Lilienthal. Es hätten Momente der Freude sein sollen. Doch stattdessen waren da vor allem betretene Gesichter. Über den Einzug ins Playoff-Finale um den Aufstieg in die 1. Bundesliga konnten sich die Floorballer der Lilienthaler Wölfe nicht freuen. Vielmehr blieb nach dem 16:13-Sieg über die TSG Füchse Quedlinburg hängen, was da in der Schlussphase passiert war. Die Aufholjagd der Wölfe, die bis knapp acht Minuten vor dem Ende 9:12 zurücklagen, sah nämlich nur auf dem Papier spektakulär aus. In Wahrheit war sie von den Quedlinburgern gewollt. Die Gäste schenkten das Spiel ganz bewusst her – und gaben das auch ganz offen zu.
"Wir wollten unbedingt Playoffs spielen, wir wollen aber nicht aufsteigen", begann Quedlinburgs Gary Blume die Erklärung dessen, was da gerade passiert war: Warum die bis dato starken Gäste das Verteidigen komplett einstellten, warum ihr Goalie die Arme teilweise hinter dem Körper verschränkte oder wild aus seinem Tor stürmte. Viel Mühe gaben sich die Füchse nicht, ihre Absichten zu verbergen. Nur 50 Minuten habe man ein geiles Spiel mit den Wölfen haben wollen, so Blume weiter. Die Finalspiele gegen Dresden hätten die Füchse den Gastgebern aber nicht klauen wollen. Es klang fast so, als sei der Finaleinzug der Wölfe, die unbedingt aufsteigen wollen, ein Akt des Mitleids der TSG. Die Gäste hätten ihren Aufstiegsverzicht bereits Anfang des Jahres erklären können. Dann hätten sie aber an den Playoffs nicht teilnehmen dürfen. Deshalb entwickelte sich die Farce in der Schlussphase.
Eine Farce, nach der sich Lilienthals Kapitän Frank Brinkmann gezwungen sah, sich bei den Zuschauern zu entschuldigen. Es tue ihm leid, dass es am Ende so gelaufen sei, betonte er. Spielertrainer Lukas Bieger suchte inmitten der seltsamen Stimmung, die sich auf dem Feld und auf der Tribüne breitgemacht hatte, kurz nach Worten, wurde dann aber deutlich: "Ehrlich gesagt, war das das Peinlichste, was mir je passiert ist. Als Sportler willst du so etwas nie haben." Und er ergänzte: "In meinen Augen haben wir das Spiel heute verloren."
Ob die Ursachen dieser letzten zehn Minuten nun allein auf Quedlinburger Seite oder auch auf Ebene des Verbands zu suchen sind, weil womöglich der Playoffmodus mit acht Teams der falsche ist, interessierte Bieger wenig. Für ihn stand die eigene Mannschaft im Fokus. Und die hatte in den 50 echten Floorball-Minuten große Probleme gehabt. "Da waren wir definitiv die schlechtere Mannschaft", machte der Spielertrainer deutlich und legte den Finger in die Wunde. "Wir haben viele Ballverluste in der Mittelzone gehaben und haben dadurch viele Konter zugelassen. Das war ein Grund, warum Quedlinburg viele Tore gemacht hat. Der andere war, dass wir wirklich schlecht in den Zweikämpfen waren."
Kein Jubel bei den letzten Toren
Vor allem Tom Fiedler, Bastian Einecke und Ramon Ibold bekam Lilienthal nie in den Griff. 13 Gegentreffer – zwölf davon in der bewertbaren Phase – sprachen eine deutliche Sprache. Da half es auch nicht, dass die Lilienthaler sich selbst viele Möglichkeiten erspielten. Sicherheit strahlten sie selten aus. Zwei Überzahltore bescherten ihnen das 4:4 nach dem ersten Drittel, dank eines späten Treffers von Marvin Eilers im zweiten und eines frühen Tores von Jan Hoffmann im dritten Durchgang stand das Spiel beim 8:8 auf Messers Schneide (41.). Es folgten vier Gästetore in Serie. Eine Art Vorentscheidung, zumindest in jedem normalen Spiel. Doch das war es nicht. Über ihre letzten Tore jubelten die Wölfe schon gar nicht mehr.
Sie versuchten nach dem Spiel, den Blick nach vorn zu richten. Aufs Finale gegen Dresden, Spiel eins steigt am Sonnabend in Lilienthal. Und in dieser Hinsicht kann die 50-Minuten-Erfahrung gegen Quedlinburg durchaus wichtig sein für die Wölfe. "Das war ein Wachrüttler", ordnete Biegers das Geschehen als Warnung ein und forderte: "Auf individueller Ebene müssen wir alle noch einen Schritt machen. Meine Hoffnung ist, dass die Mannschaft den Frust, der gerade herrscht, in Motivation ummünzt." Darauf, dass Dresden das Finale abschenkt, wollen sich die Lilienthaler nicht verlassen müssen.
Lilienthaler Wölfe: Urumovic, Westphal, Richrath, Hoffmann, Brinkmann, Schmidt, P. Schneider, J. Schneider, Bauer, Bieger, Moes, Röttger, Plenge, Eilers, Wedde, Melde.