Grasberg/Lilienthal/Worpswede. Bund und Länder haben sich geeinigt, der Bundestag hat bereits zugestimmt: Jedes Kind, das in Deutschland ab dem Schuljahr 2026/2027 eingeschult wird, soll in den ersten vier Schuljahren Anspruch auf einen Ganztagsplatz bekommen. Fünf Milliarden Euro sollen dafür investiert werden. Der Bund hat neben den zugesicherten 3,5 Milliarden Investitionskosten, beispielsweise für Baumaßnahmen an Schulen, auch den Zuschuss für Betriebskosten um 340 Millionen auf 1,3 Milliarden erhöht. Da die Grundschulen aber in der Trägerschaft der Kommunen sind, kommt auf die Verwaltungen auch in Grasberg, Lilienthal und Worpswede in den kommenden Jahren noch einiges zu.
Sicher sei, dass die Nachfrage nach Ganztagsbetreuungsplätzen an Grundschulen in den kommenden Jahren steigen werde, sind sich Grasbergs Bürgermeisterin Marion Schorfmann, Worpswedes Bürgermeister Stefan Schwenke und der Lilienthaler Fachbereichsleiter für Bildung und Kultur, Andreas Cordes, einig. Das habe die Erfahrung bei Krippen- und Kitaplätzen gezeigt. Vor allem für die westdeutschen Flächenländer gehe die Arbeit jetzt erst los. Hier fehlen die meisten Betreuungsplätze sowie Erzieherinnen und Erzieher. Damit sich die Betreuungsansprüche auch erfüllen lassen.
Der Ansatz sei gut, kniffelig werde es im Detail. "Ein Anspruch auf eine Ganztagsbetreuung an Grundschulen ist definitiv ein Meilenstein", sagt Grasbergs Bürgermeisterin Marion Schorfmann. "Wir haben mit dem Rechtsanspruch ja auch ab 2025 gerechnet – allerdings nicht mit einem Anspruch von acht Stunden von Montag bis Freitag", räumt die Verwaltungschefin ein. Grasberg sei bisher von der Ergänzung durch eine Hortbetreuung ausgegangen.
Damit hatte auch der zuständige Fachbereichsleiter im Lilienthaler Rathaus, Andreas Cordes, gerechnet. Denn zurzeit decke Lilienthal die Bedarfe der Ganztagsbetreuung unter anderem mit 40 Hortplätzen ab, die täglich bis 16.30 Uhr zur Verfügung stehen.
An den Grundschulen in Falkenberg und Trupermoor gibt es Angebote von dienstags bis donnerstags; in Worphausen von montags bis donnerstags. "Ganztags" bedeute bislang auch nur, "dass die Kinder bis 15.30 Uhr betreut werden." Das Angebot sei derzeit überschaubar: Von 811 Kindern, die in Lilienthal eine Grundschule besuchen, seien zurzeit lediglich 180 Kinder ganztagsbetreut – und das ja auch nicht täglich. "Wir werden also nachbessern müssen", sagt Cordes. Ein komplettes Ganztagsangebot will Lilienthal mit dem Neubau der Schroeterschule entwickeln. 250 Grundschüler könnten dann zukünftig eine längere Betreuung in Anspruch nehmen.
Grasberg hat schon vorgesorgt: „Wir haben vorausschauend einen Anbau mit Aula und Mensabereich an der Grundschule vorgenommen“, berichtet Marion Schorfmann. Bislang verfügt die Gemeinde über eine dreizügige Grundschule. Ein Ganztagsschulangebot gibt es bislang nicht. Für eine qualifizierte Betreuung ab 13 Uhr stehen lediglich zehn Betreuungsplätze bis 15 Uhr zur Verfügung sowie zwei Hortgruppen für je 20 Schülerinnen und Schüler bis 16 Uhr und 17 Uhr. Für das Hortangebot wurde vor einigen Jahren bereits ein Anbau am Grundschulgebäude geschaffen. Für dieses Angebot müssen die Eltern zahlen.
Zusätzliche Betreuung gefragt
Eine Reform sei unumgänglich, meint Schorfmann. „Wir spüren ein deutlich steigendes Interesse an zusätzlicher Betreuung am Nachmittag.“ Die Nachfrage nach Ganztagsschulen sei gestiegen. Doch die Bürgermeisterin sieht der Sache gelassen entgegen. Ab 2026 müsse zunächst eine „ergänzende“ Ganztagsbetreuung für die ersten Klassen - voraussichtlich für 75 Kinder – geschaffen werden. Fraglich sei, ob alle das Angebot auch nutzen wollen.
In Worpswede wurde die Ganztagsbetreuung an beiden Grundschulen bereits vor drei Jahren eingeführt, berichtet Bürgermeister Stefan Schwenke. Somit werde die Gemeinde nur sehr bedingt vom Investitionszuschuss profitieren. "Gerade investieren wir in die Ganztagsschule der Grundschule Hüttenbusch." Diese werde durch Mittel des Landes Niedersachsen gefördert.
Auch in Worpswede ist die Quote der Ganztagsbetreuung bislang eher gering. Von 213 Schülern an der Worpsweder Grundschule nahmen im vergangenen Schuljahr bislang nur 60 Schülerinnen und Schüler an der Ganztagsbetreuung teil.
Die Grundschule Hüttenbusch sei eine teilgebundene Ganztagsschule. An zwei Tagen findet ein verpflichtender Unterricht für alle 60 Schülerinnen und Schüler statt (Zahlen aus dem Schuljahr 2020/2021). An den offenen Tagen nutzten bislang höchstens 25 Kinder das Ganztagsangebot.
Ob die Reform- und damit die in Aussicht gestellte finanzielle Unterstützung den Gemeinden entgegenkommt? Dazu will sich der Lilienthaler Fachbereichsleiter Andreas Cordes noch nicht äußern. „Es kommt darauf an, wie das Land Niedersachsen das weitergibt", sagt er. Ein Zuschuss für Baumaßnahmen klinge erst mal gut. „Doch wir müssen erst mal den Entwurf abwarten. Und das Ganze muss mit Personal unterlegt werden", unterstreicht der Verwaltungsbeamte. Das sei wohl die größte Hürde.
"Wir werden in der Pflicht stehen, den Rechtsanspruch zu erfüllen", sagt Marion Schorfmann. Und das wollen wir solide und kreativ umsetzen – deshalb gilt es, sich rechtzeitig auf den Weg zu machen."