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Benzinpreise steigen Wie Tankstellenkunden mit hohen Spritkosten umgehen

Nie zuvor sind Spritpreise so stark gestiegen wie derzeit. Kundinnen, Kunden, der ADAC und eine Verbraucherschützerin über Auswirkungen der Rekordpreise an der Tanksäule.
10.03.2022, 19:15 Uhr
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Wie Tankstellenkunden mit hohen Spritkosten umgehen
Von Petra Scheller

Grasberg. Der Krieg in der Ukraine treibt die Spritpreise in nie gekannte Höhen. In nur einer Woche hat sich Diesel um fast 40 Cent verteuert. Das teilt der ADAC mit. Im bundesweiten Tagesdurchschnitt kostete der Kraftstoff am Dienstag 2,15 Euro pro Liter. Am Donnerstagmittag klettern die Preise für Diesel im Landkreis Osterholz auf 2,36 Euro, Super 95/E10 kostet 2,23 Euro, Super 95 liegt bei 2,29 Euro, für Super 98 Energy müssen Kundinnen und Kunden um 2,37 Euro zahlen. Was sagen Verbraucherinnen und Verbraucher an der Tanksäule? Volltanken oder sparen? Die Wümme-Zeitung hat sich umgehört.

Jacqueline Boenecke, Mitarbeiterin von Hanschens Tanktreff in Huxfeld, hat einen Zettel an die Plexiglas-Scheibe vor ihrem Tresen geheftet. "Liebe Kunden, wir können nichts dafür, dass der Sprit so teuer ist. Vielen Dank für Ihr Verständnis." Die meisten kommen rein und lächeln noch, berichtet Boenecke. "Doch viele sind auch genervt. Zurzeit steigen die Preise jeden Tag im Schnitt um 10 Cent."

Was sagen Autofahrerinnen und Autofahrer?

Einer, für den das "schwierig" ist, wie er sagt, ist Sven Winkelmann. Der Grasberger kommt mit seinem Deutz-Trecker regelmäßig zu Hanschens. 60 Liter tankt er diesmal. "Einmal voll. Wer weiß, wie teuer das morgen wird", sagt er. Für ihn als Landwirt seien die steigenden Energiepreise generell ein Problem. "Ohne Mehrwertsteuersenkung ist das bald nicht mehr zu stemmen", so der Grasberger. Die müsste runter auf sieben Prozent, "möglichst bald."

Bärbel Leckzik ist auf dem Weg zum Einkaufen. "Ich fahre nur noch einmal in der Woche mit dem Auto. So rund dreieinhalb Kilometer", berichtet die Rentnerin. "Früher bin ich jeden Tag zu meiner Mutter gefahren – sie lebt in einem Seniorenheim in Fischerhude." Von Grasberg aus käme sie da ohne Auto nur schwer hin. "Autofahren, das ist jetzt nicht mehr so oft drin. Wir telefonieren jeden Tag. Aber besuchen kann ich sie nur noch alle 14 Tage, bei den Benzinpreisen."

Margaret Gag will sich nicht beschweren. "Wir fahren sowieso nicht so viel. Wenn man sich die Bilder vom Krieg ansieht, dann wird man doch bescheiden", sagt die Seniorin.

Sven Quellhorst tankt voll und holt noch vier Kanister aus dem Kofferraum. "Da passen 22,5 Liter rein. Die sind für meinen Bagger", berichtet der Schmalenbecker. Er geht davon aus, dass die Preise weiter steigen. Er spare jetzt an anderer Stelle. "Wir heizen nur noch den Kamin voll und haben die Heizungen runter geregelt." Er überlege jetzt zweimal, ob eine Autofahrt nötig sei, oder nicht.

Was sagt der ADAC?

"Die Dimension und das Tempo des Preisanstiegs führen zu einer starken finanziellen Belastung der Menschen", unterstreicht auch Nils Linge, Sprecher des Allgemeinen Deutschen Automobil-Clubs (ADAC) in Bremen. Die geplante Entlastung der Verbraucher im Rahmen der Entfernungspauschale reiche angesichts dieser Entwicklung nicht aus.

