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Bürgerstiftung Lilienthal Muss Kalis Werkstatt umziehen?

Muss die Lilienthaler Kinderakademie Kalis Werkstatt im kommenden Jahr räumen? Die Bürgerstiftung befürchtet das, weil das Rathaus Ansprüche auf die Räume angemeldet hat.
27.04.2024, 06:29 Uhr
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Muss Kalis Werkstatt umziehen?
Von Lutz Rode

Vor ein paar Tagen war der Kindergarten Sternwarte zu Gast in Kalis Werkstatt: Die beiden Astro-Experten Marco Scharringhausen und Peter Kreuzberg nahmen sich mehr als eine Stunde Zeit für die Jungen und Mädchen. Sie erklärten, was es mit Sternen und Planeten auf sich hat, zeigten den Kindern die Modelle vom Sonnensystem und beantworteten all die Fragen, die ihnen unter den Nägeln brannten. Auch andere Kindergärten und Grundschulen nutzen das ehrenamtlich organisierte Bildungsangebot der Kinderakademie mit dem Schlaufuchs als Markenzeichen. Doch damit könnte es in dem kleinen Haus neben dem Rathaus bald vorbei sein, weil die Verwaltung Ansprüche auf die Räume angemeldet hat. Bei der Bürgerstiftung, die die Kinderakademie betreibt, schrillen die Alarmglocken.

Die Lilienthaler Verwaltung hat schon längere Zeit das Problem, im Rathaus genügend Platz für alle Mitarbeiter zu finden. Die Belegschaft wächst und so wird es zunehmend eng in den Büros. Anbaupläne wurden schon geschmiedet und wieder verworfen, und dann keimte die Idee auf, vorhandene Immobilien zu nutzen. Kalis Werkstatt ist so in den Fokus gerückt, weil das Gebäude der Gemeinde gehört und es sich zugleich direkt neben dem Rathaus befindet. Bürgermeister Kim Fürwentsches hat die Bürgerstiftungsvorsitzende Christa Kolster-Bechmann darüber informiert, dass der auf zehn Jahre angelegte Nutzungsvertrag Mitte nächsten Jahres endet und es so aussieht, dass es dann auch nicht mehr weitergeht.

Bürgerstiftung lehnt Alternative ab

Bei der Bürgerstiftung ist man hochgradig beunruhigt, zumal die aufgezeigten Alternativen aus ihrer Sicht nicht ansatzweise einen adäquaten Ersatz bieten würden. Der Bürgermeister hatte ins Spiel gebracht, die Kinderakademie könne mit Kalis Werkstatt in Murkens Hof umziehen, und zwar in die Galerie im Erdgeschoss, die von Zeit zu Zeit von der Kunststiftung zusammen mit dem Kulturamt genutzt wird. Die Bürgerstiftungsvorsitzende Christa Kolster-Bechmann samt dem übrigen Vorstand und den Dozenten halten den angedachten neuen Standort für ungeeignet. Sie haben ausgerechnet, dass dort deutlich weniger Platz für die Mitmachstationen vorhanden wäre, aber auch, dass die Akustik erhebliche Probleme bereiten würde. Für Kolster-Bechmann ist klar: "Dünne Glas- und Rigipswände, dazu eine nach oben offene Holzdecke. Das funktioniert nicht. Diese Pläne sind unüberlegt."

Die Vorsitzende hat sich vor einigen Tagen mit einem Brief an den Bürgermeister und die Lilienthaler Ratsleute gewandt, um sich für den Erhalt von Kalis Werkstatt am bisherigen Standort stark zu machen. 2014 wollte die Gemeinde das kleine Haus verkaufen, die Bürger legten mit einer Unterschriftenaktion ein Veto ein und verhinderten, dass es dazu kommt. Ein Jahr später übernahm die Bürgerstiftung die frühere Heimatstube, um sie dann für die neuen Bedürfnisse herzurichten und von Grund auf zu sanieren. Rund 150.000 Euro sind damals nach Angaben der Bürgerstiftung in Kalis Werkstatt geflossen, finanziert durch großzügige Spenden und das Engagement örtlicher Handwerker, die für ihr Arbeit kein Geld haben wollten.

2016 konnte der Bildungsort für Kinder, der sich vor allem der Naturwissenschaft, Astronomie und Mathematik verschrieben hat, eröffnet werden. Die Kinderakademie ist überzeugt, dass ihre Arbeit mehr denn je gefragt ist: "Deutschland steckt in einer Bildungsmisere. Die Pisa-Ergebnisse werden immer schlechter, gerade bei der naturwissenschaftlichen Grundbildung tauchen gravierende Mängel auf", sagt die Bürgerstiftungsvorsitzende. Die Kinderakademie will ihren Beitrag dazu leisten, dass es wieder besser wird. Dass überlegt werde, sie vor die Tür zu setzen, zeige, welchen Stellenwert die Bildung im Lande habe, kritisiert Kolster-Bechmann. "Wir sehen die Ansage der Gemeinde als Herabwürdigung unserer ehrenamtlich geleisteten Arbeit an", so Kolster-Bechmann.

Bürgermeister: Attraktive Alternative

Bürgermeister Kim Fürwentsches betont, dass allen bewusst sei, wie wertvoll das Projekt der Bürgerstiftung sei und das "tolle Projekt" weiter unterstützt werden solle. Die Frage sei nur, wo das Angebot künftig stattfinden könne. Der Rathauschef hält die vorgeschlagene Alternativ-Lösung für durchaus attraktiv: Durch die zentrale Lage in Murkens Hof sei es möglich, das Projekt stärker in den Fokus zu rücken, die Kinderakademie könne präsenter werden. Die baulichen Aspekte hält er für lösbar. Fürwentsches betont, dass man mit den Beteiligten weiter im Gespräch sei und auch noch politisch darüber beraten werde. Offen ist, ob die Debatte öffentlich geführt werden soll. "Am Ende ist es eine politische Entscheidung, was getan werden soll."

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Fürwentsches verweist auf die akute Raumnot im Rathaus: Neue Stellen wurden geschaffen, durch stärker in Anspruch genommene Teilzeitbeschäftigung ist der Bedarf an Büroarbeitsplätzen vor allem in den Vormittagsstunden groß. Um die Raumprobleme zu lösen, sind im Rathaus unter anderem schon zwei Besprechungsräume zu Büros umfunktioniert worden. Die frühere Heimatstube zu nutzen, ist aus Sicht der Verwaltung am sinnvollsten: Die zusätzlich benötigten Arbeitsplätze ließen sich mit einem überschaubaren Aufwand schaffen, so der Bürgermeister. Und man könne das Gebäude vergleichsweise einfach mit dem Rathaus verbinden.

"Satelliten" der Verwaltung an anderen Orten zu schaffen, will der Bürgermeister vermeiden. "Wir wollen ein Rathaus für die Gemeinde sein. Das hat auch etwas mit der Arbeitszufriedenheit der Mitarbeiter zu tun. Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels müssen wir alles dafür tun, dass sie sich wohlfühlen", sagt der Rathauschef.

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