Wer sich im letzten Jahrzehnt auch nur im Entferntesten für den Fußball im Landkreis Osterholz interessiert hat, der wird an einen Namen ganz sicher nicht vorbeigekommen sein: Dennis Heineke! Der Torjäger vom Dienst des FC Hambergen, der auch während eines zweijährigen Intermezzos beim SV Blau-Weiß Bornreihe seine Qualitäten eindrucksvoll unter Beweis gestellt hat, ist ohne Übertreibung einer der bekanntesten und beliebtesten Spieler der Region. Und vor allem einer der treffsichersten! Egal wann, egal wo, wenn sein Körper ihm nicht gerade einen Strich durch die Rechnung machte, hat „Heini“ immer getroffen. Doch obwohl der mittlerweile 33-Jährige in all den titelreichen Jahren unzählige spektakuläre Spiele erlebte, muss er bei der Frage nach seinem Favoriten nicht lange überlegen. „Ich durfte auch dank überragender Mitspieler viele tolle Momente erleben, mein Spiel des Lebens war aber ganz klar im Jahr 2012 gegen den SV Komet Pennigbüttel“, erinnert sich der Goalgetter.
Und nicht nur beim damaligen Hauptdarsteller hat sich dieser Septembersamstag vor fast acht Jahren eingebrannt, wohl jeder, der damals am Hamberger Sportplatz war, kann sich an dieses Derby bestens erinnern: Die Gastgeber fegten am sechsten Spieltag den bis dato verlustpunktfreien Überraschungsspitzenreiter aus Pennigbüttel mit 8:0 vom Platz – Dennis Heineke brillierte mit sechs Toren und einer Vorlage. „Das war ganz einfach mein bestes Spiel und eine echte Sternstunde, an die ich mich noch heute gerne zurückerinnere“, so „Heini“. Zu einem ganz besonderen Spiel wurde die Partie auch wegen der Ausgangslage. Zwar waren erst fünf Spiele absolviert, die von Jens Sander trainierten „Kometen“ marschierten aber ungebremst durch die Liga. Die drittplatzierten Hamberger wussten nach einem katastrophalen Jahr in der Landesliga trotz dreier Siege und zweier Unentschieden dagegen noch nicht so wirklich, wohin die Reise gehen würde. „Wir hatten ja gerade einen brachialen Abstieg hinter uns und man hat sich schon gefragt, wo man wirklich steht. Das Derby gegen Pennigbüttel kam daher zu einem guten Zeitpunkt, wir waren extrem motiviert“, beschreibt der Knipser die damalige Situation.
Trotz des frühen Zeitpunkts hatte das Derby also eine enorme Bedeutung, gerade der formstarke Heineke (sechs Treffer in den ersten fünf Spielen) fieberte dem Nachbarschaftsduell förmlich entgegen. Bemerkbar machte sich diese Tatsache schon unmittelbar nach dem Anpfiff. Während sich die knapp 250 Zuschauer noch auf ein packendes Spitzenspiel freuten, stellte der pfeilschnelle Mittelstürmer die Weichen schon auf Sieg. Gerade einmal zehn Sekunden waren gespielt, da überspielte Spielertrainer Christian Hasloop die Gästedefensive mit einem weiten Ball, Heineke legte den Ball per Kopf über den herauseilenden SV-Schlussmann Philip Böttjer und netzte zur frühen Führung ein. Überraschend war dieser Spielzug dabei nicht. Hasloop-Heineke sollte sich über Jahre zu einer kongenialen Kombination entwickeln – eine Antwort fanden nur die wenigsten Abwehrreihen. „Ich habe ja wirklich mit einigen Granaten zusammengespielt, aber Christian konnte mich dank seiner tollen Bälle nicht nur in dieser Situation schon besonders gut in Szene setzen“, rekapituliert Heineke.
Es dauerte nicht einmal eine weitere Viertelstunde bis Heineke seinen völlig überforderten Bewachern erneut entwischte und auf 2:0 stellte. Zu diesem Zeitpunkt machte sich zwar schon bemerkbar, dass die „Kometen“ in der Defensive von personellen Problemen geplagt waren, ein Schützenfest bahnte sich allerdings noch nicht wirklich an. Die Hamberger „Zebras“ hatten bis zur Pause zwar noch einige Gelegenheiten, in die Kabinen ging es aber mit einem keineswegs außergewöhnlichen 2:0-Zwischenstand. Siegessicher war sich zumindest der spätere Matchwinner zu diesem Zeitpunkt noch nicht: „Es war zwar sehr heiß und die frühe Führung war wichtig, aber der Respekt war auch in der Pause noch groß. Pennigbüttel hatte abgezockte Leute wie Andreas Krohn und war immer für ein Tor gut. Wäre der Anschluss gefallen, hätte die Partie kippen können. Entschieden war das Ding definitiv nicht“, erklärt Heineke. Tatsächlich sollten die ersten Minuten nach dem Seitenwechsel dem glühenden Werder-Fan Recht geben. Es war der Tabellenführer, der dominierte und auf ein Tor drängte. Marco Statz vergab aber gleich zwei Chancen – dann reichte es insbesondere einem Rot-Weißen.
