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Straßenbahn-Verlängerung Zehn Jahre Linie 4 in Lilienthal: Beteiligte ziehen positives Fazit

Seit zehn Jahren fährt die Straßenbahnlinie 4 durch Lilienthal. Die Gemeinde und die Bremer Straßenbahn AG sind happy und sprechen von einer Erfolgsgeschichte.
14.08.2024, 16:51 Uhr
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Zehn Jahre Linie 4 in Lilienthal: Beteiligte ziehen positives Fazit
Von Lutz Rode

Zehn Jahre nach dem Start der Linie 4 in Lilienthal haben aktuelle und frühere Verantwortliche ein positives Fazit der Straßenbahnverlängerung gezogen. "Die Linie 4 wird gut angenommen. Sie wird von den Bürgern positiv aufgenommen, auch wenn es einzelne Kritik gibt. Ich glaube, dass die Linie 4 eine Erfolgsgeschichte ist. Sie hat Lilienthal aufgewertet", sagte Bürgermeister Kim Fürwentsches am Mittwoch bei einem Pressegespräch im Rathaus. Auch Claudia Wiest, kaufmännische Vorständin der Bremer Straßenbahn AG, kam zu dem Schluss: "Alles richtig gemacht." Wolle man die Menschen für die umweltbewusste Mobilität gewinnen, müsse das Angebot im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) attraktiv sein. Sie ließ keinen Zweifel daran, dass das aus ihrer Sicht bei der Straßenbahnverlängerung der Fall ist. "In 37 Minuten bequem und entspannt am Hauptbahnhof zu sein, kriegen sie mit dem Auto nicht hin", sagte die BSAG-Chefin.

Nach Angaben der BSAG haben die Fahrgastzahlen nach dem Rückgang in der Corona-Zeit wieder das Niveau vor der Pandemie erreicht, auf der Linie 4 würden sie sogar höher liegen: Die Zahl der ein- und aussteigenden Fahrgäste in Lilienthal habe von Januar bis Mai demnach bei täglich durchschnittlich 5200 gelegen – 900 Fahrgäste mehr als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Etwas mehr als zwei Drittel aller Fahrten gehen laut BSAG über die Landesgrenze. Rund ein Drittel der Fahrten würden innerhalb Lilienthals stattfinden. 2015 habe dieser Wert noch bei unter 20 Prozent gelegen. Laut der BSAG hat die Straßenbahn die Bedingungen erfüllt, die beim Beschluss für die Verlängerung der Trasse von Borgfeld bis Lilienthal an den Erfolg geknüpft worden waren: Täglich 4800 Fahrgäste hätten es demnach sein müssen. 2019 sei diese Zahl das erste Mal erreicht worden.

Kein Termin für die Schlussrechnung

Die Kritiker der Linie 4 trauen den Zahlen nicht, sie verweisen auf unterschiedliche Zählmethoden und kommen zu dem Schluss, dass die Prognosen für die Auslastung der Linie 4, die die Investition erst möglich gemacht habe, nie erfüllt worden seien. Im Zusammenhang mit dem zehnjährigen Betrieb der Linie 4 hatte die Initiative Pro Lilienthal in einem mehrseitigen Schreiben an die Redaktion dargelegt, dass sie das ganze Projekt für eine Fehlplanung hält. Zu den Kritikpunkten gehört auch, dass zehn Jahre nach der Inbetriebnahme noch keine Schlussrechnung für den Bau der Linie 4 vorliegt.

Die Geschäftsführerin der kommunalen Wirtschaftsbetriebe Lilienthal (WBL), Tanja Stellmacher, nannte bei der Zwischenbilanz im Rathaus keinen Termin, sie hoffe darauf, dass alle Rechnungen "zeitnah" geprüft werden und dann auch feststehe, wie sich die restlichen Kosten auf die verschiedenen Beteiligten verteilen. Böse Überraschungen erwartet die WBL-Chefin nicht: Fix sei, dass sich die Gesamtinvestition auf 70,7 Millionen Euro netto belaufe. 67,1 Millionen Euro seien abgerechnet, der Rest habe mit dem zweiten Förderantrag zu tun, der sich durch die Mehrkosten infolge der Insolvenz des ursprünglichen Generalunternehmens Walthelm ergeben habe. Die Gemeinde hat vorsorglich im Haushalt 1,4 Millionen Euro zusätzlich eingeplant. Ob und in welcher genauen Höhe der Betrag gebraucht wird, steht fest, wenn die finale Abrechnung vorliegt und klar ist, wie sich die Finanzierung auf Bund, die Länder Bremen und Niedersachsen und die Kommune verteilt.

Der frühere Bürgermeister Willy Hollatz verwies beim Pressetermin darauf, dass der Bau der Straßenbahnlinie 4 nicht allein betrachtet werden dürfe, sondern stets auch im Zusammenhang mit dem Bau der Ortsentlastungsstraße gesehen werden müsse. Beide Projekte hätten Lilienthal viel Geld gekostet, aber beide seien auch ein Gewinn für die Gemeinde, befand der frühere Rathauschef. Hollatz ging auch auf die Walthelm-Insolvenz ein und auf die Kritik, dass der Auftrag an das Bauunternehmen mit dem billigsten Angebot erteilt wurde, und man da schon hätte stutzig werden müssen. Der Auftrag sei nach den damals vorgegebenen Kriterien vergeben worden, es habe überhaupt keinen Anlass gegeben, Zweifel zu haben. Walthelm habe für die Deutsche Bahn gearbeitet, sei dort als geeignetes Unternehmen gelistet gewesen.

Schnelle Entscheidung nach der Insolvenz

Dass die Insolvenz ein derber Schlag war, daran ließ am Mittwoch auch der frühere WBL-Geschäftsführer Manfred Lütjen keinen Zweifel aufkommen. Im August 2012 erhielt er nach eigenem Bekunden die Nachricht, dass die Firma Walthelm insolvent ist. Er habe dann entschieden, den Vertrag zu kündigen, vor allem weil er davon ausgegangen sei, dass es sonst noch Jahre dauern würde, bis das Straßenbahnprojekt vollendet sein würde. Schon zu diesem Zeitpunkt sei die Situation für die Geschäftsleute nicht einfach gewesen, schließlich sei die Hauptstraße als Einbahnstraße hergerichtet worden.


Für Bürgermeister Kim Fürwentsches kann sich Lilienthal mit seinem Gesamtpaket des ÖPNV sehen lassen – neben der Linie 4 gebe es die beiden Buslinien 630 und 670, dazu kämen Park-and-Ride-Platz, Carsharing-Möglichkeiten und Fahrradabstellplätze an den Haltestellen. Laut Bürgermeister bezahlt die Gemeinde pro Jahr etwa eine halbe Million Euro für den ÖPNV, auf 405.000 Euro belaufe sich das Infrastrukturentgelt, dass der Gemeinde für die Linie 4 in Rechnung gestellt werde, dazu kämen die Betriebskostenzuschüsse für die beiden Buslinien. Aufgrund der Fahrgastzahlen der Linie 4 bewegen sich laut WBL-Geschäftsführerin Stellmacher die Betriebskostenzuschüsse für die Straßenbahnlinie 4 auf Gemeindegebiet mittlerweile bei null. Die Erträge würden die Aufwendungen ausgleichen.

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