Lilienthal. Der Wahlkampf hat die Grünen am Donnerstag nach Lüninghausen geführt: Die Bundestagskandidaten Lena Gumnior, Michael Labetzke und Kim Fürwentsches als Bürgermeisterkandidat des Lilienthaler Ortsverbandes radelten zum Hof von Felix Hannig. Der 37-Jährige hat vor zwei Jahren angefangen, auf einem drei Hektar großen Ackerstück hinter der alten Hofstelle Bio-Gemüse anzubauen. Das, was dort wächst, verkauft er direkt ab Hof oder beliefert damit Gemüsehändler und Bio-Läden in der Umgebung. Darüber hinaus hat er begonnen, nach dem Prinzip der Solidarischen Landwirtschaft zu arbeiten. Aktuell sind es 20 Privatleute, die ihm Geld zahlen, damit er Saatgut, Pflanzen, Maschinen und den Arbeitseinsatz finanzieren kann, oder die bei Bedarf auch mit anpacken. Im Gegenzug erhalten sie ihren Anteil an der Ernte.
Zwischen Kräutern, Salat, Fenchel und Kürbis ging es um nicht weniger als die Agrarwende, für die die Grünen einstehen. Hannig berichtete von seinem Alltag auf dem Hof und wie er mühevoll und stetig versucht, auf dem sandigen und mageren Boden seinen Traum vom ökologischen Gemüseanbau zu verwirklichen. Aus Sicht der Gäste hat der gelernte Bio-Gärtner einen Weg eingeschlagen, der unterstützt werden sollte – weg von der Massenware, hin zu regional und umweltverträglich erzeugten Produkten, bei denen die Verbraucher genau erfahren, woher ihre Lebensmittel stammen und wie sie angebaut werden.
Mosaikstein für den Umschwung
Für die Grünen-Politiker ist längst klar, dass es mit der Landwirtschaft, so wie sie jetzt läuft, nicht weiter gehen kann. "Wir benötigen einen Systemwechsel", sagt Michael Labetzke, der in Bremen als Direktkandidat für den Wahlkreis 55 antritt, während Lena Gumnior für Bündnis90/Die Grünen im Wahlkreis 34 Osterholz/Verden ins Rennen geht. Die 28-jährige Juristin rechnet sich durchaus Chancen aus, im nächsten Bundestag vertreten zu sein. Bliebe es bei den aktuellen Umfrageergebnissen, wonach die Grünen auf einen Stimmenanteil von 22 Prozent kommen, würde sie mit ihrem Listenplatz 17 den Sprung ins Parlament gerade so schaffen. Doch die Kandidatin, die im Emsland geboren ist und aktuell in Berlin ihre Doktorarbeit schreibt, weiß, dass sich solche Umfragewerte auch schnell wieder ändern können.
Dass nicht alle Landwirte so kleinteilig arbeiten können wie Felix Hannig, ist den Grünen klar. Seine Art der Bewirtschaftung sei aber in jedem Fall ein Mosaikstein und könne auch Vorbild für andere sein, waren sich die Teilnehmer an dem Ackertreffen einig, an dem auch Erika Simon teilnahm, die erneut für den Kreistag kandidiert, nicht aber mehr für den Lilienthaler Gemeinderat. Hannig steht in Kontakt zu konventionell arbeitenden Berufskollegen, die den Vorstellungen der Grünen von der Agrarwende kritisch gegenüber stehen, weil sie befürchten, künftig immer höhere Auflagen erfüllen zu müssen, und sie am Ende auf der Strecke bleiben. "Die Politik darf nicht mit der Brechstange kommen", sagt der Bio-Gemüselandwirt. Lena Gumnior setzt auf den Dialog mit allen Landwirten. "Oft sind dort am Anfang die Fronten verhärtet. Doch meist stellt sich schnell heraus, dass wir gar nicht so weit voneinander entfernt sind. Die Politik hat viele Landwirte in die Immer-größer-Schiene gedrängt", ist sie überzeugt.