Dass das Wasser nach langen Regenphasen auch mal in den Kellerschächten steht, ist für Evelyn und Diethard Wolters nicht Ungewöhnliches. "Aber so hoch wie zuletzt, war es noch nie", sagen die Anwohner des Wiesendamms, die ihr Haus 1987 gebaut haben. Der Garten der Familie grenzt direkt an die Wörpe. Die sei während des Hochwassers an Weihnachten und zu Jahresbeginn zwar sehr voll gewesen, aber nur an einer kleinen Stelle über die Ufer getreten. "Der Regen macht die Probleme, und wenn der Grundwasserstand dann sehr hoch ist, läuft es bei uns rein, es ist ein Zusammenspiel", sagt Diethard Wolters. Sorge bereiten ihm und seiner Frau nun das Gewerbegebiet, das auf der gegenüberliegenden Seite des Gartens der Familie entstehen soll. Was passiert dann künftig bei solchen Hochwasserereignissen?
Wasser in den Kellerschächten
Am ersten Weihnachtstag habe sie gesehen, dass das Wasser in den Kellerschächten stand, erzählt Evelyn Wolters. "Wir müssen was tun, habe ich zu meinem Sohn, der zu Besuch war, gesagt." Die etwa 15 Zentimeter hohen Plexiglasscheiben, die die Eheleute schon seit Langem vor die Fenster installiert haben, um ein Eindringen des Wassers durch die Rahmen zu verhindern, hätten nichts gebracht. "Das Wasser stand viel höher und lief in einigen Kellerräumen sogar die Wände hinunter", sagt Evelyn Wolters. Vier Pumpen sprangen über mehrere Tage alle 20 Minuten an, um die Schächte so gut es ging, trocken zu bekommen. Genützt hat es nicht viel, etwa fünf Zentimeter standen die Kellerräume unter Wasser.
Diethard Wolters geht davon aus, dass es nicht die letzte Überschwemmung dieser Art war. "Das Wasserproblem wird sich verstärken, allein durch die Klimaveränderungen", sagt er. Vor allem bei Starkregenereignissen komme es zu überschwemmten Kellerschächten. "Manchmal ist auch jahrelang Ruhe", sagt seine Frau. Das Ehepaar befürchtet jedoch, dass das Gewerbegebiet das Problem verstärken könnte.
Bedenken kundgetan
Noch hat die Familie von ihrer Terrasse einen freien Blick über die Felder bis hin zur Wörpedorfer Straße. Geht es nach den Plänen der Gemeinde, dann sollen möglichst noch in diesem Jahr die ersten Baumaschinen anrücken, um Grasberg-West zu verwirklichen. Diethard Wolters geht davon aus, dass das Gelände aufgeschüttet wird, um es an das Niveau der Wörpedorfer Landstraße anzugleichen. Hinzu komme die Flächenversiegelung. "Das Wasser fließt dann zum tiefsten Punkt, die Wörpe, kann dort nicht abfließen und unser Keller steht unter Wasser", glaubt das Ehepaar.

Evelyn Wolters und ihr Mann befürchten, dass die Errichtung des Gewerbegebiets Grasberg-West zu stärkeren Überschwemmungen führt.
Schon während des jüngsten Hochwassers seien die Flächen zwischen Wörpe und dem Spazierweg am Ützenbarg stark überflutet gewesen. "Man dachte zwischenzeitlich, wir wohnen an einem See", sagt Evelyn Wolters. Zudem sei ihnen nicht klar, wohin das Wasser aus dem Regenrückhaltebecken, das ebenfalls auf der Fläche des Gewerbegebiets gebaut werden soll, fließen soll, wenn die Wörpe ohnehin voll sei. Ihre Bedenken haben die Eheleute nun auch schriftlich kundgetan, als die Unterlagen für die Pläne des Gewerbegebiets auslagen. "Die Wetterereignisse nach Weihnachten haben uns in unserer Sorge bestätigt", sagt die Grasbergerin.
Sowohl der Investor als auch die Gemeinde sehen keine Probleme bei Hochwasserlagen. Schließlich gebe es ein Konzept für die Oberflächenentwässerung. "Das Oberflächenwasser wird in einem Regenrückhaltebecken gesammelt, dann gedrosselt und schließlich kontinuierlich in die wasserführenden Gräben und die Wörpe eingeleitet", sagt Claus Meyer von der Firma Schausberger Immobilien, die gemeinsam mit der Gemeinde Grasberg das acht Hektar große Gewerbegebiet entwickeln will. Diese Oberflächenentwässerung müsse vom Landkreis genehmigt werden, schließlich müsse sie nicht nur den Regeln entsprechen, sondern vor allem auch funktionieren.
Das Prinzip allerdings ändere sich durch die geplante Bebauung nicht, denn schon jetzt laufe das Regenwasser in dem Gebiet über den vorhandenen Graben in die Wörpe, da der Boden dort nicht versickerungsfähig ist, erklärt auch André Bischof, allgemeiner Stellvertreter der Bürgermeisterin. Zudem sei die Oberkante der Wörpe auf der Seite der Bebauung, also am Wiesendamm, zwölf Zentimeter höher als auf der gegenüberliegenden Uferseite.
Gelände wird nicht aufgeschüttet
Das Gewerbegebiet liege auch nicht im Überschwemmungsgebiet, wie Meyer erneut betont. "Während des jüngsten Hochwassers waren unsere Flächen immer trocken", sagt er. "Wir wissen, was das Grundstück kann und was nicht." Deswegen sei er auch nicht beunruhigt, was künftige Hochwasserereignisse angehe.
Der Annahme, das Gelände werde aufgeschüttet, widersprechen Bischof und Meyer ebenso. "Es wird eine Erschließungsstraße geben, die vom Gewerbegebiet leicht zur Wörpedorfer Straße ansteigt, aber es wird kein Plateau geschaffen, um die gesamte Fläche auf Straßenniveau zu bringen", erklärt der Investor. Die Gebäude allerdings werden später, wie üblich, auf Sandkoffern stehen, sagt Meyer. Das entspreche den Regeln der Bautechnik.