Was in den letzten 35 Minuten folgte, wurde im damaligen Zeitungsbericht völlig korrekt als „Heineke-Show“ beschrieben. Wobei weitere Superlative durchaus angebracht wären. Zunächst verwertete er eine maßgenaue Flanke von Arne Sense zur Vorentscheidung, knapp zehn Zeigerumdrehungen später drückte er einen Abpraller in Torjägermanier über die Linie. „Spätestens da merkst du als Stürmer dann auch, dass an diesem Tag fast alles klappt. Ich hatte einfach richtig Spaß“, strahlt „Heini“. Auch in der Folgezeit konnte einem die Viererkette der Gäste nur leidtun, gegen Heinekes Geschwindigkeit hatten Björn Wendelken und Co. einfach kein Mittel. In der Schlussphase brachen die Lila-Weißen dann völlig auseinander: Beim 5:0 der Hausherren musste sich dafür nicht einmal der Hamberger Publikumsliebling einschalten – Torben Prigges Treffer blieb aber das einzige Tor des Tages, an dem Heineke nicht beteiligt war. Auf sich sitzen lassen wollte dieser das freilich nicht, stattdessen drehte er in den letzten Minuten nochmal mächtig auf. Vor dem 6:0 dribbelte er die halbe Pennigbütteler Verteidigung aus, behielt nach seinem Solo auch noch die Übersicht und ermöglichte Oliver Pleuss mit einem perfekten Anspiel dessen ersten Herrentreffer. „Das war schon so gewollt. Ich hätte den Ball auch selber reinmachen können, wollte das Ding aber Olli überlassen. Der musste die Kugel nur noch aus einem halben Meter reinmachen“, beschreibt „Heini“. Damit war es dann aber auch wieder vorbei mit der Barmherzigkeit des Publikumslieblings, mit dem Lokalrivalen zeigte er bis zum Abpfiff keine Gnade. Vielmehr startete er ein weiteres Solo, ließ erneut einige Gegenspieler stehen und belohnte sich dieses Mal mit einem frechen Lupfer selbst.
Doch auch damit war der Torhunger des Ausnahmekickers noch nicht gestillt – die letzte Minute dieser denkwürdigen Bezirksligapartie verdeutlichte eindrucksvoll, warum Dennis Heineke in all den Jahren nicht gebremst werden konnte. Obwohl das Duell längst gelaufen war und er mit fünf Toren zufrieden hätte sein können, schnappte er sich nach einem unnötigen Handspiel von Wendelken den Ball – und verwandelte den fälligen Strafstoß sicher. „Wer mich kennt, der weiß um meine Gier. Ob im Spiel oder im Training, ich will einfach immer treffen“, lacht der Vollblutstürmer. Durch diese Einstellung wurde der sympathische Angreifer nicht nur zu einer lebenden Hamberger Fußballlegende – er war auch für die folgenden Generationen ein Vorbild. So verließ der Publikumsliebling das Spielfeld damals unter frenetischen „Heini, Heini, Heini“-Sprechchören der jungen Fans. Unter ihnen befand sich mit „Freddy“ Nagel beispielsweise auch der heutige FCH-Kapitän.
Ob der genau durch diese Partie inspiriert wurde, ist nicht überliefert. Weitreichende Folgen hatte das Spiel für viele Spieler und Fans des FC Hambergen aber in jedem Fall. Nicht nur, weil die „Zebras“ am Ende der Spielzeit erneut in die Landesliga aufstiegen. Auch nicht, weil Heineke mit 33 Treffern in nur 18 Spielen – einzig eine hartnäckige Schambeinentzündung verhinderte eine noch beeindruckendere Quote – eine seiner drei Torschützenkanonen in der Bezirksliga einfahren konnte. Vielmehr war es die professionelle Spielvorbereitung des sechsfachen Knipsers, die sich seit jenem Tag zu einem kleinen Mythos entwickelt hat. Im Vorfeld des Spieltages hatte Heineke nämlich nichts dem Zufall überlassen wollen und im Internet nach der richtigen Ernährung für sportliche Höchstleistungen gegoogelt. „Nudeln mit Lachs“ spuckte die Suchmaschine aus, glücklicherweise kam Mama Rita dem Wunsch ihres Sohnes nach und hatte so auch ihren Anteil an dessen Galavorstellung. Zumindest gab „Heini“ dies damals nach dem Spiel im Interview zu Protokoll – mit langfristigen Auswirkungen. „Da habe ich erst realisiert, wie viele Menschen eigentlich die Zeitung lesen. Bei jedem Einkauf wurde erstmal in meinen Wagen geguckt. Und auch jetzt werde ich manchmal darauf angesprochen und man kann sehr gut darüber lachen“, grinst das Hamberger Schlitzohr.
