Nach dem Überfall auf den Edeka-Markt an der Heidberger Straße legt sich der Schreck bei Inhaber Daniel Breiding nur langsam. "Ich war ja nicht direkt betroffen, aber dennoch natürlich sehr geschockt", berichtet er auf Nachfrage. Wie berichtet, hatte ein Mann am Montag kurz vor Ladenschluss gegen 20.50 Uhr eine Kassiererin mit einer Schusswaffe bedroht und die Herausgabe von Bargeld gefordert. Mit der Beute flüchtete er zu Fuß. Der etwa 18 bis 25 Jahre alte Täter trug während des Überfalls eine blaue OP-Maske.
Am Tag nach dem Überfall habe er noch viel mit der Polizei zu tun gehabt, sagt Breiding, und den Beamten unter anderem die Kameraaufzeichnungen der Tat zur Verfügung gestellt. Die Kassiererin sei am Mittwoch erstmals wieder zur Arbeit erschienen. "Ihr geht es den Umständen entsprechend gut." Seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter habe er schon vor den Geschehnissen am Montag angewiesen, sich bei einem Überfall keineswegs selbst in Gefahr zu bringen. "Niemand soll den Helden spielen, es geht ja schließlich um das eigene Leben", sagt Breiding.
Konsequenzen aus dem Überfall
Aus dem Überfall will er nun Konsequenzen ziehen und Vorkehrungen treffen. So soll ein Notfallknopf an den Kassen eingebaut werden, über den bei Gefahr die Polizei informiert werden kann. Zudem will er die Kassen künftig öfter leeren lassen, damit sie nicht so viel Bargeld enthalten. Zurzeit sitzt in den Abendstunden auch jemand zur Sicherheit am Eingang, um die Tür im Blick zu behalten, denn kurz vor Ladenschluss sei oft nur noch eine Kasse besetzt. Wie lange er diese Maßnahme beibehalten werde, sei aber noch nicht klar, so Breiding.
Die Polizei hat für den Landkreis Osterholz im vergangenen Jahr drei Überfälle auf Geschäfte verzeichnet, 2023 waren es doppelt so viele. In die Statistik fallen nach Angaben einer Behördensprecherin nicht nur Geschäfte und sonstige Kassenräume, sondern auch Tankstellen und Supermärkte. Raubdelikte auf Geldinstitute und Postfilialen sind ihr zufolge darin nicht enthalten. Im vergangenen Jahr habe man alle drei Überfälle aufklären können, 2023 lag die Aufklärungsquote bei 50 Prozent. "Die ermittelten Tatverdächtigen stammten zum Großteil aus der Gegend oder dem Umland", teilt die Sprecherin mit.
Banken schulen Mitarbeiter
Wie sie sich andere Unternehmen vor Überfällen schützen, darüber halten sie sich weitestgehend bedeckt oder möchten sich gar nicht äußern, so etwa die Betreiber der beiden Tankstellen im Ort. Die Sparkasse Osterholz-Rotenburg, möchte ebenfalls keine Details öffentlich machen, erklärt aber auf Nachfrage, dass "der Schutz vor Überfällen in unserer Sparkasse einen hohen Stellenwert" habe. Das betreffe sowohl die Filialen als auch die Geldautomaten, deren Sicherheitsausstattung und Überwachung dieser Bereiche laufend geprüft und verbessert werde. Unter anderem seien alle Barbestände mit Zeitverschlüssen gesichert. "Darüber hinaus schulen wir unsere Mitarbeitenden in den Filialen regelmäßig, wie sie sich im Falle eines Überfalls korrekt verhalten", teilt Marco Thomfohrde mit, der bei der Sparkasse für die Kommunikation zuständig ist. Die Bargeldbestände in den Geldautomaten seien deutlich reduziert worden, und um möglichen Sprengungen vorzubeugen, seien alle SB-Standorte über Nacht in der Zeit von 23 bis 5 Uhr morgens geschlossen.
Auch die Volksbank Osterholz-Bremervörde schult ihre Mitarbeiter nach eigenen Angaben und setzt auf moderne Sicherheitssysteme. Die letzten Überfälle auf das Geldinstitut seien mittlerweile mehr als 20 Jahre her, teilt der Vorstandsstab auf Nachfrage mit. Die Täter hätten sich in der jüngsten Vergangenheit eher auf die Sprengung von Geldautomaten verlegt.
Kommt es dennoch zu einem Überfall, ist es mitunter nicht einfach, die Tat zu verarbeiten. Die Polizei bietet nach eigenen Angaben Unterstützung an, indem sie Infomaterial zu den Hilfsinstitutionen wie Weißer Ring oder Stiftung Opferhilfe ausgibt. "Das Wohlbefinden der Betroffenen ist auch für uns wichtig", erklärt die Sprecherin.
Das bestätigt Cornelius Ledig vom Weißen Ring in Osterholz-Scharmbeck. "Ein nicht unerheblicher Teil unserer Klienten kommt über die Polizei", sagt er. Sein Job und der seiner Kollegen sei es in erster Linie zuzuhören. "Wir sind keine Fachleute, Ärzte oder Richter. Wir brauchen keine Beschreibung des Tathergangs. Jeder kann bei uns ganz subjektiv erzählen, was er erlebt hat." Manchmal helfe den Betroffenen schon ein kurzes Telefongespräch, "ansonsten trifft man sich persönlich", so der Leiter der Osterholzer Außenstelle.
Brauche der Betroffene weiterführende Hilfe, versuchten die Ehrenamtlichen, die richtigen Anlaufstellen und Ansprechpartner zu finden. Bei Überfällen während der Arbeitszeit sei glücklicherweise die Berufsgenossenschaft gefragt, sagt Ledig. Denn diese verfüge über eigene Ärzte, Psychologen und Therapieeinrichtungen, die recht kurzfristig zur Verfügung stünden. "Das ist anders als bei Personen, die auf offener Straße ausgeraubt werden und oft lange auf einen Termin warten müssen."