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Zahlreiche Nachweise Fischotter an Hamme, Beek und Wörpe

Ob in der Hamme, Beek oder Wörpe: Der Fischotter hat auch die Gewässer in der Region für sich entdeckt. Mittlerweile gibt es Dutzende Nachweise, dass sich das Tier des Jahres 2021 in diesen Gefilden aufhält.
25.01.2021, 05:00 Uhr
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Von Lutz Rode

Es ist schon ein Schnappschuss mit Seltenheitswert, der Rolf Metzing 2019 an der Brücke zwischen Beek und Breitem Wasser im Naturschutzgebiet Hammeniederung gelungen ist. Ein Fischotter zog dort im März seine Bahn durchs Wasser und der Fotograf war zur Stelle – ein echter Glücksfall, denn nur höchst selten bekommt jemand dieses menschenscheue Tier in freier Natur zu Gesicht. Von der Wörpe zwischen Lilienthal und Grasberg und dem St. Jürgensland sind solche Fotos nicht bekannt. Doch es gibt auch so Belege, dass der Fischotter dort unterwegs ist. Die Untere Naturschutzbehörde des Landkreises hat über die Jahre diverse Trittsiegel und Markierungen von dem quirligen Einzelgänger dokumentiert, den die Deutsche Wildtier Stiftung zum Tier des Jahres 2021 gekürt hat.

In Niedersachsen wird der Bestand der Fischotter von den Fachleuten aktuell als stark gefährdet eingestuft, noch vor zehn Jahren führte ihn die Rote Liste des Bundeslandes als vom Aussterben bedroht. Auch wenn der Wassermarder wieder verstärkt in niedersächsischen Gefilden vorkommt, geben Naturschutzverbände und Behörden keine Entwarnung. Für sie ist die Entwicklung eher ein Ansporn, nicht nachzulassen bei den Bemühungen, dem Fischotter den Raum zu geben, den er zum Leben braucht. Und es ist auch eine Bestätigung für die Verantwortlichen und Organisationen, dass sich der Einsatz lohnt.

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Die Ausrichtung hat sich über die Jahrzehnte verändert: Nicht nur die Flüsse selbst und die Wasserqualität stehen bei den Naturschutzmaßnahmen im Fokus, sondern es sind auch die Ufergebiete sowie Fleet- und Graben-Verbindungen, die der Fischotter für seine bis zu 30 Kilometer langen nächtlichen Streifzüge braucht. Gedacht wird in größeren Zusammenhängen, was sich auch an den Vorgaben der Europäischen Union und deren Flora-Fauna-Habitat-Richtlinien zeigt, die auf ein europaweites Netz von Schutzgebieten zielt.

In westliche Gefilde vorgedrungen

Neben dem Naturschutzgebiet Hammeniederung mit dem Giehler Bach und der Beek im Teufelsmoor sind auch Wörpe, Wümme und das St. Jürgensland in Sachen Fischerotter-Vorkommen von besonderem Interesse. Dies habe damit zu tun, dass die Wassermarder nach und nach vom Osten Deutschlands immer weiter in westliche Gefilde vorgedrungen sind, erklärt Johannes Kleine-Büning, Leiter der Unteren Naturschutzbehörde des Landkreises Osterholz. Ein Hauptgebiet der Zuwanderung ist das Weser-Elbe-Aller-Dreieck, die Osterholzer Region stellt quasi den westlichsten Zipfel dieses Gebietes dar.

Bei der Unteren Naturschutzbehörde werden Hinweise auf den Fischerotter systematisch gesammelt. „Es gibt mittlerweile eine ganze Anzahl von Nachweisen im Kreisgebiet. Sie zeigen uns, dass die Maßnahmen für den Fischotter greifen, auch wenn es schon mal Abweichungen gibt und die Tiere dort auftauchen, wo man sie eher nicht vermutet hat“, berichtet Kleine-Büning. An der Wörpe hat es seit 2010 fünf solcher zweifelsfreien Nachweise gegeben, für die Wümme und Hammeniederung sind Dutzende Meldungen festgehalten.

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Die Pfoten-Abdrücke im Boden sind eindeutig zu erkennen, weil der Marder Schwimmhäute zwischen den Zehen hat. Kothaufen zur Markierung seines Reviers hinterlässt er häufig auf Steinen, die aus dem Wasser ragen. Der fischige Geruch ist typisch. Anhand der Spuren geht Kleine-Büning fest davon aus, dass die Otter auch die Wörpe zur Wanderung benutzen, so wie es ihre Hauptspeise, die Fische, eben auch tun. „Er wird dort nicht Hunger leiden“, schätzt der Behördenvertreter – zumal der streng geschützte Räuber auch andere Tiere wie Amphibien oder auch eine junge Ente nicht verschmäht.

