Lilienthal. Die Gemeinde Lilienthal kommt beim Thema digitale Sitzungen nicht vom Fleck. Zwar gibt es aufgrund der Corona-Bestimmungen schon jetzt die Möglichkeit, dass die kommunalen Gremien per Videokonferenz tagen, doch Hybridsitzungen oder Live-Streaming-Angebote lassen auf sich warten. Die Ratsgruppen von CDU, SPD und FDP sowie die Gruppe der Grünen und Linken wollen zwar deutlich mehr Tempo in die Angelegenheit bringen, doch die Rathausspitze bittet um Geduld: So lange die auf Landesebene angestrebte Gesetzesänderung zu den Hybridsitzungen nicht durch ist, sieht Jürgen Weinert als stellvertretender Verwaltungschef keinen tieferen Sinn darin, an Konzepten zu feilen oder auf Verdacht Satzungsänderungen vorzubereiten - zumal ihm aktuell das Personal dafür fehlt und auch im Haushalt für 2022 kein Geld bereitsteht, um wirklich loslegen zu können.
Im Ratsausschuss für Haushalt, Soziales, Ordnung, Feuerwehr und Senioren wurde am Dienstagabend ausführlich über das weitere Vorgehen diskutiert. Am Ende kamen die Ratsleute überein, dass über die beiden Anträge, die von den Ratsgruppen unabhängig voneinander gestellt wurden, nicht abgestimmt werden soll. Stattdessen will die Verwaltung eigenständig Vorschläge erarbeiten, sobald die Rechtslage klar ist und sich die Personalsituation im Hauptamt entspannt hat. Dann ist wieder die Politik am Zug. Mit Ergebnissen ist frühestens Ende des zweiten Quartals oder im dritten Quartal zu rechnen. Ziel ist es, so fertig zu werden, dass die Pläne bei den Haushaltsberatungen für 2023 berücksichtigt werden können.
In anderen Kommunen nachsehen
Wäre es nach den Grünen und Linken gegangen, hätten schon in diesem Jahr 25.000 Euro für die Anschaffung der Technik für Hybridsitzungen bereitstehen können. Gemeint sind damit Zusammenkünfte, die in Präsenz stattfinden, zu denen sich die Ratsleute aber wahlweise auch per Internet von außerhalb zuschalten können. Auf den letzten Drücker hatte die Gruppe anlässlich der Haushaltsberatungen im Dezember beantragt, die Summe einzuplanen. Doch die Mehrheitsgruppe "Gemeinsam stark für Lilienthal" setzte durch, dass sich damit erst einmal wie üblich die Fachgremien befassen sollten. Dass dies faktisch eine Verschiebung des Projekts auf 2023 bedeutete, passte Grünen und Linken nicht. Das machte Gruppenvorsitzender Kim Fürwentsches jetzt auch während der Ausschusssitzung im Rathaus deutlich. Ihm dauert das alles viel zu lange und er schlug vor, wenigstens das Streamen von Sitzungen schon jetzt durch eine einfache Satzungsänderung zu erlauben. Zudem regte er an, sich zum Beispiel in Gifhorn oder Braunschweig umzusehen, wie dort hybride Sitzungen geregelt sind. Das könne der Lilienthaler Verwaltung viel Arbeit ersparen.
Auch SPD-Fraktionschefin Evelin Wöstenkühler drückt beim Thema Digitalisierung aufs Tempo. Sie sieht allerdings noch viele Dinge, die unabhängig von der Technik geklärt werden müssen: Es geht um Fragen des Datenschutzes, der IT-Sicherheit, die Rechtssicherheit von Abstimmungen oder die Frage, welche Bilder bei Gremiensitzungen übertragen werden. Nur wenn die Beteiligten zustimmen, dürfen Aufnahmen von ihnen aus Rats- oder Ausschusssitzungen gestreamt werden. Sofern sie das nicht möchten, muss zwangsläufig bei ihren Redebeiträgen ein schwarzer Balken eingeblendet werden. Der Nährwert einer solchen Sitzung, so Wöstenkühler, könne schnell fraglich werden, wenn am Ende nur lauter schwarze Balken zu sehen seien. Gleichwohl plädierte auch die SPD-Ratsfrau dafür, die Hände nicht in den Schoß zu legen und sich die Satzungen anderer Kommunen anzusehen, die schon Erfahrungen in dem Bereich gesammelt haben. Ins Spiel brachte sie auch die Idee, Vorarbeit zu leisten und schon auf Grundlage des Gesetzesentwurfes eigene Regeln für Hybridsitzungen in Lilienthal zu entwerfen.
Ansage von Weinert
Von Jürgen Weinert gab es darauf eine ziemlich deutliche Ansage: Ohne sichere rechtliche Grundlage, ohne Personal und ohne Geld für die Umsetzung will er nicht tätig werden. "Ich möchte das vernünftig machen, wenn ich weiß, wie die Rahmenbedingungen aussehen. Warum soll ich mich heute verbiegen, wenn schon jetzt klar ist, dass vor 2023 nichts passieren wird?", fragte er in die Runde. Dass sich die Gemeinde um das Thema kümmern müsse, sei aber klar.
Bei der erwähnten Rechtsgrundlage geht es um eine Änderung des Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetzes. Seit wenigen Tagen liegt dazu ein überarbeiteter Entwurf vor, den die SPD-Fraktion und die CDU-Fraktion im Landtag erarbeitet haben. Der Niedersächsische Städte- und Gemeindebund begrüßt diesen Vorschlag grundsätzlich, vor allem findet er gut, dass es laut Entwurf den Kommunen überlassen werden soll, ob sie von der Möglichkeit der Hybrid-Sitzungen Gebrauch machen wollen und wie sie die Details regeln.