In der Dr.-Ruckert-Straße in Lilienthal bleibt die Parkplatzsituation ein heißes Eisen. Das probeweise erlaubte aufgesetzte Parken hat dazu geführt, dass Engstellen entstehen, wenn auf der gegenüberliegenden Seite ebenfalls Autos am Straßenrand stehen. Die Gemeinde hat zwar mit verstärkten Kontrollen reagiert, doch in der Praxis tun sich ungeahnte Widersprüche auf. Kann es richtig sein, dass ein Straßenrand-Parker ein Bußgeld aufgebrummt bekommt, wenn beim Abstellen des Fahrzeugs gegenüber noch niemand stand und der Platz fürs aufgesetzte Parken erst nachträglich besetzt worden ist? Auch an anderer Stelle kann der Eindruck entstehen, dass bei allen wohlgemeinten Regelungs- und Lösungsversuchen die Logik etwas abhanden gekommen ist. Im Rathaus ist man dabei, sich Gedanken zu machen, wie es besser laufen kann. Die Kontrollen sind bis auf Weiteres ausgesetzt.
Im jüngsten Kapitel der Parkplatzgeschichte spielen die neun Garagen eine Rolle, die an der Ecke Dr.-Ruckert-Straße/Dr.-Hünerhoff-Straße stehen. Ende Juli verteilte die Gemeinde dort den freundlichen Hinweis, dass die vor den Garagen abgestellten Autos falsch parken, weil sie mit dem Heck oder der Front auf den Gehweg ragen und damit Fußgänger behindern. Auch Klaus Bönkost hatte einen solchen Zettel an der Windschutzscheibe und war ziemlich überrascht. In mehr als 40 Jahren, in denen er dort lebe, habe sich nie jemand beschwert. Andere Garageneigentümer sollen beim Blick in ihre Unterlagen festgestellt haben, dass ihnen der Platz vor der Garage inklusive Fußweg gehört. Die Gemeinde ist indes ziemlich sicher, dass es sich anders verhält und öffentlicher Grund berührt ist. Einige Anwohner sehen einer möglichen rechtlichen Prüfung gelassen entgegen, andere machen sich Sorgen und wollen keinen Streit mit der Obrigkeit eingehen.
Bönkost hat auf das angedrohte Knöllchen reagiert und stellt sein Auto nun am Straßenrand in der Dr.-Hünerhoff-Straße ab, gleich gegenüber von seinem Reihenhaus. Das wiederum kommt bei einigen Nachbarn nicht gut an. Hans-Rainer Schulz sagt, die Kontrollen vor den Garagen würden nur dafür sorgen, dass sich der Parkdruck in seiner Straße verschärfe. Die Garagenbesitzer würden dorthin ausweichen, wo es ohnehin schon jetzt zu wenige Parkplätze gebe. Das Vorgehen der Gemeinde verbucht er als einen Fall von übereifrigem Behördenhandeln.
Manchen, die sich mit der Situation näher befassen, fehlt auch eine klare Linie: Bei den Garagen sei es tabu, dass die Autos den Fußweg berühren, gleich nebenan in der Zone fürs aufgesetzte Parken auf der gleichen Straßenseite sei es aber ausdrücklich erlaubt. Muss am Ende vielleicht festgelegt werden, wie viele Zentimeter in Ordnung sind und ab wann die Grenze überschritten ist?

Die Autos stehen vor den Garagen und ragen auf den Fußweg. Nicht in Ordnung, sagt die Gemeinde Lilienthal.
Zur Erinnerung: Kern des ursprünglichen Problems ist, dass durch rechts und links abgestellte Autos in der Dr.-Ruckert-Straße andere Autofahrer nicht durchkommen und auch die Durchfahrt von Rettungsfahrzeugen blockiert sein könnte. Zwischenzeitlich hat sich auch die Feuerwehr im Rathaus gemeldet und erklärt, dass sie bei Einsätzen teils mehr als die gesetzlich festgelegte freie Mindestfahrbahnbreite von 3,05 Meter benötigt. Muss bei einem Brand in der Wohngegend zum Beispiel die Drehleiter eingesetzt werden, braucht sie wegen der ausfahrbaren Stützen noch mehr Platz rings herum.
Die Gemeindeverwaltung kündigt an, sich noch einmal grundlegend mit den Regelungen in der Dr.-Ruckert-Straße zu beschäftigen. Bis es zu einem Schluss kommt, sollen die Kontrollen ausgesetzt bleiben. Denkbar wäre es laut Rathaus, dass die Zone für das aufgesetzte Parken verkürzt wird oder auch ein Parkverbot für die gegenüberliegende Seite ausgesprochen wird. Michael Beitz, der im Rathaus für Verkehrsangelegenheiten zuständig ist, will zusammen mit anderen Verkehrsfachleuten nach einer besseren Lösung suchen.
Für Anwohner Klaus Bönkost ist klar: Für den zur Verfügung stehenden Platz gibt es in dem Wohngebiet und generell in Deutschland schlicht zu viele Autos. Er hält es aber für ein Unding, dass die öffentliche Hand das Problem lösen soll. "Privates Eigentum, privates Problem" lautet seine Sicht der Dinge. "Ich kann mir doch auch kein Boot kaufen und nicht wissen, wo ich es hinlegen soll", sagt der Lilienthaler, der sich auch für den Club of Lilienthal engagiert.
Man könnte sich übrigens auch fragen, warum die Besitzer ihre Garagen nicht nutzen, wofür sie gebaut worden sind. Bönkost sagt: Als die Garagen 1967 errichtet wurden, seien Autos deutlich kleiner gewesen als heute. Sein neu angeschaffter Ford Kuga passe vielleicht gerade so noch hinein, doch fürs Ein- und Aussteigen reiche der Platz in der Garage nicht mehr aus. Und so komme es, dass moderne Autos wie seines draußen davor stünden.