Schien die Frage, wer künftig die Geschäfte im Grasberger Rathaus führen wird, längst beantwortet, könnte der Weg bis zur Wahl am 9. November noch einmal interessant werden. Zwar steht mit Stefan Ritthaler seit Wochen ein Mann für das Amt des Bürgermeisters bereit. Nun aber hat sich ein weiterer Bewerber gemeldet: Der 52-jährige John Hansen will ins Rennen ums Rathaus einsteigen. Bei der Gemeindeverwaltung an der Speckmannstraße habe er sein Interesse bereits hinterlegt. Nun gilt es für ihn, auch bei den Bürgerinnen und Bürgern um Unterstützung zu werben.
Mit Hansen strebt ausgerechnet ein Lilienthaler an, die Geschicke der Verwaltung in den kommenden Jahren zu führen. Und zwar nicht irgendeiner. Hansen sitzt seit Jahren dem Lilienthaler Gemeinderat vor und ist als FDP-Vertreter Mitglied der Mehrheitsgruppe in diesem Gremium. Zugleich ist er Vorsitzender des nach seinen Angaben derzeit 68 Mitglieder starken Kreisverbands der FDP in Osterholz. Dessen Rückendeckung für sein Ansinnen, in Grasberg einzusteigen, habe er sich bereits versichert, sagt Hansen im Gespräch mit der Redaktion.
Das allein aber wird nicht ausreichen, um als Kandidat bei der Bürgermeisterwahl antreten zu dürfen. Stattdessen muss er bis Ablauf der Meldefrist am 6. Oktober mindestens 60 Unterstützerunterschriften aus Grasberg im Rathaus vorlegen können. Sie wären die Eintrittskarte, um am Wahltag im November auf dem Stimmzettel neben Stefan Ritthaler und etwaigen weiteren Bewerbern stehen zu können. Hansen gibt sich zuversichtlich, dass er die Stimmen in den kommenden Wochen zusammenbekommt. Er wolle die Zeit nutzen, sich den Menschen in der Gemeinde vorzustellen und für seine Ideen zu werben.
In diesem Rahmen würde er dann gewiss auch erklären müssen, wie man als einer, der seit 2007 im benachbarten Lilienthal zu Hause ist, auf die Idee kommt, plötzlich die Gemeinde Grasberg führen und damit in einer CDU-Hochburg die Nachfolge der langjährigen Bürgermeisterin Marion Schorfmann antreten zu wollen. Der 52-jährige ehemalige Berufssoldat und derzeitige Freiberufler sieht in seiner Herkunft aber keinen Nachteil. Im Gegenteil: Als jemand, der schon lange in der Kommunalpolitik aktiv sei und allein zehn Jahre im Gemeinderat in Lilienthal vorzuweisen habe, könne er einige Erfahrung einbringen. Der Blick über die Gemeindegrenzen falle ihm leicht, er könnte helfen, die schon an mehreren Stellen gut funktionierende interkommunale Zusammenarbeit der drei Ostkreisgemeinden Grasberg, Lilienthal und Worpswede auszubauen.
Auch die Modernisierung der Verwaltung könnte eines seiner Themen werden, wie er sagt. Bei der Bundeswehr sei er im Logistiksektor tätig gewesen, das Organisieren falle ihm leicht. Er stelle sich vor, die Digitalisierung voranzutreiben und das Maß der Bürgernähe zu erhöhen. Zugleich wolle er die wichtigen Baustellen der Gemeinde angehen: den Bedarf an Wohnraum decken helfen und das ewige Thema Gewerbegebiet angehen: "In Grasberg gibt es Firmen, die darüber nachdenken, die Gemeinde zu verlassen, weil es das neue Gewerbegebiet bis heute nicht gibt", sagt Hansen.
Dass es nicht leicht werden dürfte, gegen Stefan Ritthaler Punkte zu sammeln, sei ihm gleichwohl klar. Ritthaler ist gut zehn Jahre jünger als Hansen und im Gemeindegebiet zu Hause. Zugleich verfügt er über umfassende Verwaltungserfahrung durch Tätigkeiten beim Landkreis Osterholz, in Grasberg selbst, nicht zuletzt als Stellvertreter der Bürgermeisterin. Seit einigen Jahren ist er als Verwaltungsvorstand bei der Samtgemeinde Zeven tätig. Ritthaler ist zwar parteilos, wurde aber von der im Ort dominanten CDU als Kandidat aufgestellt. Auch die Grasberger SPD und die Grünen haben signalisiert, den 41-Jährigen unterstützen zu wollen.
Für John Hansen ist diese vermeintlich klare Angelegenheit kein Hindernis, sondern ganz in Gegenteil eher Ansporn, auch seinen Hut in den Ring zu werfen. Er wolle nicht zuletzt als Demokrat dazu beitragen, dass die Grasbergerinnen und Grasberger am 9. November nicht nur Ja oder Nein ankreuzen müssen, sondern "eine echte Wahl" haben zwischen zwei oder mehreren Kandidaten. "Das", so Hansen, "ist doch die Demokratie, wie wir sie haben wollen."
Hansen stellt in Aussicht, seinen Wohnort in absehbarer Zeit zu verlegen. Noch wohnt er mit seiner Ehefrau in Lilienthal-Falkenberg. Gut möglich sei es aber, dass die Hansens wörpeaufwärts nach Grasberg umziehen. In diesem Fall wäre Hansen sein Mandat im Lilienthaler Gemeinderat und damit auch den Posten als Ratsvorsitzender übrigens los. Denn für Ratsmitglieder gilt eine Residenzpflicht. Für Bürgermeister gilt das nicht. Sie müssen nicht zwingend im Gemeindegebiet wohnen.