht gedämmte Gebäude mit vielen Wärmebrücken seien anfällig. Experten warnen: Schimmelpilze können die Gesundheit beeinträchtigen. Vor allem bei gesundheitlich vorbelasteten und immungeschwächten Menschen kann Schimmel gefährlich sein. Bei einem Verdacht sollte ärztlicher Rat eingeholt werden.
Ansprechpartner ist normalerweise der Vermieter. Wird der Mangel nicht beseitigt, könne der Bewohner die Miete kürzen, so die Verbraucherberater. Wegen des komplexen Themas könne auch rechtlicher Beistand helfen.