Noch heute werden besonders gute Einzelleistungen beim FCH so gerüchteweise mit einer möglichen Einnahme des kohlehydrathaltigen Geheimrezeptes in Verbindung gebracht. „Heinis“ Spiel des Lebens beeinflusst also in gewisser Weise selbst den aktuellen Spielbetrieb. Aktiv ist Heineke übrigens bis heute – seinen Torriecher hat er längst nicht verloren. Denn obwohl er eigentlich kürzertreten wollte, traf er vor der Corona-Pause als gern gesehene Aushilfskraft bei der ersten und zweiten Herren des FC Hambergen gewohnt regelmäßig ins Schwarze. Acht Jahre nach seinem ganz großen Auftritt sorgt er mittlerweile außerdem bei der Alten Herren für Furore. In elf Spielen erzielte er mal eben 29 Hütten, sogar sein Torrekord von damals fiel im vergangenen Spätherbst: Neun Treffer gelangen Heineke da gegen Platjenwerbe, verlernt hat er auch im vergleichsweise hohen Fußballeralter gar nichts. Es könnten in den nächsten Jahren also durchaus noch weitere Kapitel zur bunten Erfolgsgeschichte des Dennis Heineke dazukommen – sein Spiel des Lebens gegen Pennigbüttel wird aber auch dann noch einen ganz besonderen Platz in den Erinnerungen des Kultkickers haben.
Dennis Heineke (33)
ist seit vielen Jahren die personifizierte Torgefahr und trifft quasi nach Belieben. Das Hamberger Urgestein, das in der Jugend auch kurz für den TSV Wallhöfen die Schuhe schnürte, erlebte bei den „Zebras“ grandiose Zeiten. Er war beim Double-Sieg (Kreismeisterschaft, Kreispokalsieger) im Jahr 2009 ein ebenso wichtiger Faktor, wie bei den beiden Aufstiegen in die Landesliga (2011 und 2013). Dank seiner Geschwindigkeit konnte er anschließend auch in seinen zwei Jahren beim SV Blau-Weiß Bornreihe überzeugen und half 2016 beim Aufstieg in die Oberliga kräftig mit. Trotz des Erfolges folgte der Industriemechaniker seinem Herzen und kehrte zurück zum FC Hambergen. Dort tritt der sympathische Publikumsliebling seitdem weiter als Goalgetter auf – im vergangenen Jahr sicherte er sich so mit 32 Treffern seine insgesamt dritte Torjägerkanone in der Bezirksliga 3. Vor der laufenden Saison wollte er eigentlich in der Alten Herren kürzertreten, um sich vermehrt um Haus und Garten zu kümmern. In sechs Bezirksliga- und zwei Kreisligaeinsätzen traf er aber auch ohne echte Trainingsbeteiligung achtmal. Dass er noch längst nicht zum alten Eisen zählt, beweist überdies seine Torquote in der Ü32: Stolze 29 Treffer in elf Spielen sprechen für sich.
Der bejubelte Aufstieg oder ein tränenreicher Abstieg. Ein unvergessener Sieg, oder die bittere Niederlage in letzter Sekunde. In unserer neuen Serie „Spiel meines Lebens“ erinnern sich Sportlerinnen und Sportler an den größten Moment ihrer Laufbahn – ganz egal, ob positiv oder negativ.
Weitere Informationen
Sonntag, 9. September 2012:
6. Spieltag in der Bezirksliga Lüneburg 3
FC Hambergen – SV Komet Pennigbüttel 8:0 (2:0)
FC Hambergen: Marquardt; Böttjer, Struß, Hasloop, Züge (62. Mahnken), Torben Prigge, Plewa (66. Pleuß), Konoppa, Heineke, Sense, Warnecke (75. Zimmermann)
SV Komet Pennigbüttel: Böttjer; Wendelken, Lühr, Andreas Krohn, Damberg (35. Taube), Blumenthal, Dennis Martens (46. Wellbrock), Tietjen, Reckemeyer, Kleen, Marco
Statz (83. Tim Statz)
Tore: 1:0 Dennis Heineke (1.), 2:0 Dennis Heineke (13.),3:0 Dennis Heineke (56.), 4:0 Dennis Heineke (67.), 5:0 Torben Prigge (79.), 6:0 Oliver Pleuß (81.), 7:0 Dennis Heineke (85.), 8:0 Dennis Heineke (89. Handelfmeter) Schiedsrichter: Felix Bahr (Ahlerstedt)
Zuschauer: 250
Besondere Vorkommnisse: Gelb-Rote Karte gegen Pennigbüttels Tobias Blumenthal wegen wiederholten Foulspiels (62.); Rote Karte gegen Pennigbüttels Björn Wendelken wegen Handspiels auf der Torlinie (89.)
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