Grasberg. Der Krieg in der Ukraine treibt die Spritpreise in nie gekannte Höhen. In nur einer Woche hat sich Diesel um fast 40 Cent verteuert. Das teilt der ADAC mit. Im bundesweiten Tagesdurchschnitt kostete der Kraftstoff am Dienstag 2,15 Euro pro Liter. Am Donnerstagmittag klettern die Preise für Diesel im Landkreis Osterholz auf 2,36 Euro, Super 95/E10 kostet 2,23 Euro, Super 95 liegt bei 2,29 Euro, für Super 98 Energy müssen Kundinnen und Kunden um 2,37 Euro zahlen. Was sagen Verbraucherinnen und Verbraucher an der Tanksäule? Volltanken oder sparen? Die Wümme-Zeitung hat sich umgehört.
Jacqueline Boenecke, Mitarbeiterin von Hanschens Tanktreff in Huxfeld, hat einen Zettel an die Plexiglas-Scheibe vor ihrem Tresen geheftet. "Liebe Kunden, wir können nichts dafür, dass der Sprit so teuer ist. Vielen Dank für Ihr Verständnis." Die meisten kommen rein und lächeln noch, berichtet Boenecke. "Doch viele sind auch genervt. Zurzeit steigen die Preise jeden Tag im Schnitt um 10 Cent."
Was sagen Autofahrerinnen und Autofahrer?
Einer, für den das "schwierig" ist, wie er sagt, ist Sven Winkelmann. Der Grasberger kommt mit seinem Deutz-Trecker regelmäßig zu Hanschens. 60 Liter tankt er diesmal. "Einmal voll. Wer weiß, wie teuer das morgen wird", sagt er. Für ihn als Landwirt seien die steigenden Energiepreise generell ein Problem. "Ohne Mehrwertsteuersenkung ist das bald nicht mehr zu stemmen", so der Grasberger. Die müsste runter auf sieben Prozent, "möglichst bald."

Autofahren ist für Bärbel Leckzik momentan nicht mehr so oft drin.
Bärbel Leckzik ist auf dem Weg zum Einkaufen. "Ich fahre nur noch einmal in der Woche mit dem Auto. So rund dreieinhalb Kilometer", berichtet die Rentnerin. "Früher bin ich jeden Tag zu meiner Mutter gefahren – sie lebt in einem Seniorenheim in Fischerhude." Von Grasberg aus käme sie da ohne Auto nur schwer hin. "Autofahren, das ist jetzt nicht mehr so oft drin. Wir telefonieren jeden Tag. Aber besuchen kann ich sie nur noch alle 14 Tage, bei den Benzinpreisen."
Margaret Gag will sich nicht beschweren. "Wir fahren sowieso nicht so viel. Wenn man sich die Bilder vom Krieg ansieht, dann wird man doch bescheiden", sagt die Seniorin.

"Wenn man sich die Bilder vom Krieg ansieht, dann wird man doch bescheiden", sagt Margaret Gag.
Sven Quellhorst tankt voll und holt noch vier Kanister aus dem Kofferraum. "Da passen 22,5 Liter rein. Die sind für meinen Bagger", berichtet der Schmalenbecker. Er geht davon aus, dass die Preise weiter steigen. Er spare jetzt an anderer Stelle. "Wir heizen nur noch den Kamin voll und haben die Heizungen runter geregelt." Er überlege jetzt zweimal, ob eine Autofahrt nötig sei, oder nicht.
Was sagt der ADAC?
"Die Dimension und das Tempo des Preisanstiegs führen zu einer starken finanziellen Belastung der Menschen", unterstreicht auch Nils Linge, Sprecher des Allgemeinen Deutschen Automobil-Clubs (ADAC) in Bremen. Die geplante Entlastung der Verbraucher im Rahmen der Entfernungspauschale reiche angesichts dieser Entwicklung nicht aus.
"Und das von der Koalition geplante Klimageld zur Rückerstattung von Einnahmen aus dem CO?-Preis an jeden Bürger liegt noch nicht einmal konzeptionell vor", kritisiert Linge. Langfristig sei das der richtige Ansatz. Der ADAC fordere von der Bundesregierung, eine kurzfristige Mehrwertsteuersenkung auf Kraftstoffe und Heizöl prüfen zu lassen. Befristet könnte diese unmittelbar wirken und eine breite Entlastung erzielen.
Was sagt die Verbraucherschützerin?
Bei Inse Ewen von der Verbraucherzentrale in Bremen laufen zurzeit die Telefone heiß. "Anfragen zur Mobilität sind in den vergangenen Wochen rasant gestiegen", berichtet die Energie- und Klimaberaterin. Gerade Verbraucherinnen und Verbraucher aus dem Umland würden sie zurate ziehen. "Von dort aus ist es oft komplizierter, ohne Auto in die Stadt zu kommen", weiß die Verbraucherschützerin. "Viele schließen sich inzwischen wieder mit Nachbarn zu Fahrgemeinschaften zusammen." Verbraucherinnen und Verbraucher erkundigen sich verstärkt nach Tank-Apps, berichtet Ewen. "Manche möchten auch, dass wir in die Glaskugel schauen, und fragen, ob die Preise weiter steigen." Ein Trend: Die Nachfrage nach Beratungen zu Elektroautos steige kontinuierlich. "Doch dort sind die Lieferzeiten hoch – bis zu einem Jahr muss man da manchmal warten", räumt die Verbraucherschützerin ein.
Inse Ewen sieht allerdings auch einen positiven Aspekt an den gestiegenen Spritpreisen: "Viele Menschen aus dem Umland, auch aus Lilienthal, nutzen verstärkt das Park-and-Ride-Angebot und steigen auf öffentliche Verkehrsmittel um." So berichten es ihr Kundinnen und Kunden. "Viele überlegen jetzt auch, ob sie mit Fahrrad und Bahn zum Zielort kommen."