Landkreis Osterholz. Seit 2012 sind Schottergärten in Niedersachsen nicht mehr erlaubt. Das Verbot ist kürzlich auch gerichtlich bestätigt worden. Demnach dürfen die zuständigen Behörden mit Kies und Steinplatten versiegelte Flächen verbieten und die komplette Beseitigung anordnen. Aber wie gehen der Landkreis Osterholz und Gemeinden wie Lilienthal vor? Schreiten sie ein? Und was sagt die Hauseigentümer-Lobby?
Wer ist für die Überprüfung der Einhaltung zuständig?
Das sind die unteren Bauaufsichtsbehörden vor Ort, also etwa der Landkreis Osterholz. Bekommt die Kreisbehörde Wind von einem Rechtsverstoß – Ritterhude etwa meldete kürzlich dem Landkreis 80 solcher Flächen –, hat sie die Möglichkeit, Maßnahmen anzuordnen, die zur Herstellung und Sicherung rechtmäßiger Zustände erforderlich sind.
Macht der Landkreis Osterholz davon Gebrauch?
Er setzt eher auf Aufklärung und Freiwilligkeit – etwa mit einer Informationsbroschüre mit dem Titel "Bunt statt grau" und dem Hinweis: "Lebendiges Grün als Alternative zu Schottergärten". Wer eine Baugenehmigung erhält, bekommt automatisch das Faltblatt übersandt.
Worauf weist das Faltblatt hin?
Es listet die Nachteile von Schottergärten auf, ohne auf das ausdrückliche Verbot hinzuweisen. Dass bei Verstößen auch behördliche Anordnungen möglich sind, die mit Bußgeldern von bis zu 50.000 Euro belegt sein können, ist dem Faltblatt nicht zu entnehmen.
Heißt das, dass der Landkreis nichts unternimmt?
Anders als die Stadt Diepholz, die wegen einer Anordnung auf Beseitigung zweier Vorgarten-Kiesbeete von den Eigentümern verklagt wurde und in zwei Instanzen Recht bekam, werde Osterholz die Daumenschrauben nicht anziehen, teilt Verwaltungssprecherin Sabine Lübke mit. Baupolizeilich werde die Behörde weiterhin „bei massiven Verstößen gegen die Begrünungspflicht“ einschreiten und eine Beseitigung der Steine anordnen, so die Sprecherin. Bei versiegelten Grundstücken sei dies auch in der Vergangenheit schon mal der Fall gewesen.
Nach welchen Kriterien beurteilt der Landkreis, ob ein Verstoß als massiv gilt?
Darauf gibt die Behörde keine konkrete Antwort. Rechnerisch lasse sich dies nicht festlegen, sondern es komme auf den Einzelfall an, teilt Sprecherin Sabine Lübke mit. Abzuwägen seien bei der Ermessensentscheidung, wie bei jedem Baurechtsverstoß, unter anderem auch sicherheitsrelevante Aspekte, nachbarliche und gemeindliche Interessen.
Setzt die Gemeinde Lilienthal das Verbot bei Eigentümern durch?
Nein, sie kontrolliert nicht und nennt den Landkreis als zuständige Ahndungsbehörde. Bürgermeister Kim Fürwentsches (Bündnis 90/Die Grünen) verweist zudem auf fehlende personelle und finanzielle Ressourcen in seiner Gemeinde. Momentan setzt Lilienthal auf Freiwilligkeit und Eigeninitiative, die Gärten zu beseitigen oder erst gar nicht anzulegen. Laut Fürwentsches will die Gemeinde zudem die Anwohner nicht zu Denunziantentum und Anzeigen motivieren. Das Thema anzugehen sei dennoch sehr wichtig, weil Schottergärten die Artenvielfalt bedrohten, klimaschädlich seien und die Straßen aufheizten. Die Gemeinde wolle deshalb das Gespräch mit dem Landkreis suchen und klären, welchen Weg man gehen wolle. Wie viele Schottergärten es in Lilienthal aktuell gibt, weiß niemand. In seinem Haustür-Wahlkampf vor zwei Jahren seien ihm aber einige aufgefallen, erinnert sich Kim Fürwentsches.
Greifen andere Kommunen härter durch?
Die Stadt Achim sagt Schottergärten den Kampf an. Mitarbeitende der Verwaltung werden ab April die Gärten der Bürger genauer kontrollieren. Eigentümer von sogenannten Schottergärten müssen in der Folge mit Post aus dem Rathaus rechnen. Mit einem Schreiben und einer Infobroschüre mit Tipps zur naturnahen Gartengestaltung weist die Stadt darauf hin, dass ihre Schottergärten in Grünflächen umzuwandeln sind. Betroffene sollen ein halbes Jahr Zeit bekommen, ehe die städtischen Mitarbeiter erneut vorstellig werden. Haben die Grundstückseigentümer in diesem Zeitraum nicht im Sinne der Niedersächsischen Bauordnung gehandelt, meldet die Stadt Achim dies an den Landkreis Verden.
Was schreibt die Niedersächsische Bauordnung überhaupt vor?
Ihr zufolge müssen alle nicht überbauten Flächen Grünflächen sein. Auf den Flächen muss die Vegetation überwiegen, so dass Steinflächen nur in geringem Maße zulässig sind. Es ist dabei unerheblich, ob Schotterflächen mit oder ohne Unterfolie ausgeführt sind: Sie sind keine Grünflächen im Sinne des Bauordnungsrechts, soweit auch hier die Vegetation nicht überwiegt. Plattenbeläge, Pflasterungen und dergleichen sind nach Angaben des Niedersächsischen Ministeriums für Umwelt, Energie und Klimaschutz allenfalls zu den Grünflächen zu zählen, wenn sie eine verhältnismäßig schmale Einfassung von Beeten darstellen. Die Wahl der Art und Beschaffenheit der Grünflächen bleibt dem Hauseigentümer überlassen.
Was sagt der Eigentümerverband Haus und Grund?
Das Verbot von Schottergärten sei ein starker Eingriff in die Eigentumsrechte, die Immobilienbesitzer fühlten sich zudem um ihre oft beträchtlich hohen finanziellen Investitionen gebracht, so Hans Reinold Horst, der Vorsitzende des niedersächsischen Landesverbands, auf den der Haus- und Grundbesitzerverein für den Kreis Osterholz verweist.