Verwechslungsgefahr ist groß

In den meisten Fällen stammen die Hinweise auf den Fischotter von Menschen, die in der Natur unterwegs sind und zufällig dort Spuren entdecken. Die Behörde geht mit den Informationen vorsichtig um, denn die Verwechslungsgefahr ist groß. Laien können einen Bisam oder auch Nutria schnell für einen Fischotter halten. Daher listet der Landkreis nur dann Nachweise auf, wenn sich die Behörde sehr sicher ist, dass es sich wirklich um einen Fischotter handelt.

Jeder Fundmeldung wird nachgegangen: Der ehrenamtlich tätige Naturschutzbeauftragte Frank Bachmann, ein ausgewiesener Fischotter-Experte, geht ihnen nach. Generell ist der Landkreis dankbar, wenn die Menschen in der Region ihre Beobachtungen in Sachen Fischotter weiter geben. „Das hilft uns, das Bild immer weiter zu vervollständigen“, sagt Johannes Kleine-Büning.

Info

Zur Sache

Gemeinde plant Lückenschluss zwischen Wörpe und Alter Wörpe

Wenn der Fischotter erwähnt wird, funktioniert das in Lilienthal nicht, ohne an den Tunnel zu denken, der im Zuge des Straßenbahnbaus in Höhe Kutscher Behrens an der Wörpe speziell für ihn errichtet worden ist. Das Bauwerk ist in der Vergangenheit immer wieder kritisiert worden, zum einen wegen der Kosten von 350.000 Euro, zum anderen, weil in Zweifel gezogen wurde, ob der Ottertunnel wirklich seinen Zweck erfülle. Die Nachweise in den vergangenen Jahren entlang der Wörpe sind für die Untere Naturschutzbehörde allerdings ein Indiz dafür, dass die Querungshilfe funktioniert und vom Fischerotter genutzt wird.

Gebaut worden ist das Ganze, weil man seit Langem weiß, dass Fischotter nicht unter Brücken hindurchschwimmen. Stattdessen wählen sie den Landweg und queren Straßen, was sie häufig mit dem Leben bezahlen. Auch im Landkreis Osterholz sind schon mehrfach Fischotter von Autos überfahren worden. Experten stufen den Straßenverkehr mittlerweile als größte Gefahr für den Fischotter ein.

Der an der Wörpe aufwendig gebaute Tunnel dient dazu, dass die Fischotter unter der Falkenberger Landstraße hindurch sicher von einer Seite zur anderen gelangen können. Der Standort ist auch ausgewählt worden, weil in Richtung Höge die Alte Wörpe verläuft – dort also, wo sich der Flusslauf ursprünglich befand, eher er zur Bewirtschaftung des Klosters umgeleitet wurde. Die Fleete und Gräben, die danach folgen und bis zur Hamme und Wümme führen, sind für die Fischotter eine wichtige Verbindung. Die Grünflächen nahe an der Entlastungsstraße zählen zu den einzig verbliebenen freien Flächen, über die die Tiere das Gebiet auf direktem Weg von Ost nach West durchqueren können. Ansonsten bildet die Bebauung eine Art Block, der für die Tiere nur schwer zu überwinden ist.

Nach wie vor fehlt ein direkter Anschluss der Wörpe zur Alten Wörpe, die erst jenseits des Jan-Reiners-Weges beginnt. Für den Fischotter stellt das laut Naturschutzbehörde kein Problem dar, da das wendige Tier eben nicht nur ein exzellenter Schwimmer ist, sondern auch auf dem Landweg flink vorankommt. Dennoch verfolgt die Gemeinde Lilienthal nach wie vor den Plan, die Lücke zwischen Wörpe und Alter Wörpe zu schließen. Stephen Riemenschneider, Leiter des Baudienste-Fachbereichs im Rathaus, berichtet, dass aus beiden Gewässern zuletzt Proben untersucht wurden, die bekräftigen, dass die Verknüpfung Sinn ergebe, weil die Wasserqualität in der Alten Wörpe durch den Zulauf aus der Wörpe steigen würde. In diesem Jahr will die Gemeinde das Planfeststellungsverfahren für die neue Wasserverbindung starten. Mit einem Abschluss 2021 rechnet das Rathaus aber nicht.

In die Planungen sollen auch Überlegungen einfließen, auf der Grünfläche einen Park&Ride-Platz zu errichten, wofür auch das Regionale Raumordnungsprogramm geändert werden müsste. Ob und wie sich das alles mit dem neuen, naturnah gestalteten Flusslauf und dem Fischerotterschutz vereinbaren lässt, muss im Zuge des Verfahrens geklärt werden. Geht es nach der Naturschutzbehörde, sollte der Freiraum zwischen dem Gelände des Aldi-Marktes, dem Jan-Reiners-Weg, der Entlastungsstraße und Falkenberger Landstraße möglichst unangetastet bleiben, wohlwissend, dass eben auch andere Belange eine Rolle spielen, unter denen es dann abzuwägen gilt.

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