"Und das von der Koalition geplante Klimageld zur Rückerstattung von Einnahmen aus dem CO?-Preis an jeden Bürger liegt noch nicht einmal konzeptionell vor", kritisiert Linge. Langfristig sei das der richtige Ansatz. Der ADAC fordere von der Bundesregierung, eine kurzfristige Mehrwertsteuersenkung auf Kraftstoffe und Heizöl prüfen zu lassen. Befristet könnte diese unmittelbar wirken und eine breite Entlastung erzielen.

Was sagt die Verbraucherschützerin?

Bei Inse Ewen von der Verbraucherzentrale in Bremen laufen zurzeit die Telefone heiß. "Anfragen zur Mobilität sind in den vergangenen Wochen rasant gestiegen", berichtet die Energie- und Klimaberaterin. Gerade Verbraucherinnen und Verbraucher aus dem Umland würden sie zurate ziehen. "Von dort aus ist es oft komplizierter, ohne Auto in die Stadt zu kommen", weiß die Verbraucherschützerin. "Viele schließen sich inzwischen wieder mit Nachbarn zu Fahrgemeinschaften zusammen." Verbraucherinnen und Verbraucher erkundigen sich verstärkt nach Tank-Apps, berichtet Ewen. "Manche möchten auch, dass wir in die Glaskugel schauen, und fragen, ob die Preise weiter steigen." Ein Trend: Die Nachfrage nach Beratungen zu Elektroautos steige kontinuierlich. "Doch dort sind die Lieferzeiten hoch – bis zu einem Jahr muss man da manchmal warten", räumt die Verbraucherschützerin ein.

Inse Ewen sieht allerdings auch einen positiven Aspekt an den gestiegenen Spritpreisen: "Viele Menschen aus dem Umland, auch aus Lilienthal, nutzen verstärkt das Park-and-Ride-Angebot und steigen auf öffentliche Verkehrsmittel um." So berichten es ihr Kundinnen und Kunden. "Viele überlegen jetzt auch, ob sie mit Fahrrad und Bahn zum Zielort kommen."

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Zur Sache

Wie liegt der Spritpreis im historischen Vergleich?

Auf Jahressicht ist der Anstieg enorm: Im März vergangenen Jahres hatte Diesel noch 1,32 Euro pro Liter gekostet und Super E10 1,44 Euro. Und auch die alten Rekordwerte aus dem August und September 2012 haben die Kraftstoffpreise weit hinter sich gelassen: Damals hatte Super E10 mit 1,71 und Diesel mit 1,54 lange gültige Höchststände erreicht. Seither hat Diesel um gut 38 Prozent zugelegt, E10 um gut 23 Prozent. Das ist deutlich mehr als der allgemeine Anstieg der Verbraucherpreise. Von September 2012 bis Januar 2022 betrug dieser laut Statistischem Bundesamt 14,4 Prozent.

Wie setzt sich der Spritpreis zusammen?

Die Energie- und die  Mineralölsteuer macht bei Superbenzin 65,45 Cent pro Liter aus, bei Diesel sind es 47,07 Cent. Dazu kommt die Mehrwertsteuer – aktuell 33,6 Cent bei Super E10 und 34,3 Cent bei Diesel und die CO?-Abgabe, die, je nach Biospritanteil, mit weiteren etwa sieben Cent pro Liter zu Buche schlägt. Insgesamt gehen derzeit also bei Diesel rund 89 Cent pro Liter an den Staat, bei E10 knapp 106 Cent.

Der restliche Preis – also bei Diesel rund 126 und bei Benzin rund 104 Cent pro Liter – entfallen unter anderem auf den Preis für die Rohstoffe, Kosten für Raffinerie, Transport und Vertrieb sowie die Gewinne der beteiligten Unternehmen. Den aktuell größten Posten dürften dabei die Produktkosten einnehmen.

(dpa)

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